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Carl Mørck, Sonderdezernat Q Bd.4 - Verachtung

Titel: Carl Mørck, Sonderdezernat Q Bd.4 - Verachtung
Autoren: Jussi Adler-Olsen
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»Du solltest damit rechnen, dass Bak aufkreuzt und mitmischen will.«
    Da hatte Carl seine Zweifel. Hatte Bak nicht deshalb bei der Polizei aufgehört, weil er seine Arbeit hasste, weil er es hasste, ins Präsidium zu kommen?
    »Na, herzlich willkommen«, antwortete Carl. »Nur nicht unten bei mir.«
    Isaksen fuhr sich mit der Hand durch das rabenschwarze Haar. »Nein, natürlich nicht. Bei euch da unten hast du ja auch genug damit zu tun, die da flachzulegen.«
    Er deutete mit dem Kopf zu Rose, die gerade die Treppe hinaufging.
    Carl schüttelte den Kopf. Isaksen konnte ihn mal kreuzweise. Rose flachlegen! Dann doch lieber in Bratislava ins Kloster gehen.
    »Carl«, sagte der Wachhabende im Käfig dreißig Sekunden später. »Diese Psychologin, Mona Ibsen, hat das hier für dich dagelassen.« Durch die geöffnete Tür wedelte er Carl verheißungsvoll mit einem grauen Briefumschlag vor der Nase herum. Als würde ein Stück Paradies darinstecken.
    Carl betrachtete den Umschlag verdutzt. Vielleicht stimmte das mit dem Paradies ja sogar.
    Der Wachhabende setzte sich. »Ich hab gehört, Assad kommt immer schon morgens um vier. Mannomann, der nimmt sich für seine Sachen da unten im Keller ordentlich Zeit. Plant er einen Terrorangriff aufs Präsidium, oder was?« Er lachte, hielt aber sofort inne, als er Carls bleischweren Blick bemerkte.
    »Frag ihn doch selbst«, knurrte Carl und dachte an die Frau, die man am Flughafen verhaftet hatte, nur weil sie das Wort »Bombe« in den Mund genommen hatte. Eine unbedachte Äußerung mit ungeahnten Konsequenzen.
    Aber das hier, das war noch viel schlimmer.

    Schon auf den untersten Treppenstufen in der Rotunde merkte er, dass Rose ihren guten Tag hatte. Der schwere Duft von Nelken und Jasmin schlug ihm entgegen und erinnerte ihn an die alte Frau in Øster Brønderslev, die alle vorbeikommenden Männer in den Arsch kniff. Wenn Rose so duftete, bekam man regelrecht Kopfschmerzen - und ausnahmsweise mal nicht von ihrer schlechten Laune.
    Assad vertrat die Theorie, sie habe das Parfüm geerbt. Andere glaubten zu wissen, dass man solche eklig süßlichen Düfte noch immer in gewissen indischen Läden kaufen konnte. In Läden, die offenbar mehr Interesse an Lauf- als an Stammkundschaft hatten.
    »Hallo Carl, komm doch gleich mal her!«, brummelte sie in ihrem Büro.
    Carl seufzte. Was denn jetzt schon wieder?
    Er stolperte an Assads wüstem Durcheinander vorbei, steckte den Kopf in Roses klinisch reines Büro und erblickte als Erstes die Riesentasche, die sie vorhin geschleppt hatte. Der gewaltige Stapel Akten, der aus der Tasche ragte, war mindestens ebenso beunruhigend wie das Parfüm.
    »Ähhh ... was ist das da?«, fragte Carl vorsichtig und deutete auf die Papiere.
    Der Blick aus den kajalschwarz umrandeten Augen kündete von aufziehendem Ungemach.
    »Ein paar alte Fälle, die im letzten Jahr ringsum auf den Schreibtischen der Polizeipräsidenten eingestaubt sind. Die Fälle, die nicht gleich im ersten Anlauf mit zu uns gekommen sind. Wenn jemand diese Art Schlamperei kennt, dann doch wohl du.«
    Den letzten Kommentar begleitete ein gutturales Knurren, das sich mit gutem Willen als Lachen deuten ließ.
    »Die Akten waren fälschlicherweise drüben im Nationalen Ermittlungszentrum abgegeben worden. Ich hab sie gerade geholt.«
    Carl runzelte die Stirn. Noch mehr Fälle - was, um Himmels willen, gab es da zu lachen?
    »Ja, ja. Ich weiß, was du denkst. Das war die schlechte Nachricht des Tages«, kam sie ihm zuvor. »Aber du hast ja diese Akte hier noch nicht gesehen. Die ist nicht vom NEZ, die lag bereits auf meinem Bürostuhl, als ich kam.«
    Sie reichte ihm eine abgewetzte Aktenmappe. Offenbar wollte sie, dass er sofort darin blätterte, aber da hatte sie die Rechnung ohne ihn gemacht. Arbeit vor der Morgenzigarette, so weit kam es noch! Alles hübsch der Reihe nach.
    Carl schüttelte den Kopf, ging in sein Büro, schmiss die Mappe auf den Schreibtisch und den Mantel über den Stuhl in der Ecke.
    Die Luft im Büro war abgestanden und die Leuchtstoffröhre an der Decke flackerte. Den Mittwoch zu überstehen, das war immer am schlimmsten.
    Dann steckte er sich eine Zigarette an und machte sich auf den Weg zu Assads Besenkammer. Dort schien alles unverändert. Intensiv nach Myrte duftender Wasserdampf und auf dem Fußboden der Gebetsteppich. Der Transistor auf etwas eingestellt, das wie das Paarungsgewimmer von Walen klang, untermalt von einem Gospelchor und abgespielt von einem
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