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Brunetti 18 - Schöner Schein

Brunetti 18 - Schöner Schein

Titel: Brunetti 18 - Schöner Schein
Autoren: Donna Leon
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glücklich bis ans Ende ihrer Tage.« Sein Tonfall gefiel Brunetti selber nicht.
    »Aber so ist es nicht, Guido. Überhaupt nicht.« »Warum?«
    »Weil die beiden tatsächlich glücklich miteinander sind.« In der Stimme des Conte schwang die gleiche Sehnsucht mit wie vorhin, als er von der Möglichkeit gesprochen hatte, einen Abend lang über Cicero zu diskutieren. »Jedenfalls sagt das Donatella.«
    Nach einer Pause fragte der Conte: »Beunruhigt dich ihr Aussehen?«
    »Das ist noch sehr gelinde ausgedrückt.«
    »Ich habe das nie verstanden«, sagte der Conte. »Sie war ein reizendes Ding. Sie hatte gar keinen Grund, das zu tun, aber die Frauen heutzutage haben andere Vorstellungen von...«, sagte er, ohne den Satz zu beenden.
    »Es war vor einigen Jahren. Die beiden gingen auf Reisen, angeblich in Urlaub, aber sie waren ziemlich lange fort, mehrere Monate. Ich weiß nicht mehr, wer mir das erzählt hat.« Der Conte hielt inne, dann sagte er: »Donatella nicht.« Brunetti war froh, das zu hören. »Auf jeden Fall, als sie zurückkamen, sah sie aus, wie sie jetzt aussieht. Australien - dort sind sie angeblich gewesen. Aber für eine Schönheitsoperation geht man doch nicht nach Australien, Herrgott noch mal.«
    Brunetti fragte, ohne nachzudenken: »Was könnte das für einen Grund haben?« »Guido«, sagte der Conte nach einer Weile, »ich habe es aufgegeben.«
    »Was aufgegeben?«
    »Mir den Kopf darüber zu zerbrechen, warum die Leute gewisse Dinge tun. Wir können es noch so sehr versuchen, aber wir kommen nie dahinter. Der Fahrer meines Vaters pflegte zu sagen: ›Wir haben nur einen Kopf, also können wir alles auch nur auf eine Weise sehen.‹« Der Conte lachte und fuhr dann plötzlich lebhaft fort: »Genug geklatscht. Eigentlich wollte ich nur wissen, ob sie dir gefällt oder nicht.«
    »Sonst nichts?«
    »Komm nicht auf die Idee, ich fürchte, dass du mit ihr durchbrennen könntest«, lachte er.
    »Keine Sorge, Orazio: Eine Frau, die Bücher liest, ist mehr als genug für mich.«
    »Ich weiß, wovon du redest, ich weiß, wovon du redest.« Dann etwas ernster: »Aber du hast meine Frage immer noch nicht beantwortet.«
    »Sie hat mir gefallen. Sehr.«
    »Hattest du den Eindruck, sie ist eine ehrliche Frau?«
    »Absolut«, antwortete Brunetti spontan, ohne darüber nachzudenken. Aber dann dachte er doch nach und sagte: »Ist das nicht seltsam? Ich weiß so gut wie nichts über sie, aber ich vertraue ihr, weil sie gern Cicero liest.«
    Wieder lachte der Conte, diesmal aber leiser. »Für mich klingt das vernünftig.«
    Da der Conte selten so großes Interesse an anderen Menschen bekundete, fragte Brunetti: »Warum bist du so neugierig zu erfahren, ob sie ehrlich ist oder nicht?«
    »Ganz einfach: Wenn sie ihrem Mann vertraut, ist er vielleicht wirklich vertrauenswürdig.«
    »Und du meinst, sie vertraut ihm?« »Ich habe die beiden gestern Abend beobachtet und nichts Unaufrichtiges an ihnen bemerkt. Sie liebt ihn, und er hebt sie.«
    »Aber Liebe und Vertrauen sind nicht dasselbe, stimmt's?«, sagte Brunetti.
    »Ach, wie gut es tut, die kühle Stimme deiner Skepsis zu vernehmen, Guido. Wir leben in so sentimentalen Zeiten, dass mir mein guter Instinkt manchmal abhanden kommt.«
    »Und was sagt dein Instinkt?«
    »Dass einer lächeln kann und immer lächeln und doch ein Schurke sein.«
    »Steht das in der Bibel?« »Bei Shakespeare, glaube ich.«
    Brunetti nahm an, damit sei das Gespräch beendet, aber dann sagte der Conte: »Ich überlege, ob du mir einen Gefallen tun könntest, Guido. Aber diskret.«
    »Ja?« »Ihr seid doch gut informiert, manchmal weit besser als ich selbst, und da wäre es mir lieb, wenn du mal jemand nachprüfen lassen könntest, ob Cataldo ein Mann ist, dem ich...«
    »Vertrauen kann?«, fragte Brunetti herausfordernd.
    »Nein, Guido, das niemals«, sagte Conte Falier mit felsenfester Überzeugung. »Vielleicht sollte ich besser sagen: ob er jemand ist, bei dem ich investieren kann. Er setzt mir ziemlich zu, ich soll mich entscheiden, und ich weiß nicht, ob meine Leute in der Lage sind, etwas...« Der Conte verstummte, als finde er nicht die richtigen Worte für das, was ihm auf dem Herzen lag.
    »Ich werde sehen, was ich tun kann«, sagte Brunetti; mittlerweile wollte auch er mehr über Cataldo wissen, auch wenn er lieber nicht wissen wollte, warum.
    Er und der Conte tauschten noch ein paar Höflichkeiten aus, dann war die Unterhaltung beendet.
    Er sah auf seine Uhr und stellte fest,
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