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Brown, Dale - Phantomjäger

Titel: Brown, Dale - Phantomjäger
Autoren: Dale Brown
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Seine Männer waren seit Monaten im rauen Klima Nordafghanistans unterwegs; sie litten unter Kälte, Überanstrengung und Hunger; ihr Munitionsvorrat, ihre Kampfmoral und ihr Mut waren fast erschöpft, und sie wurden durch ständige Angriffe von US- oder UN-Flugzeugen zermürbt.
    Vielleicht war ihr eindeutiger Erfolg darauf zurückzuführen, dass Verhungernde wilder kämpften – siegten sie nicht, waren sie tot.
    Entsprechend ihren Informationen hatten sie erwartet, dass diese Abteilung, die erst seit dem Vortag von Andchwoy nach Westen unterwegs war, um irgendwo entlang der Grenze eine Relaisstation für Fernmeldedienste zu errichten, mit stärkerem Begleitschutz marschieren würde. Obwohl Zarazis Kompanie bei weitem nicht über ihre volle Mannschaftsstärke verfügte, war sie hastig für diesen Hinterhalt in Stellung gegangen, um die Chance zu nutzen, bessere Fahrzeuge und Waffen für ihren Guerillakrieg gegen die Nordallianz zu erbeuten. Die geringe Größe der Abteilung enttäuschte Zarazi – er hatte auf mehr Waffen und mehr Gefangene gehofft. Diese Kolonne würde ihm vielleicht nur fünfzig Gefangene mit ihren Waffen und Verpflegung für ein paar Wochen einbringen, aber selbst das war besser als gar nichts.
    Zarazi war auch misstrauisch – eine Eigenschaft, die dazu beigetragen hatte, dass er mit seinen achtunddreißig Jahren – davon zweiundzwanzig als Freiheitskämpfer der Taliban – noch lebte. Der Hauptmann stammte aus dem Gebiet um Scheberghan im Nordwesten Afghanistans. Sein Stamm, der ursprünglich zu den Mudschaheddin gehört hatte, die gegen die russischen Invasoren kämpften, hatte sich geweigert, der hauptsächlich aus Usbeken, Tadschiken und Pakistani bestehenden so genannten Nordallianz beizutreten. Stattdessen hatte er sich mit großen Mengen erbeuteter russischer Waffen und Fahrzeuge in sein historisches Stammesgebiet im Nordwesten zurückgezogen. Zarazi wurde einer der Provinzkommandeure der Hisbollah, der »Armee Allahs«, einer radikalen, fundamentalistischen Sekte der Taliban, und führte einen unablässigen Kleinkrieg gegen die Truppen der Nordallianz.
    Diese größere und offenbar wichtige Abteilung, die dreißig Kilometer westlich von Andchwoy zum Rand des wüstenartigen Bedentlik-Gebiets an der afghanisch-turkmenischen Grenze marschierte, gab ihnen die Chance, einen schweren Schlag gegen die Nordallianz und ihre westlichen Drahtzieher zu führen. Trotzdem war es merkwürdig, dass die Kolonne nicht von Panzern oder Kampfhubschraubern gesichert wurde. Der nächste Hubschrauberstützpunkt war zwanzig Flugminuten entfernt; bis zum nächsten größeren Militärlager benötigte ein Hubschrauber über eine Stunde. Und da eine Wetterverschlechterung bevorstand, würde es noch länger dauern, bis angeforderte Unterstützung eintreffen konnte.
    Auch waren ihre Informationen bemerkenswert detailliert und aktuell gewesen – vielleicht zu detailliert und aktuell. Obwohl die von den Amerikanern unterstützten Truppen der Nordallianz die Talibanmilizen faktisch aus diesem Gebiet vertrieben hatten, erschien es Zarazi merkwürdig, dass die Vereinten Nationen es wagen sollten, eine so wichtige Abteilung ohne starken Begleitschutz durch ein Gebiet so weit abseits ihrer Stützpunkte marschieren zu lassen. Die Taliban verfügten weiter über große und im Allgemeinen gut ausgerüstete und kampfstarke Guerilla-Einheiten, vor allem an den Grenzen zu Usbekistan und Tadschikistan, wo sie mehr Rückhalt in der Bevölkerung fanden und sich in günstigerem Gelände bewegten. Da die afghanisch-turkmenische Grenze über tausend Kilometer hinweg durch ein Wüstengebiet verlief, hatten die UN-Truppen offenbar nicht damit gerechnet, sie könnten in dieser Einöde überfallen werden.
    Die Erfolgsgewissheit der Ungläubigen würde ihr Verderben sein.
    Die vor der Kolonne zur Erkundung vorausgeschickten Fahrzeuge waren russische BTR-40 und größere BTR-60, schnelle, wendige und sehr gut bewaffnete Radspähpanzer. Als der erste BTM explodierte, kehrten sie um und lösten dabei ihre Formation auf. Zarazis Männer begannen Nebelkerzen zu werfen – bei dem ständig wehenden böigen Wind waren Dutzende dieser Dinger erforderlich, um einen Rauchvorhang zu erzeugen, aber binnen weniger Sekunden betrug die Sichtweite nur noch wenige Meter. Die Luken der Panzerspähwagen standen bereits offen, weil ihre Besatzungen Ausschau nach Zielen hielten.
    Genau darauf hatte Zarazi gewartet. Seine Männer stürmten im Schutz des
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