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Brown, Dale - Schattenpilot

Brown, Dale - Schattenpilot

Titel: Brown, Dale - Schattenpilot
Autoren: Dale Brown
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dann nach Plan fliegen - das war Jahrzehnte lang das Motto dieses Mannes gewesen. Jetzt folgte er Vögeln und hielt nach Walen Ausschau.
    Fast eine Stunde später, als der Morgenhimmel im Osten sich rosa verfärbte, stellte der Mann den Diesel ab, brachte einen Treibanker aus, damit der Bug in den Wind gedreht blieb, goss sich einen Kaffee ein, steckte einen Schokoriegel in seine Hemdtasche und machte sein Angelzeug fertig. Um diese Zeit zogen Lachse und Heilbutte, und vielleicht hatte er mit einem Lebendköder an einem leicht beschwerten Haken Glück. Er warf den Köder ungefähr dreißig Meter aus, steckte die Angelrute in die Halterung, verriegelte die Rolle, suchte an Deck sitzend die Kimm ab...
    ... und sagte laut: »Was zum Teufel mache ich eigentlich hier? Ich gehöre nicht hierher. Ich hasse das Angeln. Ich habe noch nie einen verdammten Fisch gefangen und wüsste gar nicht, was ich damit täte. Ich mag Boote, aber ich bin jetzt schon eine Stunde unterwegs und langweile mich. Ich bin nass, mir ist kalt, ich fühle mich elend und hätte gute Lust, mir den Scheißanker um den Hals zu binden und festzustellen, wie lange ich unter Wasser die Luft anhalten kann. Ich fühle mich beschissen. Ich fühle mich wie...«
    Und dann klingelte sein Mobiltelefon.
    Anfangs verblüffte ihn der plötzliche, unerwartete Ton. Dann ärgerte er sich über die Störung. Danach wurde er neugierig und fragte sich, wer seine Nummer wissen konnte. Auf dem Zettel im Laden hatte er seine Telefonnummer zu Hause, nicht die seines Mobiltelefons angegeben. Und er befand sich hier außer Reichweite des Mobilfunksenders in Newport, sodass er theoretisch gar nicht angerufen werden konnte. Verwirrt und noch immer etwas verärgert holte er das Telefon aus seiner Gürteltasche, klappte es auf und knurrte hinein: »Wer zum Teufel will mich sprechen?«
    »Guten Morgen, General. Wie geht's Ihnen, Sir?«
    Er erkannte die Stimme natürlich sofort und hatte das Gefühl, plötzlich sei die Sonne aufgegangen und stehe an einem wolkenlos blauen Himmel, obwohl es hier draußen weiter grau und kalt und feucht war. Der Mann öffnete den Mund, um eine Frage zu stellen, und beantwortete sie dann gleich selbst; eine dumme Frage, weil er ja wusste, dass sie seine Telefonnummer mühelos herausbekommen konnten. Deshalb hielt er lieber den Mund.
    »Wie geht's Ihnen, Sir?«, wiederholte die Stimme.
    Immer freundlich, immer entwaffnend, immer unbefangen, dachte der Mann. Dies war offenbar ein dienstlicher Anruf, aber bei diesem Kerl hatte das Dienstliche immer Zeit bis später. Und er war immer so verdammt höflich. Hatte man fast zehn Jahre mit jemandem zusammengearbeitet, konnte man trotz des Unterschieds in Bezug auf Alter und Dienstgrad erwarten, dass der andere einen statt mit »Sir« mit dem Vornamen anredete. Aber nicht dieser Typ - zumindest meistens nicht. »Gut... gut«, antwortete Brad. »Mir geht's... bestens.«
    »Schon was gefangen dort draußen?«
    Er weiß, dass ich hier angele? Das war merkwürdig. Natürlich war das kein Staatsgeheimnis oder dergleichen, aber er hatte keinem Menschen gesagt, dass er zum Fischen hinausfahren wollte, oder jemandem seine Telefonnummer gegeben oder gar erzählt, dass er in einem kleinen Mobilheim in Nowhere, Oregon, lebte. »Nein«, antwortete Brad.
    »Schade«, sagte die Telefonstimme, »aber ich hab' eine Idee. Möchten Sie wieder ein bisschen fliegen?«
    Die Sonne, die vorhin in seinem Herzen aufgegangen war, setzte jetzt seine Seele in Brand, sodass er förmlich aufsprang. Seine hohen Gummistiefel kamen ihm plötzlich bleischwer vor. »Worum geht's denn?«, fragte Brad aufgeregt. »Was treiben Sie in letzter Zeit?«
    »Sehen Sie nach Süden, dann erfahren Sie's.«
    Brad kam dieser Aufforderung nach - und sah nichts. Er hatte Sekunden lang das schreckliche Gefühl, einem dummen Jux, einem komplizierten und brutalen Scherz aufgesessen zu sein...
    ... aber dann fühlte er etwas: eine Veränderung in der Atmosphäre, als fließe Elektrizität durch die Luft und ionisiere die feuchte Meeresbrise. Sie fühlte sich wie das Spannungsfeld einer großen Hochspannungsleitung an, von dem sich einem die Nackenhaare sträubten. Danach spürte er, wie der Luftdruck zunahm, eine dünne Luftsäule, es war, als träfe ihn ein Luftstrom, der aus einer riesigen Injektionsnadel herausgepresst wurde...
    ... und dann rissen die tief hängenden Wolken auf und gaben den Blick auf ein gigantisches schwarzes Flugzeug frei. Die Maschine war
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