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Boten des Lichts, Die Auserwählten (German Edition)

Boten des Lichts, Die Auserwählten (German Edition)

Titel: Boten des Lichts, Die Auserwählten (German Edition)
Autoren: Víctor Conde
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vier, die sich in jener Nacht neben dem alten Kiosk einfanden, war nicht die Abgeschiedenheit das ausschlaggebende Kriterium, sondern die Suggestivkraft des Ortes. Seine Magie, die halb lebendig und halb zwischen den Echos der alten Jahrmarktsmusik begraben war.
    Séfora und Mauro waren die Ersten. Sie hatten sich in dicke Mäntel gehüllt, um der nächtlichen Kälte zu trotzen. Kurz darauf tauchte Erik auf. Er trug einen Motorradanzug aus Leder, der aussah, als entstammte er dem Kostümfundus von Mad Max . Und zuletzt erschien Tanya, die noch immer wie eine Puppe aus dem achtzehnten Jahrhundert gekleidet war, nur dass ihr Kleid nicht mehr gothic- schwarz und viktorianisch-weiß war, sondern sämtliche Tausend zuckersüßen Rosatöne aufwies, die das menschliche Auge imstande war aufzunehmen. Tatsächlich sah sie mit den großen Erdbeeren auf dem Rock und den riesigen lila Schleifen im Haar aus wie die moderne Version von Emily Erdbeer.
    Erik brach in schallendes Gelächter aus, als er sie sah. Sie warf ihm einen verächtlichen Blick zu.
    »Ich gehe heute in sweet . Irgendein Problem damit?«
    »Überhaupt nicht«, versicherte er ihr, aber das spöttische Grinsen spielte noch eine Weile um seine Mundwinkel.
    Séfora ergriff das Wort: »Herzlich willkommen. Und danke, dass ihr gekommen seid. Aber ich wusste gleich, dass ihr mich nicht im Stich lassen würdet, sobald ein Treffen erforderlich wird.«
    »Allzu sicher warst du dir!«, sagte Erik listig.
    »Nein, Erik, ich wusste es. Ihr habt eine Bestimmung. Jeder von euch. Und ihr habt sie gerade erst kennengelernt. Das Schwierigste steht uns noch bevor.«
    »Mach uns nicht so viele Hoffnungen, bitte!«
    Mauro stellte sich neben seine Gefährten, sodass sie in einer Reihe vor Séfora standen. Diese betrachtete sie mit Stolz.
    »Warum ausgerechnet hier?«, fragte Tanya. »Ist ein bisschen düster, oder? Wir hätten uns genauso gut in einem Starbucks treffen können.«
    »Genau, damit die ganze Stadt dein Kleidchen bewundern kann«, knurrte Erik. »Das würde dir wohl so passen.«
    »Gibt’s ein Problem, Süßer?« Tanya baute sich vor ihm auf, die Arme in die Hüften gestemmt.
    Er tat verschüchtert. »Ui. Entschuldigung, Frau Heilerin. Wirst du mir jetzt mit deinem Zauberstab eins überziehen, bis ich vor lauter Gesundheit zusammenbreche?«
    »Führe mich nicht in Versuchung.«
    Séfora schüttelte langsam den Kopf.
    »Je mehr sich die Dinge verändern, umso klarer wird mir, dass sie immer gleich bleiben«, seufzte sie. »Und jetzt hört mir zu. Wir haben uns heute hier versammelt, weil dieser heruntergekommene Park vor Tausenden von Jahren ein heiliger Ort war. Genau an dieser Stelle wurde die erste Orakelstätte errichtet, zu einer Zeit, als der Mensch noch nicht ganz aufrecht ging.«
    Die drei jungen Leute starrten erstaunt auf ihre Füße hinunter.
    »Im Ernst?«
    »Im Ernst. Und wir brauchen diese Kraft für die Anrufung. Andernfalls werden sie nicht kommen.«
    Mauro zog die Brauen hoch.
    »Wer denn eigentlich?«
    Séfora lächelte und zeigte zu den Wolken hinauf. Dann flüsterte sie ehrfürchtig: » Sie .«

HELDEN DES LICHTS
    D ie Erscheinung war weder von Pauken, noch Trompeten, noch von trickreichen Himmelsfeuern begleitet. Tatsächlich geschah alles in einer Grabesstille. Doch was sich da über den Köpfen der drei jungen Leute abspielte, bedurfte auch keines Soundtracks, keiner raffinierten visuellen Effekte à la Hollywood. Es war auch so ergreifend genug.
    Es war das absolut Unglaublichste, was ihnen in ihrem jungen Leben begegnet war.
    Eine Offenbarung der anderen Seite ist für die empfindliche menschliche Psyche von Natur aus erschütternd. Aber von den wütenden Machtbeweisen des Desmodu einmal abgesehen, waren Tanya und ihre Gefährten bis zu diesem Augenblick nie mit einer Erscheinung konfrontiert worden, die ihren Geist so schonungslos überwältigte. Séfora war zwar in sich selbst eine frische Wunde für ihren Verstand, ein vernünftiges Wesen, das eine lange weiße Schleppe von Widersprüchen hinter sich herzog.
    Was die jungen Leute jedoch über dem verfallenen Vergnügungspark aufsteigen sahen, ging über all das weit hinaus.
    »W…wer sind sie?«, stieß Mauro hervor.
    Séfora kniete zum Zeichen ihrer Ehrfurcht nieder.
    »Erzengel«, sagte sie. Einer weiteren Erklärung bedurfte es nicht.
    Sie waren gigantisch. Wahre Titanen reinen Lichts, die über hundert Meter hoch in den Himmel ragten. Wäre dieses Schauspiel für Normalsterbliche sichtbar
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