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Camorrista

Titel: Camorrista
Autoren: Giampaolo Simi
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bleibst hier.«
    Er hebt eine Augenbraue, um zu fragen, ob ich eine Pistole habe. Ich stelle die Wasserflasche zurück in den Rucksack, der zwischen meinen Beinen steht, und schiebe zur Antwort meine Hand auf die Tasche.
    Morano steigt aus und bleibt hinter der Tür in Deckung, dann huscht er rasch zwischen die Rebstockreihen.
     
    »Ja sieh mal einer an, was wir da haben! Ein Nachtsicht-Fernglas mit dem Zeichen der Roten Armee … und was ist das hier? Eine digitale Spiegelreflexkamera mit Teleobjektiv und Filter.«
    »Sie befinden sich auf Privatbesitz, und daher …«
    Bei dem Versuch zu fliehen hat der Typ die Tasche mit der Ausrüstung auf der Straße verloren. Deshalb ist er zurückgekommen. Er ist dicklich und trägt eine altmodische Schildpattbrille. Mit seiner grünen Armeejacke und den Tarnhosen sieht er aus wie ein ruhiger Studienrat, der es sich in den Kopf gesetzt hat, Krieg zu spielen.
    »Und daher?«, fragt Morano.
    »Und daher sind Sie auf eigene Gefahr hier.«
    Mit einem Blick flehe ich den Kollegen an, nicht den Bullen zu spielen, aber ich weiß, das reicht vielleicht nicht. Sicher, der Typ da sollte einen anderen Ton anschlagen, denn ich kenne Morano gut, und Geduld gehört nicht zu seinen (wenigen) Vorzügen.
    »Aber es steht nirgendwo was … Es gibt kein Tor, keine Schranke.«

    »Ja und?«
    »Sind Sie denn der Besitzer?«
    »Was geht Sie das an? Geben Sie mir meine Sachen zurück, aber schnell, sonst rufe ich die Polizei.«
    Ich kann es nicht glauben. Wenn ich er wäre, hätte ich mich schon längst davongemacht. Und mich außerdem entschuldigt.
    »Meinen Sie das ernst?«
    »Geben Sie mir sofort die Kamera und das Fernglas, oder ich zeige Sie an. Ich habe mir das Kennzeichen gemerkt.«
    Ich gehe zu Morano, lege einen Arm um seine Taille und wispere ihm zu, die Sache auf sich beruhen zu lassen. Ich frage mich gerade, ob ich in der Rolle der kleinen Freundin gut bin, da höre ich ein Knacken.
    Morano hat das Nachtsicht-Fernglas der Roten Armee in zwei saubere Teile gebrochen.
    »Verflixt. Tut mir leid, aber wenn ich Hammer und Sichel sehe, werde ich nervös. So bin ich nun mal.«
    »Los, komm, wir gehen«, sage ich nachdrücklich. Morano entwindet sich mir unwillig.
    »Sei du mal schön still und brav.«
    Er wirft die beiden Stücke des Fernglases weg, richtet dann die Kamera auf den Typ. Zweimal Blitzen aus der Nähe, und der stolpert, hält sich das Gesicht zu und droht weiter, uns anzuzeigen, streckt die Hände Richtung Objektiv aus, kommt aber nicht näher, als wäre zwischen ihm und Morano eine unsichtbare Wand. Der Kollege steht mitten in den Erdschollen, macht noch eine Aufnahme, nimmt dann die Speicherkarte raus, steckt sie ein und wirft die Kamera dem rechtmäßigen Besitzer zu. Der Mann stürzt nach vorn, um sie aufzufangen, bevor sie zu Boden fällt, und ich versuche in der Zwischenzeit Morano aus den Erdschollen herauszubekommen.
    »Es reicht«, raune ich ihm zu. Und ich glaube, ich habe ihn überzeugt, weil ich es schaffe, ihn zum Auto zu ziehen.
    »Wenigstens spiele ich nicht den Bullen.«
    »Du spielst das Arschloch.«

    »Der war da und hat gewartet, dass wir vögeln, verstehst du?«
    »Und da hätte er ja lange warten können.«
    »Findest du mich so abstoßend?«
    »Hör auf damit.«
    Wir steigen gerade ins Auto, da fängt der Typ wieder an.
    »Du Mistkerl, jetzt hast du mir die auch noch kaputtgemacht. Ich habe einen Haufen Geld dafür bezahlt. Aber ich habe dein Kennzeichen, sei vorsichtig, ich schicke ein paar Freunde zu dir nach Hause …« (O Gott, nein).
    Morano sagt kein Wort, schlägt nicht mal die Tür zu. Zwei Schritte, und er hat den Typen schon am Arm gepackt. Er dreht ihm den Arm auf den Rücken, bis er in die Knie geht. Die Brille fliegt weg. Während er sie mit der freien Hand sucht, drückt Morano ihn mit dem Gesicht in die trockene Erde.
    »Es reicht«, sage ich zu ihm.
    Er zieht seinen Kopf nur deshalb hoch, damit der Typ nicht erstickt. Dann lässt er seinen Arm los, steigt mit den Knien auf seine Schultern und durchwühlt seine Taschen. Er macht die Brieftasche auf und zieht den Ausweis heraus, leuchtet mit dem Handy darauf, um ihn zu lesen, klappt dann alles wieder zu.
    Der Typ ist auf allen vieren, sabbert und hustet, als hätte er ein Nadelkissen verschluckt. Morano beugt sich über ihn, ohrfeigt ihn mit der Brieftasche.
    »Jetzt weiß ich auch, wie ich dich finde. Dann kann ich dir die Fotos schicken, wenn sie fertig sind.«
    Zum Glück ist dem Typ die
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