Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Braeutigame

Braeutigame

Titel: Braeutigame
Autoren: Michael Braun
Vom Netzwerk:
das Geräusch der Hufe, der knirschenden , mit Blech beschlagenen Räder, das Singen der Vögel, die im Gras ihren Tag begannen . Sie verknotete das karierte Wolltuch, das sie um die Schultern gebunden hatte, vor ihrer Brust und genoss den Gedanken, noch eine Zeit lang sitzen und dösen zu können, bevor sie den Baschtan err eichte und die Arbeit begann.
    Als Alma auf den Gemüsea cker kam, spannte sie Klara aus, hing ihr einen Leinensack mit Hafer und Rogg enschrot um und band sie an eine A kazie am Feldrand, wo die Stute im Schatten der Bäume ausruhen konnte. Wenn sie im Halbschlaf mit dem Schweif nach den Fliegen und Bremsen schlug und ihr Gewicht von einem Bein auf das andere verlagerte, klirrte ihr Zau mzeug. Rosie, matt von der Eroberung des dornigen Gestrüpps am Bulgarenberg und der zunehmend drückenden Mittagshitze, lag mit ausgestreckten Beinen unter dem Wagen und schlief.
    Nein, es war nichts, dac hte Alma, sie musste sich verhört haben. Ihr Vater, der einzige ihrer Familie, der regelmäßig auf den Baschtan kam, war in Kischinjew, zwei Tagesreisen entfernt, um eine Landsache zu erledigen. Seinen russischen Knecht Mischka hatte er mitgenommen, weil ihm die Zeit auf der Fahrt sonst lang geworden wäre. Die Mutter hatte Alma auf den Berg geschickt, um Wasserm elonen für den Markt in Romanowka zu ernten, die Gemüsebeete zu jäten u nd Zieselmausfallen zu leeren. Ihre zwei Jahre jüngere Schwester Wilhelmina sollte mit Oma Mathilde und Hedwig, ihrer Magd aus Kulm, Stachelbeeren und Träuble v on den Sträuchern im Hinterhof pflücken.
    Alma wischte sich mit der sauberen Unterseite ihrer Schürze den Schweiß von Stirn und Armen und sch lug mit der Hand nach den grünen Schmeißfliegen, die ihr feuchter Nacken anzog. Sie sah in den Himmel: Dunst, ein milchiger Hitzeschleier über den Hügel n . Die Wolken, die am Morgen Regen anzukündigen schienen, waren wider Erwarten weitergezogen.
    „Aaaaaaaahhhhl-maaaaaaa!!!!“
    Da – jetzt hatte sie ihren Namen gehört…
    Alma richtete sich auf . Es rief wirklich jemand nach ihr – eine Frau oder ein Junge. So hoch und durchdringe nd würde kein Mann schreien.
    Vom Feld aus sah Alma, wie Rosie unter der Podwoda aufstand und ihre Vorderläufe streckte. Mit gespitzten Ohren lief sie zum Baschtangatte r vor, ein Stück hinaus auf den Feldweg und began n zu kläffen. Klara schüttelte ihren Kopf und prustete aus den Nüstern.
    Alma hatte Durst. Sie ging zum Wagen , trank aus der Blechbüchse unter dem Bock und zog ein Klappmesser aus ihre m Beutel . Sie holte eine Melone vo m Feld, wischte mit der Schürze den Dreck von der Schal e, brach die Frucht mit der Klinge in zwei Hälften und schnitt eine Scheibe ab. Der Harbusensaft lief über ihr e staubigen Finger, als sie hineinbiss. Nichts schmeckte ihr während der Ar beit besser, selbst wenn die Melonen auf dem Feld warm von der Sonne waren und weniger gut als die z uhause, die sie vor dem Essen in den Eiskeller legten.
    Sie ging zu Klara und legte ihr eine Melonenhälfte hin.
    „Aaaal-maaaahh!!“
    Das Rufen kam vom Weg, auf dem sie aus dem Dorf gek ommen war. Es klang erschöpft, gekeucht, als würde jemand laufen.
    „Aaaal-maaaaaa!!!“
    Sie konzentrierte sich auf die Stimme, die schwer zu erkennen war , weil Rosie am Gatter bellte. Es würde Minn a sein, dachte sie; niemand konnte ein S pektakel veranstalten wie ihre Schwester.
    Sie erkannte ihren Namen – aber da war noch etwas anderes...
    W ie ratatom klang es .
    „Aaaal-maaaa! Ra-ta-tom! RAA-TAA-TOOOMMMMM! “  
    Rosie kam hechelnd zu ihr getänzelt , sah sie fragend an, kratzte sich hinter einem Ohr. Alma schlo ss die Augen und horchte . Ja, es war wirkli ch Minna. Wahrscheinlich wieder am Spinnen, dachte Alma, das kannte sie. Minna war jünger als sie, rundlicher, ein Kind noch für einen Sommer, und hatte ihren eigenen Kopf. Sie konnte stur wie ein Esel se in .
    Jetzt konnte A lma sie auf der Kuppe des Bulgarenbergs zwische n den Robinien laufen sehen. Ihr zu oft gewaschene s Kleid und die braune Schürze bauschten sich auf, währ end ihre nackten Beine zu fliegen schienen. Minna hatte Mischkas alten, ausgefransten Strohhut auf dem Kopf . Mit der einen Hand hielt sie den Hut fest, in der anderen trug sie ihre Schuhe: Almas alte Feldstiefel , die die Mutter vor Jahren von Srul Turkenitschs Wagen für sich selbst gekauft und nach einiger Zeit ihrer ältesten Tochter vermacht hatte, von de r sie wiederum an Minna weitergereicht worden
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher