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Cäsars Druide

Titel: Cäsars Druide
Autoren: Cueni Claude
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einige sogar ihren Vermögensstand auf den Grabstein meißeln ließen. Flötisten und Hornbläser führten den farbenprächtigen Zug an und spielten herzzerreißende Melodien. Kretos hätte seine Freude daran gehabt. Aber ich gab das viele Geld nicht für Kretos aus. Kretos' Nachfolger mußte Größe zeigen. Ich mußte kundtun, daß ich Kretos' würdiger Erbe war. Ich hatte nicht gegeizt. Nicht nur Klageweiber hatte ich angeheuert, sondern auch Schauspieler, die Klagelieder über den Verstorbenen vortrugen und derart erschütternd weinten, daß sie jedem echten Trauernden Konkurrenz gemacht hätten. Ich glaube, daß die Darbietung dieser Schauspieler den meisten viel näher ging als der Verlust dieser massilianischen Ratte. Kretos' Sklaven trugen Tafeln, auf denen Kretos' Lebensweg aufgezeichnet war. Vier seiner illyrischen Leibwächter zogen den blumengeschmückten Wagen mit dem Leichnam des Verblichenen. Dahinter der eigentliche Trauerzug, Frauen mit aufgelöstem Haar, die sich rhythmisch auf die Brust schlugen, Männer in dunklen Tuniken und all die Gaffer und Trittbrettfahrer, die den Verkehr zum Erliegen brachten, weil sie unbedingt dem Leichenzug folgen wollten, denn wenn Reiche starben, gab's irgendwann mal ein festliches Mahl. Ich war nicht dabei. Nachdem ich alle Gäste freundlich begrüßt und dafür gesorgt hatte, daß es niemandem an Speis und Trank fehlen würde, ließ ich Proviant aufladen und zog mit einigen bewaffneten Sklaven zum Hafen hinunter. Dort, wo Kretos' Lagerarbeiter in erbärmlichen Verhältnissen hausten. In der Stunde des Triumphs galt meine Sorge den Vergessenen. Cäsar hatte auch hier in Massilia mit seiner Sklavenschwemme den Markt zerstört. Es war billiger, Sklaven wie Ratten hausen zu lassen und sie nach ein paar Jahren wieder zu ersetzen, als anständige Baracken zu bauen. Aber wenn man selbst Sklave gewesen ist, sieht man einiges anders. Ich ließ den Proviant verteilen und kündigte an, daß wir hinter den Lagerhallen schattige Schlafräume errichteten würden. Nur verstohlen zeigten sie ihre Freude. Kaum einer brachte ein Wort über die Lippen. Obwohl ich vor einem Jahr noch einer von ihnen gewesen war, zitterten sie bereits vor mir wie vor einem Herrn. Ich war eben Kretos' Erbe.
    Trübsinnig ritt ich zur leeren Landebrücke und schaute in die Nacht hinaus. Hier hatte ich Wanda zum letzten Mal gesehen. Melancholisch lauschte ich den Wellen, die gleichmäßig gegen die Hafenmauern schlugen. Ich fühlte mich einsam und von den Göttern verlassen. Was hatte ich getan? Waren sie neidisch, daß nur meine Wünsche in Erfüllung gegangen waren, aber keine ihrer Prophezeiungen sich bewahrheitet hatte? Vielleicht waren sie ungehalten, weil ich mir manchmal einbildete, mir meine Wünsche selbst erfüllt zu haben. Aber war das die ganze Wahrheit? Mein einziger Wunsch war doch der, mit Wanda zusammenzusein. Sahen die Götter denn nicht, wie hilflos ich ohne sie war, daß nur sie mir meinen sehnlichsten Wunsch erfüllen konnten? Wenigstens war ich mir absolut sicher, daß Merkur, der Gott des Handels, auf meiner Seite war. Hatte er mir nicht geholfen, all meine Wünsche zu erfüllen, die ich damals unter der dicken Eiche auf unserem Hof gehabt hatte? Ich war Händler in Massilia! – Und kein bißchen glücklich. Ja, vielleicht hatte ich das Falsche ersehnt. Aber wie hätte ich wissen sollen, daß die Liebe das Stärkste und Mächtigste ist, was ein Mensch erfahren kann? Heute würde ich mir nur noch Wandas Liebe wünschen. Ich war sogar bereit, den Göttern dafür mein Handelshaus in Massilia zu opfern! In Gedanken wiederholte ich mehrmals diese Bereitschaft. Ich weiß, daß sich Merkur gerne auf solche Tauschgeschäfte einläßt. Ich weiß auch, daß es die Götter belustigt, wenn sich ein Herr zum Sklaven seiner Sklavin macht. Aber ich war bereit, mich zum Gespött der Götter zu machen. Sollten die da oben sich ruhig ein bißchen über mein Unglück amüsieren. Wenn sie mir im Gegenzug nur die Möglichkeit gaben, meine geliebte Wanda wieder in die Arme zu schließen!
    Immer wieder suchte ich das Meer nach Lichtern oder Fackeln ab, die das Nahen eines Schiffes ankündigten. Aber nachts fuhren selten Schiffe.
    Meine Sklaven wurden unruhig. Sie hatten Angst. In der Dunkelheit hörten wir Reiter nahen. Es war Milo in Begleitung seiner Leibwächter. Er stieg vom Pferd und gab seinen Männern Befehl, die Gegend im Auge zu behalten. Dann kam er zu mir rüber und lehnte sich an die
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