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Bonbontag

Bonbontag

Titel: Bonbontag
Autoren: Markus Nummi
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Versehen.«
    »Sagte der betrunkene Autofahrer, als er das Kind überfuhr.«
    »Gewagter Vergleich.«
    »Schwarzer Sozialhumor«, versuchte Katri abzumildern.
    Ari lachte. Katri bedauerte ihr Gerede.
    »Eigentlich wollte ich fragen ...«, fing Ari wieder an. »Ob ich Sie mal interviewen könnte. Über Ihre Arbeit.«
    »Für eine Zeitung oder was?«
    »Ja. Das heißt, nein. Das wäre ... für einen Roman.«
    Sie waren schon fast am Becken, es zeichnete sich plötzlich an einer dunklen Stelle vor der Rasenfläche ab.
    »Warum nicht«, antwortete Katri fast beiläufig. Den Blick hatte sie bereits nach vorne gerichtet.
    Petri wartete auf sie, er hüpfte auf der Stelle, um sich zu wärmen.
    Außer ihm war niemand zu sehen.
    »Da war er ... heute Morgen«, sagte Ari und zeigte auf die Stelle in der Ecke des Beckens. Sie lag im Dunkeln, die Lichter des Fußwegs reichten nicht bis dorthin. »Jedenfalls glaube ich das ...«
    Katri schaute auf die Stelle, dann glitt ihr Blick daran vorbei und kehrte wieder zurück. Ihre Augen gewöhnten sich an die Dunkelheit.
    »Da war jemand«, sagte Katri.
    Wenn man genauer hinschaute, sah man einen Abdruck im Schnee. Dort hatte jemand gelegen. Vor kurzem erst, denn der frische Schnee hatte es nicht überdeckt.
    »Was ist das da?«, fragte Petri und deutete auf ein schwarzes Bündel im Schnee.
    Sie stiegen in das Becken. Neben der Stelle, wo offensichtlich jemand gelegen hatte, war Ruß zu erkennen.
    »Ein Handschuh. Kindergröße ...«, stellte Katri fest, als sie nach dem klumpigen Etwas griff. »He ... der hat gebrannt.«
    Sie sahen sich um, suchten nach weiteren Anhaltspunkten.
    Ari sah etwas aus dem Schnee ragen. Er zog es heraus: eine Plastiktüte.
    »Das ist Tomis Tüte«, erklärte er.
    Sie blickten über den Rand des Planschbeckens hinweg.
    Eine Fußspur führte an den Punkt, an dem sie sich befanden, er kam aus der Richtung, aus der Katri und Ari gekommen waren. Aber ebenso deutlich war eine zweite Spur zu erkennen, die von dem Becken wegführte.
    Sie kletterten aus dem Becken und folgten der Spur.
    Irgendwo weiter vorne wurde geschrien. Freudenschreie? Nein, kein Juchzen, sondern hysterische, grelle Laute. Eher aus Angst. Entsetzen?
    Sie gingen auf die Stimmen zu. Sie kamen von den Wohnblocks.
    Anfangs verdeckten die Bäume die Sicht.
    Dann lag ein Hang mit Rodelbahn vor ihnen.
    Oben stand zwischen zwei Wohnblocks eine Gruppe von Kindern und Jugendlichen. Sie schrien, alle schrien.
    Auf dem Hang brannte etwas lichterloh.
18
    Jetzt hast du’s gehört, du Scheißkuh. Mir doch egal, was du für eine Hexe bist. Jetzt überlegst du, was? Wie, was abfackeln, hä?
    Er bereute den Anruf inzwischen. Musste er sich so aufspielen?
    Regungslos stand Tomi an der Hausecke, bis zu den Knien in einem Schneehaufen, den der Pflug aufgeworfen hatte. Dort musste man hin, wenn man in Deckung bleiben wollte.
    Jetzt kommt der Doc, und die Scheißkerle können nichts machen.
    Die Kälte nahm zuerst von den Zehen Besitz und kroch dann immer weiter nach oben. Er zitterte.
    Kommt raus, ihr Feiglinge ...
    Waren alle wegen der Kälte in die Häuser gegangen? Die Hoffnung erwachte, aber er versuchte sie sofort zu dämmen.
    Besser, er war auf der Hut. Besser, er war bereit. Er tastete nach der Flasche unter der Jacke, er hatte sie unter den Gürtel geschoben. Die Streichholzschachtel hielt er im Handschuh.
    Jetzt musste er los, sonst würde er auf der Stelle erfrieren.
    Er ging ganz dicht an der Wand entlang. Niemand war zu sehen.
    Er huschte hinter die überdachte Müllsammelstelle. Von Miras Treppeneingang aus konnte man ihn jetzt nicht mehr entdecken.
    Vorsichtig schlich er an der Bretterverkleidung entlang.
    Plötzlich ging vor ihm das Holztor auf, und er zog sich zurück. Schritte, viele Schritte im knirschenden Schnee. Er drehte sich um, und da stockte ihm der Atem.
    Der größte Junge stand an der Ecke.
    Tomi wandte sich ab, wollte mit einem Satz losrennen.
    Da kam die ganze Bande aus dem Tor der Sammelstelle. Tomi duckte sich, machte dann einen Sprung zur Seite, aber vergebens, es war ein hoffnungsloser Fluchtversuch.
     
    »Was machen wir mit ihm?«, fauchte der kleinste Junge.
    Seine Stimme war unbeherrscht, aufgeregt, begeistert.
    »Eine Lehre muss man ihm schon erteilen«, sagte der größte Junge.
    »Eine ordentliche Lehre«, rief der Kleinste hinterher.
    Tomi kauerte auf dem Boden. Er betastete die Flasche unter seiner Jacke, traute sich aber nicht, sie hervorzuholen. Sie hatten ihn gestoßen
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