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Buschfeuer: Australien-Thriller (German Edition)

Buschfeuer: Australien-Thriller (German Edition)

Titel: Buschfeuer: Australien-Thriller (German Edition)
Autoren: Bronwyn Parry
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Heimsuchungen aus der Hölle hatte Dungirri nun wahrlich schon mehr als genug überstehen müssen.
    Im Stillen ratterte Gil jede einzelne Verwünschung herunter, die er kannte, und erfand, als sie ihm ausgingen, gleich noch ein paar dazu.
    Es musste an dieser verdammten Straße liegen. Das letzte Mal, als er sie befahren hatte, waren sämtliche Pläne für ein neues Leben in tausend Stücke zerborsten, und nun, heute Nacht– fast achtzehn Jahre danach und am ersten Tag seines geplanten Neuanfangs– war mit Liams Anruf wieder alles in sich zusammengekracht.
    Zur Hölle mit Vincenzo Russo, was musste der sich auch gestern Nacht in die Brust schießen lassen. Wenn es nach Gil ging, dann hatten Vinces Leibwächter zum denkbar schlechtesten Zeitpunkt versagt. Jetzt, wo Vince auf der Intensivstation lag, würde sein Sohn Tony keine Zeit verlieren und die Familiengeschäfte der Russos an sich reißen– und Tony hatte weder einen Grund noch die Absicht, sich an die Abmachung zu halten, derentwegen Vince Gil all die Jahre in Ruhe gelassen hatte. Gils fester Vorsatz, Sydney längst für immer verlassen zu haben, sobald Tony das Heft in die Hand nahm, war soeben wie ein Kartenhaus in sich zusammengefallen.
    Die Sergeantin war verstummt und stellte keine Fragen mehr. Sie hatte den Kopf zurückgelegt und die Augen geschlossen, und man meinte hinter der Maske der harten Polizistin, die sie bis jetzt zur Schau getragen hatte, eine Spur Verletzlichkeit zu ahnen. Widerspenstige rote Locken rahmten ihr Gesicht, und knapp über dem Hemdkragen ringelten sich etliche nasse Strähnchen auf dem blassen Hals. Der Anblick versetzte ihm einen heftigen, heißen Stoß in den Bauch, weshalb auch immer.
    Er richtete den Blick wieder auf die Straße. Mannomann, scharf auf eine Polizistin zu sein, und das ausgerechnet in Dungirri – das war nun wirklich das Dümmste, was ihm einfallen konnte.
    Himmel, er hatte ihr ja nicht einmal seinen Familiennamen genannt, denn selbst wenn sie noch nie etwas von ihm gehört hatte, der Nachname hätte sie natürlich sofort auf seinen Alten gebracht, und ihre blauen Augen wären zu Eis erstarrt, und sie hätte ihn in eine Schublade mit seinem durchgedrehten Dreckskerl von Vater gesteckt.
    Und wenn die Einheimischen ihr von ihm erzählt hatten oder wenn sie den anderen Teil des Telefonats mitgehört hätte… tja, dann wären ihr sicher Zweifel gekommen, ob es so klug war, zu ihm in den Wagen zu steigen.
    Aber was spielte das schon für eine Rolle? In ein paar Minuten würde er sie an der Polizeistation absetzen und weder sie noch ihre quicklebendigen blauen Augen je wiedersehen. Er würde zu Jeanie gehen, erledigen, was er sich vorgenommen hatte, und aus Dungirri verschwinden. Er würde sich wieder auf den Weg machen und versuchen, Ordnung in das heillose Chaos, in das sein Leben gerade gestürzt war, zu bringen, ehe Tony Russo seine Rachegelüste an Leuten ausließ, die es nicht verdient hatten, wie Liam und Deb.
    Schon tauchten die schwachen Lichter Dungirris auf, und er schaltete einen Gang herunter, als er die ersten vereinzelten Häuser passierte. Völlig unvorbereitet traf ihn die Lawine böser Erinnerungen, die mit unaufhaltsamer Wucht aus den finstersten Winkeln seines Hirns hervorschoss und seine gegenwärtigen Sorgen unter sich begrub, dass ihm ganz schlecht wurde.
    Zum Teufel mit den Erinnerungen. Zum Teufel mit diesem Kaff. Zum Teufel mit dem idiotischen Drang, der ihn hierher zurückgeführt hatte, damit er ein für alle Mal mit seiner Vergangenheit abschloss, bevor er sich Neuem zuwandte. Dungirri hielt nichts für ihn bereit als Bitterkeit und Albträume.
    Er fuhr auf der einsamen und praktisch unbeleuchteten Hauptstraße in den Ort, und plötzlich kam ihm wie eine düstere Vorahnung eine Zeile, die er irgendwann einmal gelesen hatte, in den Sinn und hämmerte unablässig in seinen Gedanken: Das Rad hat den Kreis vollendet; ich bin hier.
    Er war hier, das ja, aber ganz gewiss nicht lang.
    Die alte Polizeistation hatte sich kaum verändert. Ein neues, elektronisches Sicherheitsschloss am Eingang, eine Standleitung nach Birraga, falls einmal kein Polizist vor Ort war, und ein frischer Anstrich, das waren so ziemlich alle Neuerungen, die Gil bemerkte, als er auf die Stufen zuging. Die Sergeantin öffnete die Station, und als er den größeren Computerkarton hineintrug, sah er, dass die Holzstühle aus den Fünfzigerjahren inzwischen orangefarbenen Plastiksitzen aus den Siebzigern gewichen waren. So
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