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Brandeis: Ein Hiddensee-Krimi (German Edition)

Brandeis: Ein Hiddensee-Krimi (German Edition)

Titel: Brandeis: Ein Hiddensee-Krimi (German Edition)
Autoren: Birgit Lautenbach , Johann Ebend
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ist nicht Ihr Ernst«, sagte Thiel.
    »Wenn Sie wüssten, wie mich Ihre Alleingänge ankotzen, würden Sie es nicht darauf ankommen lassen.« Auf der freien Strecke zwischen Kloster und Vitte war Pieplow für Hiddenseer Verhältnisse schnell gefahren. Jetzt drosselte er die Geschwindigkeit und schaltete in den dritten Gang.
    »Ich will ja aussagen.« Thiels Stimme brachte eine Mischung aus bockig und bittend zu Stande. »Aber ich muss erst zu Willeke. Ich habe ihn eben noch angerufen. Er sagt, dass ich auf keinen Fall etwas ohne ihn unternehmen soll.«
    »Und wer ist dieser Willeke?« Pieplow kannte den Namen, wusste aber auf Anhieb nicht woher.
    »Er war damals … er ist mein Anwalt.«
    »Thiel, ich bin Polizist und kein Taxifahrer. Wenn Ihr Anwalt unbedingt Ihre Hand halten soll, bestellen Sie ihn in die Polizeidirektion. Er wird ja wissen, wo das ist.«
    »Ich versuche es«, sagte Thiel. »Aber was ist, wenn’s nicht klappt?«
    »Was?«
    »Ihn dorthin zu bestellen.«
    »Rufen Sie ihn erst mal an, dann sehen wir weiter.«
    Thiel nickte und schwieg, während Pieplow den Streifenwagen auf die Fähre lenkte und ausrollen ließ. Hinter ihnen wurde das Schott geschlossen, dann begannen die Maschinen der Vitte zu dröhnen.
    »Sie gehen jetzt nach oben und besorgen uns einen Kaffee«, sagte Pieplow. »In der Zwischenzeit kümmere ich mich um Ihr Alibi.«
    »Ist gut.« Thiel öffnete die Autotür und war schon halb ausgestiegen, als er sich noch einmal umdrehte.
    »Ich habe Angst«, sagte er verlegen, ohne Pieplow anzusehen. »Sie glauben gar nicht, was für eine Scheißangst ich habe.«
    »Ich kann’s mir denken«, sagte Pieplow, aber Thiel hatte die Autotür schon ins Schloss geworfen und wandte sich zur Treppe aufs Oberdeck.
    Pieplow blieb noch im Auto sitzen und starrte eine Weile in den Himmel, der tief und eintönig hellgrau über der Insel hing. Dann stieg er aus und ging langsam auf Dröge zu, der rauchend an der Reling lehnte
    »Moin, Werner.«
    »Moin.«
    »Ich würde gern wissen, ob Thiel gestern auf der letzten Fähre von Schaprode war.«
    »Möglich.« Dröge schob die Unterlippe vor und zuckte mit den Schultern.
    »Was ist, hast du ihn nun gesehen oder nicht?«
    »Denk schon. Obwohl’s besser gewesen wäre, wenn nicht.« Dröges Zigarette gab bestenfalls noch einen Zug her. Er blies den Rauch aus dem Mundwinkel zur Seite weg, dann schnippte er die Kippe ins Wasser. »War’s das? Ich hab zu tun.«
    »Fürs Erste, ja.« Pieplow war zufrieden. Von der rein theoretischen Möglichkeit abgesehen, dass er nachts
übers Eis hätte zurücklaufen können, konnte Thiels Alibi sich sehen lassen. Wenn Werner Dröge Thiel gesehen hatte, gab es mindestens ein Dutzend weiterer Zeugen. Alle, die jeden Tag nach Feierabend zurück auf die Insel fuhren. Falls nötig, ließen sie sich problemlos ausfindig machen. Man musste nur um zwanzig vor acht am Anleger warten.
    Bevor er sich zu Thiel und dem inzwischen wohl lauwarmen Schiffskaffee setzte, führte Pieplow zwei Telefongespräche.
    Das erste mit Marie, das zweite mit Kästner. Beide waren alles andere als begeistert.
    Marie nicht, weil sie besorgt war, wie und ob er überhaupt am Abend zurückkommen werde. Außerdem: War es dieser Thiel wirklich wert, dass man sich so für ihn einsetzte?
    Kästner passte es nicht, dass er zwei Stunden eher den Dienst übernehmen und ohne Streifenwagen klarkommen musste. »Warum, zum Kuckuck, lässt du nicht einfach die Kripo ihren Job machen? Sollen die ihn doch abholen und vernehmen, bis er schwarz wird. Himmeldonnerwetter nochmal, es ist nicht deine Aufgabe, ihn da rauszupauken. Am Ende bringst du dich selbst noch in Teufels Küche.« Dunkle Ahnungen waren eine von Kästners Spezialitäten.
    Wie’s aussieht, stehe ich schon auf der Türschwelle, dachte Pieplow, und wenn es dumm läuft, werde ich nach allen Regeln der Kunst gegrillt. Strafbegünstigung, Beihilfe und was sonst noch alles.
    »Wir werden sehen«, sagte er. Es hörte sich gelassener an, als er sich fühlte. Mit mehr Unbehagen als Zuversicht stieg er die Treppe nach oben in den Fahrgastraum.
    Thiel war der einzige Passagier auf der Backbordseite. An einem Tisch in der mittleren Reihe teilten sich zwei Zimmerleute eine Bild -Zeitung und sahen kurz auf, als Pieplow an ihnen vorbeiging.
    Steuerbords saßen ein paar Urlauber und schauten zu, wie die Insel kleiner und im Winterdunst konturloser wurde und schließlich ganz aus dem Blickfeld verschwand.
    Pieplow rutschte Thiel
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