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Bruder Cadfael und ein Leichnam zuviel

Bruder Cadfael und ein Leichnam zuviel

Titel: Bruder Cadfael und ein Leichnam zuviel
Autoren: Ellis Peters
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Erwachsene alt.
    »Würdest du ihn unter mehreren Leuten wiedererkennen?«
    »Natürlich!« antwortete der Junge beinahe vorwurfsvoll.
    »Dann nimm dein Messer und komm mit mir«, sagte Cadfael entschlossen. »Oh, du brauchst dir keine Sorgen zu machen, niemand wird dir deinen Schatz wegnehmen. Und solltest du ihn später abgeben müssen, dann wird man dich gut dafür bezahlen. Du brauchst nur zu erzählen, was du mir schon gesagt hast. Es wird dein Schaden nicht sein.«
    Als er mit dem Jungen den Saal betrat, sah er, daß sie fast zu spät kamen. Die Musik hatte aufgehört. Hugh Beringar war aufgestanden und ging auf die Plattform zu, auf der der Tisch des Königs stand. Alle Gäste konnten ihn hören, als er die Stufen emporgestiegen war und mit heller, klarer Stimme zu sprechen begann: »Euer Gnaden, bevor Ihr nach Worcester weiterzieht, bitte ich Euch, in einer bestimmten Angelegenheit Recht zu sprechen. Ich fordere Gerechtigkeit von einem Mann, der hier unter uns weilt und der Euer Vertrauen mißbraucht hat.
    Er hat einen Toten beraubt, und damit seinen Adelsrang entehrt, und er hat das abscheuliche Verbrechen eines Mordes begangen. Ich klage ihn hiermit an und bin bereit, mit meinem Leben dafür einzustehen. Hier ist das Zeichen meiner Herausforderung!«
    Trotz seiner Zweifel hatte er sich auf Cadfaels Intuition so sehr verlassen, daß er bereit war, sein Leben dafür aufs Spiel zu setzen. Er beugte sich vor und ließ einen kleinen, glänzenden Gegenstand über den Tisch rollen. Mit einem leisen Klingen stieß er an den Becher des Königs und blieb liegen. Plötzlich herrschte ein lastendes Schweigen. Alle Augen am Tisch des Königs verfolgten den Weg der gelb glitzernden Kugel und richteten sich dann auf den jungen Mann, der die Anklage vorgebracht hatte. Der König hob den Topas auf und betrachtete ihn von allen Seiten. Sein zunächst verständnisloses Gesicht wurde nachdenklich und aufmerksam.
    Auch er sah Hugh Beringar mit einem langen Blick an. Bruder Cadfael bahnte sich einen Weg zwischen den unteren Tischen hindurch. Er zog den verwirrten Jungen hinter sich her und behielt Adam Courcelle im Auge, der hoch aufgerichtet und aufmerksam an seinem Platz saß. Sein Gesicht war beherrscht, er sah nicht erstaunter oder neugieriger als die anderen Gäste aus; nur die Hand, die sich um seinen Becher krampfte, verriet seine Bestürzung. Oder war das nur eine Einbildung, die eine vorgefaßte Meinung stützen sollte? Ärgerlich und wütend bemerkte Cadfael, daß er sich seines Urteils nicht mehr so sicher war.
    »Ihr habt einen unpassenden Zeitpunkt für Eure Anklage gewählt«, sagte der König schließlich und sah finster zwischen Beringar und dem Stein in seiner Hand hin und her.
    »Es war keineswegs meine Absicht, einen Mißklang in dieses Fest zu bringen, Euer Gnaden. Aber ich hielt es für meine Pflicht, eine Sache vorzubringen, die keinen Aufschub duldet.«
    »Ihr werdet einiges erklären müssen. Was ist dies für ein Ding?«
    »Das ist das Ende eines Dolchgriffes. Der Dolch, zu dem dieser Stein gehört, ist jetzt das rechtmäßige Eigentum von Lady Aline Siward, die Euer Gnaden den Treueeid geschworen hat. Sein früherer Besitzer war ihr Bruder Giles, der unter jenen war, die die Leute dieser Burg für Eure Feinde gehalten und mit dem Leben dafür bezahlt haben. Ich sage nun, daß man diese Waffe seiner Leiche abgenommen hat, eine Tat, die eines einfachen Soldaten würdig ist, nicht aber eines Adeligen und Ritters. Das ist das erste Verbrechen. Das zweite ist Mord – der Mord, von dem Euer Gnaden schon von Bruder Cadfael, einem Mönch des Benediktinerklosters hier in Shrewsbury, erfahren hat, nachdem die Leichen der Hingerichteten gezählt worden waren.
    Ihr selber und die Männer, die Eure Befehle ausführten, seid, wie Ihr Euch erinnert, als Schutzschild von einem Verbrecher mißbraucht worden, der hinterrücks einen Mann erwürgte.«
    »Ich erinnere mich«, antwortete der König grimmig. Er war hin-und hergerissen zwischen einer wachsenden Neugier auf diese Angelegenheit und dem Mißvergnügen, eine Klage hören und ein Urteil fällen zu müssen, wo er, in seiner natürlichen Trägheit, sich doch ausschließlich den Freuden eines Festes hatte hingeben wollen. »Was aber hat dieser Stein mit jenem Mord zu tun?«
    »Euer Gnaden, Bruder Cadfael ist ebenfalls anwesend und wird bezeugen, daß er den Tatort des Mordes herausgefunden hat und dort auf diesen Stein gestoßen ist, der in einem Handgemenge
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