Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Books & Braun: Das Zeichen des Phönix (German Edition)

Books & Braun: Das Zeichen des Phönix (German Edition)

Titel: Books & Braun: Das Zeichen des Phönix (German Edition)
Autoren: Tee Morris , Pip Ballantine
Vom Netzwerk:
– es war nicht das erste Mal, dass sie ins Büro des Direktors gerufen wurde.
    Nachdem sie einmal tief durchgeatmet hatte, betrat sie den Aufzug, schloss das Gitter und stellte den Maschinentelegrafen auf »Büro des Direktors«. Die kurze Fahrt schien eine Ewigkeit zu dauern. Das oberste Stockwerk war ausschließlich Direktor Basil Sound vorbehalten, Leiter des Ministeriums für Eigenartige Vorkommnisse. Aus dem Fahrstuhl gelangte man sogleich in ein kleines Wartezimmer, wo die überaus scharfsinnige Miss Shillingworth die Tür zu seinem Büro bewachte. Die weißblonde junge Frau nahm ihre Pflichten als Sekretärin sehr ernst und übte sie mit der Effizienz einer doppelt so alten Frau aus. In diesem Augenblick kämpfte sie jedoch gerade mit einem Arm voll brauner Aktenordner, die sie in den Schacht schob, über den sie ins Archiv gelangen würden. Ihr strenger, schneidender Blick huschte zu Eliza hinüber, aber abgesehen davon ignorierte sie die Agentin, begrüßte sie nicht einmal. Plötzlich hörte Eliza ein lautes, kräftiges Zischen und drehte den Kopf zu dem Geflecht pneumatischer Rohre, allesamt beschriftet mit der Stelle, wohin sie führten – Unterhaus, Oberhaus, Kriegsministerium und so weiter und so fort. Verstohlen schaute sie zu dem Neuankömmling hinüber, einem Zylinder, der mit dem Themse-Rohrpostsystem direkt aus dem Buckingham-Palast gekommen war. Vielleicht ein Tadel von Ihrer Majestät?
    »Dr. Sound«, konnte sie Königin Viktoria in ihrer jüngst eingetroffenen Verlautbarung buchstäblich sagen hören, »über Ihren geplanten Verweis gegen Geheimagentin Eliza D. Braun sind wir nicht erfreut.«
    Miss Shillingworth stieß einen verärgerten Seufzer aus, als ihre Akten zu Boden fielen. Und wenngleich Eliza es genoss, die frostige Sekretärin in einer misslichen Lage zu sehen, hatte sie nicht die Absicht, auf ihre Erlaubnis zu warten.
    Eliza vergewisserte sich, dass ihr dunkelrostroter Zopf noch immer adrett saß, dann stolzierte sie, solange sie noch den Mut dazu hatte, zur Tür des Direktors. Aus dem Augenwinkel sah sie Shillingworth vom Boden aufblicken. Eliza glaubte, die Sekretärin hätte noch nach ihr gerufen – aber zu spät. Sie weigerte sich, Dr. Sound noch länger warten zu lassen, und stieß die Bürotür auf.
    Dank der dicken Vorhänge an den Fenstern drang vom Lärm des Hafens im East End kaum etwas in das luxuriöse Büro, und den Rest verschluckte der riesige Orientteppich. Selbst das Ein- und Auslaufen der Schiffe musste der Direktor nicht zur Kenntnis nehmen, so er nicht wollte. Doch was diesem Raum an jedem anderen Tag Stille bescherte, gab ihm heute etwas Bedrückendes.
    Denn dieser Tag war nicht wie jeder andere, und Eliza schien es, als ließe die dämmende Büroausstattung den Streit zwischen Dr. Sound und dem hochgewachsenen, stattlichen Mann, der ihm am Schreibtisch gegenübersaß, umso schärfer wirken.
    »… zwar ist die Königin sich in dieser Angelegenheit noch nicht sicher«, fuhr der Turm von einem Mann fort und klopfte mit dem Zeigefinger auf Sounds Schreibtisch, »aber lassen Sie sich gesagt sein, dass ich es ganz gewiss bin.«
    Ein seltsamer Ausdruck glitt über Dr. Sounds Züge – einer, den Eliza noch nie gesehen hatte: echter Zorn.
    Eliza klappte den Mund zu und verkniff sich ihre leidlich zurechtgelegte Erklärung.
    In diesem Moment wäre sie lieber wieder in der Antarktis gewesen, mit dem Geruch von Schießpulver und Schweiß in der Nase, als hier Zeuge dieser Auseinandersetzung zu sein. Die Streitenden waren so angespannt, dass sie die Anwesenheit eines Dritten gar nicht bemerkten, und Eliza war überzeugt, jeden Moment etwas außerordentlich Interessantes über ihren Vorgesetzten zu erfahren.
    Zumindest bis Miss Shillingworth hereinplatzte. Ihre eisige Haltung hatte deutliche Risse bekommen, und sie fing sogar an, Eliza am Arm zu zerren. »Es tut mir leid, Dr. Sound, sie ist einfach reingestürmt, ohne zu fragen.«
    Der Direktor wandte sich ihnen zu, trotz seiner Korpulenz überraschend beweglich. »Agentin Braun, ich darf wohl davon ausgehen, dass Sie eine triftige Erklärung für dieses Verhalten haben?« Seine Stimme war milde, der düstere Unterton indes unüberhörbar.
    Eliza krampfte sich der Magen zusammen. »Ich sollte pünktlich um neun in Ihrem Büro sein. Ich habe mich leider einige Minuten verspätet.«
    Dr. Sound wandte den Blick von ihr ab und nickte. »Ach, ja, ich habe tatsächlich neun Uhr gesagt … «
    »Sie müssen Eliza D. Braun
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher