Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Bratt, Berte - Marions gluecklicher Entschluss

Bratt, Berte - Marions gluecklicher Entschluss

Titel: Bratt, Berte - Marions gluecklicher Entschluss
Autoren: Berte Bratt
Vom Netzwerk:
ich etwas für dich tun? Vielleicht den Tisch decken?«
    »O ja, wenn du so lieb sein würdest! Die Zeit ist mir davongerannt. Ich muß schnell zu Inken rüber und das Pony anspannen. Das Schiff wird in einer halben Stunde da sein!«
    »Lauf nur, ich decke schon.«
    »Und leg ein Stück Fisch auf Columbines Teller!« rief ich, zog einen Kamm durch die Haare, warf mir schnell den Lodenmantel um und machte mich davon.
    Ich stand am Landungssteg und hielt Ausschau. Es waren nicht viele Fahrgäste da. Die Saison hatte ja noch nicht richtig angefangen. Da war nur ein einziger Passagier mit einem Kind. Dieser einzige Passagier war weiblichen Geschlechts und sah aus wie eine Siebzehnjährige. Klein, schwarzhaarig und schlank war sie und lächelte. Ich hätte sie für eine Italienierin oder Südfranzösin gehalten. Ich ging hin zu ihr.
    »Verzeihung, Sie sind doch wohl nicht Frau Grather?« Ihr Gesicht war ein einziges Lächeln.
    »Doch, die bin ich. Aber Sie können unmöglich Fräulein Dieters sein?«
    »Doch, die bin ich!«
    Ich drückte eine schmale kleine Hand, und dann sagten wir gleichzeitig:
    »Ich hätte es mir nicht träumen lassen, daß Sie so jung sind!« Wir brachen in Lachen aus und waren von diesem Augenblick an Freundinnen. Später haben wir uns oft diese Szene in die Erinnerung zurückgerufen und mußten jedesmal wieder lachen. »Ich dachte, eine Pensionswirtin sei immer so ein bißchen ältlich und energisch und ein klein wenig furchterregend!« erklärte Frau Grather.
    »Und ich dachte, die Mutter eines vierjährigen Kindes sähe älter aus als siebzehn!« sagte ich.
    »Oh, ich danke fürs Kompliment! Ich bin fünfundzwanzig!« Frau Grather lachte. »Elaine, nun sage der Tante hübsch guten Tag!« Dann geschah es, daß das Knäuelchen mir die Hand reichte, sehr manierlich einen Knicks machte, das Mündchen auftat und ganz deutlich sprach: »Bonjour, Madame!«
    »Was?« rief ich. Ich hätte die Kleine auf der Stelle umarmen können, ich, die ich Pierres Sprache liebe. »Bonjour, ma petite, je suis enchantée!«
    »Oh, Sie sprechen Französisch?« sagte Frau Grather! »Wie nett!«
    »Das habe ich mir ja gedacht, daß Sie Französin sind!« sagte ich. »Dann haben Sie verkehrt gedacht. Aber wir hatten gerade Besuch von meiner Großmutter. Sie ist Französin.«
    »Hast du auch eine Oma?« fragte das Knäuelchen. Da mußte ich einen Kloß im Hals runterschlucken. »Nein«, sagte ich. »Ich hatte eine sehr liebe Oma, aber sie ist tot. Komm, ma petite, du darfst in diesem kleinen Wagen fahren. Wird das nicht schön?«
    Schon stand die Kleine vor dem Pony und streichelte ihm das Maul. »Sie ist wirklich nicht ängstlich!« sagte ich. »Kein Wunder!« lächelte Frau Grather. »Mein Mann ist der ausgeprägteste Tiermensch, den ich kenne.«
    »Gott sei Dank«, sagte ich und erzählte von Columbines Ausflug in Tante Eddas Bett.
    »Kleinigkeit!« meinte Frau Grather. »Ich glaube kaum, daß ich staunen würde, falls ich eines Tages nach Hause käme und einen Wurf junge Löwen im Bett fände! Hörst du, Elaine, Tante Dieters hat eine Katze!«
    »Petit chat!« sagte das Knäuelchen.
    »Quatre petits chats«, erklärte ich. »Eine große und vier ganz kleine.
    Also fünf, wenn wir dich dazurechnen! Du bist ja eigentlich auch so eine kleine Muschi.«
    Frau Grather wollte etwas sagen, aber dann fragte Elaine, wie die Katzen hießen und wie das Pony hieß.
    Tante Edda erwartete uns mit einem reizenden Kaffeetisch. Frau Grather war hell begeistert von dem Zimmer, und die kleine Elaine jubelte über das Puppenhaus.
    »Sie sind wirklich rührend, Fräulein Dieters!« sagte Frau Grather.
    »Ich kenne wohl Zimmer mit fließendem Wasser und Zimmer mit Bad und Zimmer mit Radio, aber von Zimmern mit Puppenhaus habe ich bisher nie gehört.«
    »Nein? Da sehen Sie, wie wir auf das Wohlergehen unserer Gäste bedacht sind!« sagte ich. »In zehn Minuten gibt es Kaffee. Ich muß nur schnell das Pony zum Nachbarn zurückbringen.«
    Kaum hatte ich das gesagt, erschien Inken, um das Pony zu holen.
    Mir war klar, daß dies nur ein fadenscheiniger Vorwand war, um sich die Gäste näher zu betrachten.
    Auch ihr gefiel Frau Grather auf den ersten Blick. Sie hatten kaum ein paar Worte gewechselt, da drehte sich Inken zu mir um und sagte halblaut auf dänisch - ja, denn Inkens Mutter ist Dänin, so wie meine es auch gewesen war - :
    »Hätte ich bloß gewußt, daß sie so reizend ist, hättest du sie nicht bekommen! Vielleicht kriegen wir später
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher