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Bretonische Verhältnisse

Bretonische Verhältnisse

Titel: Bretonische Verhältnisse
Autoren: Jean-Luc Bannalec
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Geringsten. Das war es – aber ich habe es zunächst auch nicht bemerkt. Erst heute Morgen.«
    »Ich …« Catherine Pennec brach ab.
    »Natürlich sollte ich vor allem denken, Sie seien in Trauer.«
    Dupin hatte gar nicht reden wollen, aber er spürte eine Art Genugtuung.
    »Sie haben Ihre Rolle sehr gut gespielt, Madame, Sie haben präzise gezeigt, was wann von Ihnen an Empfindungen zu erwarten war –, aber irgendwann wurde die Rolle einfach zu kompliziert. Sie hatten vieles nicht in der Hand. Hätte Beauvois nicht versucht, das Bild zu stehlen, hätten Sie diesen Fehler gar nicht begehen können.«
    Catherine Pennec schwieg. Sie saß wie versteinert.
    »Ich habe es nicht sicher gewusst. Auch mein Verdacht dann –, dass Sie das Bild haben. Ich brauchte das Bild, um es zu beweisen. Und ich musste Sie überführen, mit dem Bild. Beim Abholen. Ich dachte, Sie kommen es holen. Das Versteck war ebenso bloß eine Vermutung. Madame de Denis hatte die Grundstücke als Erbschaften erwähnt. Sie mussten das Bild irgendwo zwischenlagern – das würden Sie nicht hier im Haus tun. Von dem Schuppen hat niemand mehr etwas gewusst. Nur die Familie.«
    Catherine Pennec schien gar nicht richtig zuzuhören. Es war ihm egal.
    »Ja. Es waren viele Zufälle im Spiel. Wenn Sie gewusst hätten, dass es gar nicht zur Abänderung des Testaments gekommen ist, durch einen Zufall nur, hätten Sie gar nichts tun müssen – der Gauguin wäre Ihrer gewesen. Sie hätten das Gemälde nicht austauschen müssen in dieser Nacht, Sie hätten André Pennec nicht einbeziehen müssen – Sie hätten überhaupt nichts tun müssen. Gar nichts. Es wäre Ihnen in den Schoß gefallen … Sie …«
    Dupin stoppte. Es war genug. Er war erschöpft. Und wütend.
    »Wir gehen jetzt. Es reicht. Kommen Sie.«
    Dupin wandte sich abrupt zur Tür. Madame Pennec schnellte hoch, als hätte Dupin auf einen Knopf gedrückt. Sie stand einen kurzen Augenblick ganz aufrecht und folgte ihm dann erhobenen Hauptes und ohne ein Wort zu sagen.
    Die Szene hatte sich in einer ungeahnten Geschwindigkeit abgespielt. Dupin wollte nur noch raus, er ertrug das Haus nicht mehr. Das alles hier. Er war schon an der Tür angekommen, er öffnete sie mit einer raschen Bewegung. Madame Pennec war jetzt dicht hinter ihm. Sie traten hinaus.
    Riwal hatte seinen Wagen direkt unterhalb der Treppe geparkt und das Haus beobachtet. Er stieg aus, als er Dupin und Madame Pennec erblickte, ging umgehend zur hinteren rechten Wagentür und hielt sie auf.
    Er machte nicht viele Worte.
    »Bonsoir Madame. Ich werde Sie zur Präfektur bringen.«
    Madame Pennec stieg wortlos ein. Sie wirkte vollkommen ungerührt. Riwal ging ganz ruhig um den Wagen herum.
    »Sie rufen sicher an, Monsieur le Commissaire.«
    »Ja.«
    »Und den Präfekten?«
    »Ja.«
    Riwal lächelte.
    »Gut.«
    Er stieg ein, startete umgehend den Motor und fuhr los. Dupin konnte Madame Pennec durch das Autofenster sehen. Sie hatte ihren Kopf gesenkt. Er schaute dem Wagen nach, bis er oben an der Brücke angekommen war und in der Kurve verschwand. Dupin überquerte die Straße.
    Es war geschafft.
    Wenig später stand Dupin dort, wo er in den letzten Tagen so viele Male gestanden hatte, am Hafen, direkt an der Quaimauer, die Flut hatte ihren höchsten Punkt erreicht. Es war Viertel vor acht und immer noch richtig heiß. Heute Abend fehlte sogar die leichte Brise, die Luft stand, aber sie war nicht schwer. Ein größeres Segelschiff lag am Quai, direkt vor ihm. Seine Augen wanderten es langsam ab. Ein wunderschönes Holzschiff, ein richtiger Atlantiksegler, ganz augenfällig gemacht für die schwere See, den Ozean, und schon viele Jahre auf ihm unterwegs gewesen. Das war kein Boot für einen Fluss. Das Meer war da, es war die vielen Kilometer hinaufgekommen, man konnte es riechen, schmecken, spüren. Ja, hier unten am Hafen war es schön; dennoch war er froh, Pont Aven hinter sich zu lassen. Diesen Fall. Froh, nach Concarneau zu kommen. Die Geschichte würde ihn ohnehin noch die ganze nächste Woche beschäftigen, das ganze »Nacharbeiten«; Verhöre, die Protokolle, das Formelle, Dutzende Telefonate. Die Presse. »Kommunikation«. Aber für heute war es genug.
    Um Viertel nach acht fuhr Kommissar Dupin durch den letzten Kreisel Pont Avens, gleich war er in Nevez, in Trégunc, dann zurück – in seiner Stadt. Er hatte die Fenster heruntergelassen und das Dach so weit wie möglich geöffnet. Es war viel Verkehr. Das Festival des Filets Bleus ,
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