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Brüder der Drachen

Brüder der Drachen

Titel: Brüder der Drachen
Autoren: Bernhard Weissbecker
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wenn er nun unter Gras und Büschen kaum mehr erkennbar war, hatte Durodan offenbar keinerlei Probleme gehabt, sich zu orientieren. Unbeirrbar war er vorangeschritten, bis sie nach kurzer Zeit einen Markierungsstein erreicht hatten, eine verwitterte Säule, halb im Gestrüpp des Wegesrandes verborgen. Und dort waren sie nach Norden abgebogen, auf die Straße nach Car-Elnath.
    Ihr Weg hatte sie durch ein bewaldetes Hügelland geführt, und im Schutz der Bäume hatte Deryn die Ängste und Befürchtungen vergessen, die ihn zu Beginn seiner Reise durchs Drachenland ständig begleitet hatten. Obwohl er nicht viel sprach, hatte Durodan sich als angenehmer Gefährte erwiesen. Deryn hatte erfahren, dass der Jäger auf dem Weg in ein Dorf war, tief im Wald verborgen, in dem Menschen fast unbehelligt von den Drachen ihr Leben fristen konnten. Als sie nach drei Tagen den nördlichen Rand des Waldes erreicht hatten, war Deryn der Abschied von Durodan schwer gefallen. Dieser war daraufhin wieder zwischen den Bäumen verschwunden, um seinen eigenen geheimen Wegen zu folgen.
    Zwei weitere Tage hatte Deryn seine Reise durch den baumlosen Norden des Drachenlandes fortgesetzt, nun wieder alleine und in ständiger Furcht vor den Drachen. Entgegen der Empfehlung des jungen Jägers war Deryn im Licht des Tages weitergereist, denn die Bedrohung durch die Drachen war ihm bei Nacht noch unerträglicher erschienen. Bei Tage hatte er wenigstens die Möglichkeit, die Drachen schon von weit her zu sichten. Immer wieder war sein Blick zum Himmel gewandert, und er hatte seinen Weg durch offenes Land so gewählt, dass er nie allzu weit von möglichen Verstecken entfernt war.
    Seit er sich von Durodan getrennt hatte, war er keinem Menschen mehr begegnet, und er war froh darüber, denn das Siegel von König Gweregon war in dieser Gegend keine Garantie mehr für eine freundliche Begrüßung und noch weniger für tatkräftige Unterstützung.
    Die Sonne stand immer noch ein gutes Stück über dem Horizont, als Deryn zum ersten Mal die Überreste von Car-Elnath erblickte. Er hatte die letzten Ausläufer des Hügellandes überwunden, und vor ihm fiel das Gelände in sanften Wellen nach Norden und Westen zum Meer hin ab. Schon glaubte Deryn, einen Hauch milderer Luft in seinem Gesicht zu spüren. Obwohl er noch zu weit entfernt war, um Einzelheiten zu erkennen, ließ er sein Reittier anhalten und betrachtete nachdenklich das ferne Trümmerfeld. Oft hatte Deryn die Drachenritter über diese Stadt reden hören. Der Gedanke an die Menschen, die dort lebten, ohne sich um die Gesetze des Reiches zu kümmern, hatte ihn immer mit Abscheu erfüllt. Instinktiv glitt seine Hand an den Griff seines Schwertes. Sogar Quildon hatte ihn vor den Geistermenschen gewarnt, die in der zerstörten Stadt lebten, aber auch gelegentlich das Hügelland auf der Suche nach Fleisch und Brennholz durchstreiften.
    Er blickte sich noch einmal zu den Hügeln um, über denen sich graue Wolken sammelten, so als wolle der Winter dem einsamen Reisenden eine letzte Drohung hinterhersenden. Still lächelte Deryn über diesen Gedanken, denn er wusste, dass das Wetter für ihn die geringste Gefahr darstellte. Die Stadt der Geister, die irgendwo dort vor ihm lag – dies war die Aufgabe, der er sich nun stellen musste. Und noch weit gefährlicher waren die Drachen, eine allgegenwärtige Bedrohung, unsichtbar zumeist, und wenn man sie schließlich erblickte, dann mochte es bereits zu spät sein. Zu schnell war ihr Flug, und scharf waren ihre Augen.
    Der Anblick des weiten Trümmerfeldes ließ erneut Zweifel in Deryn aufkommen. War seine Entscheidung richtig gewesen? Wenn Loridan doch den Weg nach Car-Carioth eingeschlagen hätte, dann wären die ganzen Mühen vergebens gewesen. Doch es gab nur einen Weg, dies herauszufinden – Deryn trieb seine Echse weiter auf die zerfallene Stadt zu.
    Die Sonne stand tief im Westen, als er die Mauern von Car-Elnath erreichte. Der Anblick der Ruinen ließ ihn schaudern, und er zog den zerschlissenen braunen Reisemantel, den Quildon ihm geliehen hatte, enger um sich. Nichts an seiner Kleidung verriet nun seine Herkunft, und er erschien wie ein normaler Reisender – wobei Deryn sich des Umstandes nur zu bewusst war, dass es in dieser Gegend keine normalen Reisenden gab.
    Schon das Stadttor bot ein erstes Bild der Zerstörung, die über Car-Elnath gekommen war. Einer der Torflügel war aus dem geborstenen Mauerwerk herausgerissen worden, der zweite hing schief in
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