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Brüder der Drachen

Brüder der Drachen

Titel: Brüder der Drachen
Autoren: Bernhard Weissbecker
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ich folge, ist Loridan von der Gilde der Drachentöter«, begann Deryn. »Ich denke, dass er vor einigen Tagen hier gewesen ist, und ich mache mir Sorgen, denn er ist ein Freund von mir.«
    Der Wirt antworte mit einem unartikulierten Laut und richtete sich auf, wobei er die Arme vor seiner Brust verschränkte.
    »Wollt Ihr etwas essen?«, fragte er.
    »Gerne«, erwiderte Deryn. »Ich hatte seit Tagen keine warme Mahlzeit mehr.«
    Der Wirt wandte sich wortlos ab, und Deryn nahm einen tiefen Zug aus seinem Bierkrug, dabei sah er verstohlen zu den anderen Männern hinüber, die ihrerseits mit finsteren Mienen zu ihm blickten. Er wusste, dass er immer noch vorsichtig sein musste, ließ sich seine Besorgnis jedoch nicht anmerken und prostete den Fremden lächelnd zu. Wenig später kehrte Quildon zurück und brachte frisch gebackenes Brot und einen Eintopf, der eine gute Portion Fleisch enthielt – einfache Kost, aber gut und nahrhaft. Deryn ließ es sich schmecken und beschloss, fürs Erste nicht tiefer in den Wirt zu dringen. Er war hungrig, denn den Tag hindurch hatte die Anspannung der Reise ihn davon abgehalten, ausgiebig zu speisen. Als er seine Mahlzeit beendet hatte, setzte sich Quildon zu ihm und brachte einen neuen Krug voller Bier mit sich. Anscheinend war der Wirt jünger, als Deryn zuerst vermutet hatte, denn sein blasses Gesicht war noch nicht vom Alter gezeichnet, doch nun erschienen zusätzliche Falten auf seiner Stirn, die von seiner Sorge zeugten.
    »Loridan war sehr merkwürdig«, sagte er. »Er war ungerüstet, und das Schwert, das er trug, war nicht die Waffe eines Drachentöters.«
    »Hat er gesagt, wohin er gehen wollte? Diese Straße führt nach Car-Carioth, aber ist dies wirklich sein Ziel?« Für einen Moment erschien Elaines Gesicht vor seinen Augen. Wenn er tatsächlich die gefahrvolle Suche nach Loridan fortsetzen sollte, dann würde ihn wenigstens der Gedanke vorantreiben, Elaine wiederzusehen.
    »Car-Carioth«, brummte der Wirt. »Die Straße führt wohl dorthin, doch es gibt noch eine Abzweigung, nicht weit von hier. Wenn Ihr Euch dort nach Norden wendet, gelangt Ihr nach Car-Elnath.«
    Car-Elnath! Der Name löste eine Flut von Gefühlen in Deryn aus. Es gab viele Geschichten über diese Stadt, auch wenn die meisten Menschen sie heute unter einem anderen Namen kannten: die Stadt der Geister.
    »Car-Elnath?«, fragte er. »Was sollte Loridan dort wollen?«
    »Was sollte er in Car-Carioth?«, fragte Quildon mit einem Schulterzucken.
    »Aber ohne Rüstung und Drachenschwert. Das ist Wahnsinn.«
    Der Wirt musterte Deryn mit einem Lächeln, das fast belustigt wirkte.
    »Seht diese Männer an«, sagte er schließlich und wies mit seinem Kinn zum Nebentisch. »Haben sie Rüstungen und Schwerter? Nein. Und trotzdem leben sie dort draußen in diesem Land, in das Euer König sie getrieben hat. Loridan kennt das Land, und er kennt die Drachen. Er ist nicht wahnsinnig – doch Ihr wäret wahnsinnig, wenn Ihr ihm folgen würdet.«
    Deryn erkannte die Wahrheit in den Worten des Wirtes, auch wenn er sich gleichzeitig nicht damit abfinden wollte, dass man ihm weniger zutraute als den schäbig gekleideten Männern, die nahebei saßen.
    »Meint Ihr wirklich, dass er in die Stadt der Geister gegangen ist?«
    »Car-Carioth ist eine Stadt voller Menschen, auch wenn sie sich unter der Erde verstecken. Wenn er unter Menschen hätte sein wollen, wäre er dann nicht in der Stadt des Königs geblieben? Aber er war in einer seltsamen Stimmung. Ich denke, er hat die Einsamkeit gesucht oder die Drachen – oder …«
    Quildon verstummte, und Deryn sah ihm forschend ins Gesicht.
    »Oder den Tod, wolltet Ihr sagen, ist es nicht so?«
    »Ja, das wollte ich. Und wenn Ihr nicht auch den Tod sucht, dann werdet Ihr morgen nach Hause reiten.«
    »Ich sagte doch, dass Loridan mein Freund ist. Ich werde nicht einfach gehen, wenn er in Gefahr ist.«
    »Gut«, erwiderte der Wirt, als hätte er keine andere Antwort erwartet. »Nur Euren Mantel solltet Ihr hierlassen. Ich kann Euch einen anderen leihen.«
    Dann wandte er sich den Männern am Nebentisch zu.
    »Heh, Durodan«, sagte er. »Kannst du nicht einen Gefährten brauchen, wenn du morgen aufbrichst? Unser Freund hier muss in die Stadt der Geister.«
    *
    Loridan stand regungslos in der Mitte eines weiten Ruinenfeldes. Hier und da hoben sich Mauerreste aus den Trümmern hervor, letzte Reste eines Gebäudes, das einst groß und prachtvoll gewesen sein musste. Die Sonne stand tief
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