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Buerokrankheiten

Buerokrankheiten

Titel: Buerokrankheiten
Autoren: Raymund Krauleidis
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Zurückhalten von Wissen, um die eigene Macht im Unternehmen zu stärken bzw. die der Kollegen zu schwächen
    Symptome:
    Für gewöhnlich sind die Erkrankten daran zu erkennen, dass sie fast schon inflationär mit Begriffen wie »Offenheit«, »Vertrauen« oder »Ehrlichkeit« um sich werfen – Verhaltensweisen, die sie insbesondere von ihren Kollegen einfordern. Sie selbst nehmen es mit dem Ausleben der genannten Werte hingegen eher locker. So wird mal eben einem Kollegen nicht mitgeteilt, dass er dringend den Vorstand zurückrufen soll, die Dokumentation der hochkomplexen Spezialsoftware nicht an die anderen weitergeleitet oder dem neuen Mitarbeiter bei der Einarbeitung nur die Hälfte erzählt.
    Kommt die Wahrheit versehentlich ans Licht, haben es die Betroffenen natürlich nicht böse gemeint. Vielmehr wollten sie ihr Umfeld einfach nur vor einer »Informationsüberflutung« schützen. Dass ihre Kollegen dabei ein ums andere Mal ins offene Messer laufen und sich die Erkrankten selbst für die Firma sukzessive unentbehrlich machen, sind somit lediglich unbeabsichtigte Nebeneffekte.
    Verlassen die Betroffenen das Unternehmen eines schönen Tages, schließen sie die hierdurch entstehenden Lücken häufig selbst, indem sie als sogenannte »Freelancer« (neudeutsch für Freiberufler) anheuern. Natürlich für das Fünf- bis Zehnfache ihres bisherigen Gehalts – exklusives Fachwissen ist schließlich teuer!
    Verwandte Krankheiten:
    Informanie, Profineurose
    Behandlungsmöglichkeit:
    Sag ich … nicht.
    [Krankheitsverzeichnis]
    Dönekenie
    (lat. anecdose profanis)
    Beschreibung:
    Zwanghaftes Ablenken vom eigentlichen Thema durch Erzählen vermeintlich unterhaltsamer Anekdoten (Dönekes)
    Symptome:
    Diese weitverbreitete Form des Aufmerksamkeitsdefizitsyndroms tritt hauptsächlich in Besprechungen zutage. Während sich die gesunden Teilnehmer gerade angestrengt über das Thema »Einsparungspotenziale durch personalpolitische Maßnahmen« unterhalten, ergreift der bis zu diesem Zeitpunkt stumm auf seine Chance lauernde Erkrankte beim Stichwort »Entlassungen« urplötzlich das Wort: »Apropos: Mir ist am Wochenende etwas Unglaubliches passiert: Ich war mit meiner Frau im Krankenhaus, weil ihre Tante entlassen wurde. Da sagt doch der Oberarzt, als wir sie abholen wollten …«
    Es folgt ein rund zehnminütiger Monolog über den aktuellen Zustand des Gesundheitswesens, der nicht nur mit dem eigentlichen Inhalt der Besprechung absolut gar nichts zu tun hat, sondern auch den Gesprächsfluss zu selbigem bis zum Ende des Termins unwiderruflich zerstört.
    Im fortgeschrittenen Zustand der Krankheit benötigen die Infizierten nicht einmal mehr ein passendes Stichwort, um unvermittelt eine Geschichte aus ihrem reichhaltigen Döneken-Schatz zum Besten zu geben. Sie leiten dann bevorzugt mit den Worten »And now to something completely different« ein.
    Als Besprechungsteilnehmer sind die Erkrankten bei ihren Kollegen ungefähr so beliebt wie eine Kakerlake am Salatbuffet, weshalb sie im Laufe der Zeit immer seltener zu Meetings eingeladen werden. Dies hält sie allerdings nicht davon ab, trotzdem zu erscheinen – schließlich finden sie ihre Anekdoten viel zu spannend, um sie den Kollegen vorzuenthalten.
    Verwandte Krankheiten:
    Spaßneurose, Trivialie
    Bei bis dato gesunden Besprechungsteilnehmern führt die Dönekenie regelmäßig zum Ausbruch der gefährlichen Drehaugen-Krankheit .
    Behandlungsmöglichkeit:
    Umschulung zum Märchenonkel
    [Krankheitsverzeichnis]
    Dragonie
    (lat. furiose officia, dt. Drachenkrankheit)
    Beschreibung:
    Gezieltes Ausspielen von Macht; neben Maniküre und Pediküre die Lieblingsbeschäftigung ambitionierter Office-Managerinnen
    Symptome:
    Dass alle Macht von den Vorzimmern ausgeht, ist mittlerweile kein allzu großes Geheimnis mehr. Alleine die zugehörigen Damen entscheiden darüber, ob E-Mails weitergeleitet, Dienstreisen genehmigt oder Termine angenommen werden – von einer persönlichen Audienz beim Boss einmal ganz zu schweigen.
    Das Problem an der Sache: Die Erkrankten sind sich ihrer Entscheidungsbefugnis vollkommen bewusst und verhalten sich auch entsprechend. So werden Leiter aus anderen Bereichen mal eben zu lästigen Bittstellern degradiert, Kollegen aus der eigenen Abteilung grundlos angeschnauzt oder wichtige Lieferanten am Telefon kurzerhand weggedrückt.
    Die Konsequenzen ihres straffen Regiments bekommt selbst der eigene Chef zu spüren. Zum Beispiel, wenn er es wieder einmal wagt,
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