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Boy Nobody: Ich bin dein Freund. Ich bin dein Mörder. (German Edition)

Boy Nobody: Ich bin dein Freund. Ich bin dein Mörder. (German Edition)

Titel: Boy Nobody: Ich bin dein Freund. Ich bin dein Mörder. (German Edition)
Autoren: Allen Zadoff
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wenn jemand im letzten Moment ein Schlagloch entdeckt und das Steuer herumreißt, um ihm auszuweichen.
    Aber hier ist kein Schlagloch, hier bin nur ich.
    Es ist eine natürliche menschliche Reaktion: Wenn man plötzlich etwas entdeckt, wonach man gesucht hat, reagiert der Körper. Beim Poker nennt man das einen
Tell
, einen Tic, der den Spieler verrät.
    Dieser Fahrer hat einen Tell. Das ist gut.
    Denn bis der Wagen mitten auf der Straße zum Stehen kommt, habe ich ein paar Sekunden Zeit, um mich vorzubereiten.
    Blitzschnell erfasse ich meine Umgebung: Die Straße hinter mir ist leer. Links und rechts sind Vorgärten mit Bäumen und Sträuchern, die den Blick der Hausbewohner auf die Straße versperren. Etwa zwanzig Meter vor mir steht der Wagen.
    Ich gehe ein paar Schritte darauf zu und kann jetzt auch das Nummernschild erkennen. Es ist keiner der Wagen von Jacks Vater, denn dieser hier hat ein Diplomatenkennzeichen.
    Die Türen öffnen sich. Vier Asiaten steigen aus. Lässig, als wären vier Anzugtypen mitten auf einer Vorortstraße das Normalste der Welt.
    Meine zwei Möglichkeiten:
    Ich kann mich in die Büsche schlagen. Sehen, wie gut sie zu Fuß sind.
    Manche behaupten, dass es in einer solchen Situation sinnvoller ist, sich jeden Gegner einzeln vorzunehmen.
    Ich bin anderer Meinung.
    Es gibt einen Trick, den ich von den Leuten, die mich ausgebildet haben, gelernt habe: Fokussiere die eigene Schlagkraft und komm deinem Gegner so nah, dass sein Aktionsradius eingeschränkt ist.
    Diesen Trick wende ich an.
    Das Problem ist: Ich trage keine Waffe und meinen Giftkuli habe ich in einem Gully entsorgt. Mein leerer Rucksack liegt in einem Müllcontainer.
    Also muss ich mich ganz auf mein Können verlassen.
    Meine Fähigkeiten sollten reichen.
    Aber sicher bin ich mir nicht.
    Unbeirrt schlendere ich auf den Wagen zu. Zehn Meter noch. Ich bin ein harmloser sechzehnjähriger Junge, der die Straße entlanggeht. So sollen sie mich sehen.
    Außerdem ist es die Wahrheit. Ich bin sechzehn. Und ich gehe die Straße entlang.
    Beim Näherkommen höre ich, wie sich die Männer auf Mandarin unterhalten. Ich sehe, dass sie billige Anzüge tragen und dass ihre Jacketts über den massigen Schultern spannen.
    Diplomaten haben keine massigen Schultern. Vielleicht, wenn einer Bodybuilding betreibt. Aber nicht gleich vier auf einmal.
    Ich kenne diese Typen nicht. Sie sind mir bei diesem Auftrag nie begegnet. Aber sie wissen irgendwas über mich, weil sie mich anstarren wie hungrige Löwen ihre Beute.
    Ich muss mich vorsehen.
    »He, du da«, sagt einer von ihnen. »Wir haben uns verfahren. Kannst du uns vielleicht helfen?«
    Sein Englisch ist gut. Seine Masche weniger.
    Niemand parkt seinen Wagen mitten auf der Straße, um nach dem Weg zu fragen.
    Das Ganze ist lächerlich, aber ich bin ein Teenager, also unterschätzen mich die Leute.
    Die meisten Teenager wollen unbedingt beweisen, wie tough sie sind.
    Ich nicht.
    Es ist gut, wenn man unterschätzt wird. So etwas nennt man einen taktischen Vorteil.
    Auf die Frage des Chinesen antworte ich deshalb nur: »Klar. Wohin wollen Sie denn?«
    Er ist ein bisschen überrascht, aber nicht sehr.
    Unterschätzt mich immer noch.
    »Ich habe die Adresse in meinem Handy«, sagt er.
    Er hält mir mit ausgestrecktem Arm ein Smartphone hin. Also müsste ich mich ihm auf Armlänge nähern, um aufs Display sehen zu können, aber darauf falle ich nicht herein.
    Ich gehe ein paar Schritte auf ihn zu.
    Die beiden Typen vom Rücksitz stellen sich hinter ihre Kumpel; die Schlinge zieht sich zu. Sie sind sich ihrer Sache sicher. Das erkenne ich an ihrer Körperhaltung.
    Zweimal zwei. Während ich noch ein paar Schritte auf sie zugehe, versuche ich die Situation zu analysieren: muskulöse Oberkörper, Kurzhaarschnitte und Diplomatenkennzeichen. Wahrscheinlich handelt es sich um chinesische Agenten. Ich vermute, dass Jacks Vater mit ihnen Geschäfte gemacht hat und ich ihn deshalb liquidieren sollte.
    Aber ich weiß es nicht mit Sicherheit. Ich muss es auch nicht wissen.
    Ich stelle keine Fragen. Ich bekomme einen Auftrag und erledige ihn.
    Meistens ist das kein Problem, aber diesmal muss irgendwas schiefgelaufen sein, sonst wären sie nicht hier. Ich bin aufgeflogen.
    Ich hebe mir die Fragen für später auf.
    Jetzt zählt nur eins: Überleben.
    Ich kämpfe nicht zum Vergnügen. Ich kämpfe nur, wenn ich muss.
    Wenn sie mich erst im Wagen mit den Diplomatenkennzeichen haben, ist es zu spät. Die Polizei wird nicht
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