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Brandfährte (German Edition)

Brandfährte (German Edition)

Titel: Brandfährte (German Edition)
Autoren: Rose Gerdts
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Während sie die Treppen zu ihrer Wohnung hinaufstieg, las sie die Schlagzeilen auf der Titelseite und legte die zwei anderen Zeitungen gedankenverloren vor die Türen ihrer Nachbarn.
    Noch immer in ihre Lektüre vertieft, ging sie zurück in ihre Wohnung. Mit dem rechten Bein stieß sie die Tür hinter sich zu. Anschließend schloss sie mehrmals von innen ab und legte auch den eisernen Querriegel vor. Dann ging sie in ihre kleine Küche, um sich Kaffeewasser aufzusetzen.
    Was sie auf dem Küchentisch sah, ließ sie erstarren: Auf dem bunten Bastuntersatz stand ein Strauß frischer Feuerlilien.
    «Die habe ich extra für dich besorgt. Sollte eine kleine Überraschung sein», sagte eine Männerstimme hinter ihr. «Ich hoffe, sie ist mir gelungen.»
    Maike fuhr herum. Der kräftige Mann füllte den kleinen Hausflur ganz aus. Er musterte sie schamlos und schien sich an ihrem Schrecken zu weiden.
    «Wie wäre es mit einem gemeinsamen Frühstück? Hm?» Er holte eine Tüte mit Brötchen hinter seinem Rücken hervor und legte sie zu den Blumen. Dabei wäre er fast auf die Katze getreten, die von ihrem Stuhl gesprungen war. Ärgerlich verpasste er dem Tier einen Tritt. «Hau ab, du Mistvieh!» Er traf die Katze mit voller Wucht am Bauch. Tessas Aufheulen riss Maike aus ihrer Erstarrung. Die Angst war wie weggeblasen. Sie fühlte nur noch unbändige Wut.
    «Was fällt dir ein, hier einzudringen! Ich will nicht mit dir frühstücken. Ich will dich auch nicht mehr sehen!», schrie sie. «Wenn du nicht sofort verschwindest, dann ruf ich die Polizei.» Sie griff die Lilien, riss das Küchenfenster auf und warf die Blumen in hohem Bogen aus dem Fenster. «Und deine Scheißlilien will ich auch nicht!»
    Ein paar Sekunden lang schaute sie den Blütenköpfen voller Genugtuung nach. Sie bildeten auf dem kleinen Hinterhof einen Halbkreis. Triumphierend drehte Maike sich um.
    Als sie in seine Augen sah, wusste sie, dass sie einen Fehler gemacht hatte.

2
    Die Löschfahrzeuge der Feuerwehr waren noch mehrere Straßenzüge entfernt, doch das durchdringende Heulen der Sirenen wurde mit jeder Sekunde stärker. Aus der Ferne beobachtete er die Menschentraube auf der Straße vor dem Mehrfamilienhaus.
    Mit einem Knall zerbarst die Fensterscheibe des Badezimmers. Ein Ruck ging durch die Zuschauer. Angstvoll zeigten sie auf das Fenster in der zweiten Etage des Hauses. Sekundenschnell verzehrten die Flammen die herauswehende Gardine. Ein paar glühende Fetzen wehten in den Vorgarten und erloschen zwischen zwei Buchsbäumen.
    Voller Genugtuung sog er den Brandgeruch ein. Bis zum Eintreffen der Löschfahrzeuge würde das Feuer die gesamte Wohnung zerstört haben. Im Schlafzimmer würden die Helfer eine Leiche finden. Oder das, was Hitze und Feuer am Ende von einem Menschen übrig lassen: ein schwarzes, verkohltes Etwas, auf den ersten Blick kaum zu unterscheiden von dem herumliegenden Brandschutt. Die Brandsachermittler der Polizei würden keine Spuren finden. Dafür hatte er gesorgt. Er wusste, worauf er achten musste. Alles würde nach einem Unfall aussehen. Wie oft passierte es schließlich, dass jemand mit einer brennenden Zigarette einschlief und dabei Bett oder Sofa in Brand setzte. Die Rauchgase machten das Opfer bewusstlos oder lähmten es. Es gab Fälle, in denen Menschen ihren Feuertod bei vollem Bewusstsein erlebt hatten.
    Als er Maikes Wohnung verließ, lebte sie noch. Er hatte ihr das Kissen nach einem kurzen Kampf nur so lange aufs Gesicht gedrückt, bis sie das Bewusstsein verlor. Bei einer möglichen Obduktion würde der Gerichtsmediziner feststellen, dass das Opfer Rauchgase eingeatmet hatte und daran gestorben war. Eine Brandleiche, in deren Lungen sich kein Kohlenmonoxid befand, hätte sofort die Mordkommission auf den Plan gerufen.
    Er wusste, was er tat. Aber vorhin hätte er fast einen Fehler begangen. Bei dem Gedanken daran schnaubte er wütend.
    Maike war Raucherin. Wieder etwas, was sie gemeinsam hatten. Sie rauchten sogar dieselbe Sorte. Als er keine Zigaretten in ihrer Wohnung fand, nahm er seine eigenen aus der Jackentasche und legte die Schachtel neben den Aschenbecher auf ihr Bett. Die Flammen würden sowieso alles verschlingen.
    Die Bettdecke, unter der sie besinnungslos lag, brannte schon an einer Ecke, als er es sich noch einmal anders überlegte. Er durfte kein Risiko eingehen. Tatsächlich fand er doch noch eine angebrochene Schachtel auf dem Wohnzimmertisch. Das Zimmer machte einen chaotischen Eindruck.
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