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Camel Club 03 - Die Spieler

Titel: Camel Club 03 - Die Spieler
Autoren: David Baldacci
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schaffte er es bis zum Bett, ehe die Lähmung einsetzte. Zuerst erklärte er sie sich durch die Medikamente und empfand die Taubheit sogar als willkommen. Doch als er auf dem Bett lag, befiel ihn mit gelinder Panik der Verdacht, der Lupus könnte mittlerweile zu einer schlimmeren, bösartigeren Form ausgeartet sein. Doch als er plötzlich Atemnot bekam, begriff er, dass ihn etwas anderes ereilt hatte. Eine Herzattacke? Doch wo blieb der Druck auf der Brust, der stechende Schmerz im linken Arm? Ein Schlaganfall? Er konnte noch denken und reden. Er sprach ein paar Sätze, und sie klangen keineswegs genuschelt. Sein Gesicht fühlte sich nicht verzerrt an. Abgesehen von den ständigen Beschwerden hatte er vorher keine Schmerzen gehabt. Das war das Problem; er spürte seine Gliedmaßen nicht mehr. Ross schaute am Arm hinunter auf die linke Hand. Er wollte die Finger aneinanderreiben, doch anscheinend erreichte der Befehl des Gehirns sie nicht.
    Doch er hatte im Verlauf des Tages etwas an den Fingern gehabt. Glitschig wie Vaseline war es gewesen. Er hatte gewischt und gewischt, ohne dass die Haut trocken geworden wäre. Zu Hause hatte er sich die Hände gewaschen, und das endlich schien genützt zu haben. Die Finger waren nicht mehr schlüpfrig gewesen. Ross wusste nicht, ob er den Erfolg Wasser und Seife verdankte oder ob der unbekannte Glibber verdunstet war.
    Dann erkannte er die Wahrheit, als träfe ihn ein 50er Kaliber. Oder der Glibber ist von meinem Körper aufgenommen worden.
    Wo hatte er sich die Finger befeuchtet? Angestrengt dachte er nach. Nicht am Morgen. Nicht im Geschäft, und auch nicht im Restaurant. Danach? Vielleicht, als er sich in den Wagen gesetzt hatte? Am Türgriff! Wäre Ross noch dazu fähig gewesen, hätte das Aha-Erlebnis ihn in die Senkrechte gescheucht. Aber er schaffte es nicht mehr. Er kriegte kaum noch Luft. Aus seinem Mund drang nur noch ein abgehackter Japser. Der Türgriff seines Autos war mit irgendetwas eingeschmiert worden, das ihn nun das Leben kostete. Ross blickte zum Telefon auf dem Nachttisch. Nur ein halber Meter trennte ihn von dem Apparat, doch er nutzte ihm jetzt so wenig, als stünde er in China.
    Im Dunkeln erschien eine Gestalt an seinem Bett. Der Mann trug keine Maske. Trotz des Zwielichts konnte Ross seine Gesichtszüge erkennen. Er sah jung und ganz normal aus. Ross hatte schon Tausende solcher Gesichter gesehen und ihnen kaum Beachtung geschenkt. In seinem Beruf war es nie um Normales gegangen, immer nur um Außergewöhnliches. Nicht zu fassen, dass es jemandem wie diesem Mann gelingen sollte, ihn zu töten.
    Während Ross immer gequälter atmete, zog der Fremde etwas aus der Tasche und hielt es ihm vors Gesicht. Es war ein Foto, doch Ross konnte nicht erkennen, wen es zeigte. Als Harry Finn das merkte, schaltete er eine kleine Stablampe ein und richtete den Lichtstrahl auf das Foto. Ross’ Blick erforschte das Bild. Trotzdem erkannte er die Person nicht, bis Finn ihm den Namen nannte.
    »Jetzt weißt du Bescheid«, sagte Finn leise. »Jetzt weißt du’s.«
    Er steckte das Foto weg, verharrte stumm an Ross’ Bett und betrachtete ihn, während die Lähmung sich im Körper des Sterbenden ausbreitete. Finns Blick ruhte auf Ross, bis dieser einen letzten, verkrampften Atemzug tat, ehe die Augen glasig wurden.
    Wenige Minuten später durchquerte Finn den Wald hinter Ross’ Haus. Früh am nächsten Morgen saß er in einem Flugzeug, diesmal in der Passagierkabine. Vom Flugplatz aus fuhr er heim, küsste seine Frau, spielte mit dem Hund und holte die Kinder von der Schule ab. Am Abend gingen sie gemeinsam zum Essen aus, um zu feiern, dass die Jüngste, die achtjährige Susie, bei einer Theateraufführung an der Schule einen sprechenden Baum spielen durfte.
    Gegen Mitternacht schlich Harry Finn die Treppe hinunter und ging in die Küche, wo George, der treue Labrador-Pudel-Mischling, aus seinem weich gepolsterten Hundekorb sprang und ihn begrüßte. Während er am Küchentisch saß und den Hund streichelte, strich er im Geiste Dan Ross von seiner Liste.
    Nun konzentrierte er sich auf den nächsten Namen: Carter Gray, ehemaliger Chef des amerikanischen Geheimdienstimperiums.

KAPITEL 4

    Annabelle Conroy streckte die langen Beine und betrachtete die Landschaft, die am Fenster des Amtrak-Acela-Waggons vorüberzog. Sie nahm fast nie die Eisenbahn; im Normalfall reiste sie in achttausend Meter Höhe, naschte Erdnüsse, schlürfte gepanschte Sieben-Dollar-Drinks und brütete den
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