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Braig & Neundorf 13: Schwaben-Sommer

Braig & Neundorf 13: Schwaben-Sommer

Titel: Braig & Neundorf 13: Schwaben-Sommer
Autoren: Klaus Wanninger
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Telefons ließ beide Kommissare aufsehen. Braig nahm das Gespräch an, ließ seine Kollegin über den Lautsprecher mithören.
    »Wir haben es geschafft«, meldete Dolde sich zu Wort. »Die Aufnahmen kommen aus Esslingen.« Er nannte die Straße. »Sie liegt im Stadtteil Sulzgries. Der Anschluss ist zugelassen auf einen Roland Allmenger. Ihr müsst die Kollegen dort informieren. Der Mann braucht sofort Hilfe. Bis wir dort sind …«
    »Ich kümmere mich darum«, sagte Braig. »Ihr seid bereit?“
    »Sofort. Wir treffen uns unten.«

2. Kapitel
    Der Platz, auf dem sie es sich jetzt wieder gemütlich gemacht hatte, war wirklich ideal. Auf zwei Seiten von einem wuchtigen, etwa fünfzehn Meter hohen Felsen umgeben, der sie vor unerwünschten Blicken schützte, nach links und halbrechts und vor allem zum Tal im Vordergrund hin dagegen offen, sodass sie einen Großteil dessen, was dort vor sich ging, optimal vor Augen hatte. Die Bäume und Sträucher rings um den Felsen tauchten den Platz jetzt am späten Abend in einen dämmrigen Halbschatten, sodass sie den gleißenden Strahlen der gerade untergehenden Sonne nicht schutzlos ausgesetzt war, was dem Platz zusätzliche Pluspunkte als Beobachtungsposten verlieh.
    Der einzig wirklich nennenswerte Nachteil war das unaufhörliche Gekribbel und Gekrabbel winziger Insekten und Fliegen, die sich hier überall auf dem Boden, den Halmen und Gräsern wie auch in der Luft tummelten, den an dieser Stelle ungewohnten, jungen Menschenkörper offensichtlich als hochinteressantes Forschungsobjekt erkundend. Sie hatte sich jedenfalls kaum niedergelassen, ob sitzend, liegend, auf den Rücken oder den Bauch gebreitet, als sie es schon krabbeln, jucken, beißen spürte.
    Natürlich hatte sie längst Gegenmaßnahmen ergriffen, die Attacken der unübersehbaren Tiermeute abzuwehren, vorgestern schon, gleich, nachdem sie den Platz entdeckt und für sich in den späten Abendstunden in Beschlag genommen hatte – war das doch ein weiterer unbezahlbarer Vorteil dieses abgelegenen Areals: Sie hatte in aller Ruhe ihren Tabaksbeutel vorgezogen, sich eine Zigarette gedreht und den Spaß genossen, die Fliegenschwärme und dichtbevölkerten Graspartien ihrer Umgebung in dichte Rauchwolken zu tauchen.
    Keine keifende Stimme, nirgendwo eine jener abgewrackten Gestalten jenseits der Dreißig, die den angeblich um ihre jugendliche Gesundheit besorgten starken Macker heraushängen ließen und sie, zuerst schimpfend, und wenn das nichts half, drohend von ihrem Nikotin geschwängerten Zeitvertreib abzubringen suchten. Nichts von all dem Generve, dafür nur Ruhe, himmlische Ruhe und – vielleicht bildete sie sich das aber auch nur ein – bedeutend weniger Fliegen, Käfer, Insekten auf ihr und um sie herum.
    Selbstverständlich war es nicht bei der einen Zigarette geblieben, hatte sie vielmehr die Gelegenheit genutzt, den Inhalt des Tabaksbeutels fleißig zur Insektenbekämpfung zu verwenden. Sie durfte nur nicht vergessen, sich zum Abschluss ihrer Aufenthalte hier oben das Gesicht und die Arme mit einer guten Handvoll Blätter der zahlreichen würzig duftenden Pflanzen einzureiben und sich kurz vor dem Betreten des Heims zwei, drei Pfefferminzbonbons in den Mund zu schieben, um sich unnötiges Gemotze zu ersparen. Die zwei, drei Stunden hier oben, allein mit ihren Gedanken, dem Tabaksbeutel, ihrem Handy, ab und an auch einer Flasche Bier aus dem Dorfladen entschädigten für das nervige Zusammensein mit all den dummen, unerfahrenen Gören und das hirnlose Gelaber, das sie samt ihren abgewrackten, alten Tussen fast ununterbrochen von sich gaben. Sicher, sie meinten es nicht so, Theresa hatte es ihr oft genug versichert: »Die haben im Gegensatz zu dir halt noch keine Ahnung vom richtigen Leben. Du bist doch schon fast eine erwachsene Frau.« Dennoch war es nur schwer zu ertragen.
    Sie hatte den Vorschlag, die ersten vierzehn Tage ihrer Ferien hier in diesem Sommercamp zu verbringen, nur mit allergrößtem Widerwillen und allein Theresa zuliebe angenommen, hatte von ihr noch vor der Abreise die Zusicherung erhalten, auch nach ihrer Rückkehr weiterhin bei ihr wohnen zu dürfen. »Du brauchst keine Angst zu haben, Laura, dass ich dich auf diese Tour aus dem Haus schaffen will«, hatte Theresa ihr versichert, »wirklich nicht. Aber für dich ist es doch eine Chance, mal eine andere Umgebung als immer nur Stuttgart und auch neue Leute kennen zu lernen. Leute deines Alters. Nicht nur immer diese alten, schon halb im
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