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Cafe con Leche

Cafe con Leche

Titel: Cafe con Leche
Autoren: Agathe Hanses
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Anlagen sind so groß wie die
Felder. Fast tausend Meter breit. So etwas Großes habe ich in Deutschland noch
nicht gesehen. Die Agrarflächen werden durch bebautes Gebiet abgelöst. Wir
haben Poitiers und Tours hinter uns gelassen und fahren nun Richtung Paris.
     
     
     

    Im
camion on the road, Richtung Paris
     
    An einer Raststätte halten
wir an. Oscar will etwas essen. Komm mit, winkt er mir zu.
    „Ich
kann nicht essen gehen”, sage ich ihm auf Deutsch und füge noch „no dinero”,
hinzu.
    Er
zückt sein Portemonnaie und drückt mir zehn Euro in die Hand.
    „Muchas
gracias!”, bedanke ich mich und strahle ihn an. Dann wollen wir mal etwas Gutes
für unseren Magen tun! Als ich die Kabinentür öffne, schlägt mir die Hitze
entgegen. Ich verharre in der Sonne und meine Gänsehaut glättet sich. Ah, was
tut die Wärme gut. Plötzlich kommt Juao mit seinem Truck angefahren. Ich bin so
überrascht und erfreut, ihn zu sehen, dass ich wie ein kleines Kind hüpfend und
winkend ihm entgegen renne. Chris steigt aus dem Führerhaus aus. Ihr geht es
gut. Ich drücke sie, gebe ihr ein dickes Bussel auf die Wange. Juao fährt zur
einhundert Meter entfernt gelegenen Tankstelle. Aber ich habe noch etwas für
mich zu klären und laufe hinterher.
    „Sag
mal, Juao. Warum funkt Oscar dich nicht an? Ich habe ihn gefragt, aber er
schüttelt nur mit dem Kopf. Das verstehe ich nicht.”
    „Wir
beide waren mal gute Freunde”, antwortet Juao. „Dann haben wir uns wegen einer
Sache dermaßen gestritten, dass wir seitdem nicht mehr miteinander reden.”
    „Das
ist aber schade”, sage ich. „Da fahrt ihr beide die weite Strecke bis
Deutschland und seid doch alleine unterwegs, weil ihr nicht mehr miteinander
redet. Wirklich schade!” Mehr sage ich nicht dazu, denn hier hört meine
weibliche Neugier höflicherweise auf.
    Juao
und Chris fahren weiter. Vorher drücke ich mein Kind noch einmal und winke
beiden zu, als sie starten. Wirklich schade, dass sich zwei Truckerfahrer aus
ein und derselben Firma so zerstritten haben! Nachdenklich schaue ich ihnen
nach und winke. Dann sind die beiden auch schon wieder von dannen.
    Ich
schlendere zurück zur Raststätte, kann aber nirgends Oscar finden. Der Truck
steht noch da. Also muss Oscar ja hier irgendwo sein. Im Truckerrestaurant
finde ich ihn nicht und gehe rüber zum Bistro. Da ist er auch nicht. Im Bistro
trinke ich eine Tasse Café au Lait und bestelle mir ein mit Salat und Käse
belegtes Baguette. Ich habe sogar noch Geld für eine Schachtel Zigaretten
übrig. Der Tag ist gerettet! Vielen Dank Oscar, sage ich selber zu mir. Als ich
zurück zum Lkw komme, ist Oscar immer noch nicht da. Das Führerhaus ist
verschlossen und ich setze mich neben den Truck im Schatten. Nach zwei
gerauchten Zigaretten kommt auch Oscar daher.
    „Oscar,
wo warst du?”, frage ich ihn. „Ich habe dich gesucht.”
    „Ich
war im Restaurant, bei den anderen”, gibt er mir zu verstehen.
    „Dann
habe ich wohl nicht richtig gesucht”, sage ich. „Nochmals, muchas gracias für
die zehn Euro.”
    Oscar,
der wie ein netter Brummbär aussieht, winkt ab und gibt mir zu verstehen,
einzusteigen. Fünf Minuten später rollen wir wieder über die Autobahn, Richtung
Paris. Vielleicht sehen wir ja den Eifelturm. Oscar, der Portugiese ist wohl
ein Antarktisfan. Jedenfalls sinken die Temperaturen im Führerhaus durch die
Klimaanlage drastisch. Ich will nicht frieren und lege mich unter den
Schlafsack auf die Rückbank. Oskar hat nichts dagegen. Irgendwann wiegt mich
das beruhigende Schaukeln des Lkws wie ein Baby in den Schlaf. Ich muss schon
lange geschlafen haben, denn als ich aufwache, liegt Paris schon hinter uns.
Jetzt weiß ich nicht, ob ich den Eiffelturm gesehen hätte oder nicht.
    Oscar
verlässt die Autobahn und fährt einen Platz für die Nacht an. Ich weiß nicht,
wo wir sind. Wir stehen auf einem riesengroßen Parkplatz, an dem mehrere
Einkaufszentren grenzen. Vielleicht treffen wir ja Juao und Christine. Das
würde mich freuen. Oscar macht sich an seiner Küche zu schaffen. Er bereitet
das Abendessen zu. Heute gibt es deftige, portugiesische Küche. Ich kann ihm
leider nicht zur Hand gehen und stehe etwas hilflos neben ihm. Wenn ich schon
nichts tun kann, werde ich zumindest gleich das Geschirr spülen, denke ich mir.
Das Essen ist fertig und Oscar reicht mir den gefüllten Teller. Was ich da
esse, ist für mich undefinierbar. Die kleinen Fleischstückchen sind schwarz.
Nicht, dass sie verbrannt sind.
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