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Böser Bruder, toter Bruder

Böser Bruder, toter Bruder

Titel: Böser Bruder, toter Bruder
Autoren: Narinder Dhami
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Powell muss sich mit fehlendem Essensgeld und Hausaufgabenproblemen auseinandersetzen. Ich schlüpfe unbemerkt aus dem Raum.
    Die Gänge sind wie ausgestorben. Bis zum nächsten Klingeln darf kein Schüler seinen Klassenraum verlassen. Ich verstoße gegen eine Schulregel. Allein bei dem Gedanken wird mir schlecht. Mia Jackson verstößt nie gegen Regeln. Dazu ist sie viel zu ängstlich. Ich zittere schon wieder, aber es liegt nicht allein daran, dass ich etwas tue, was ich nicht darf.
    Ich habe entsetzliche Angst und weiß nicht, wovor.
    Ich gehe auf das nächste Treppenhaus zu, als ich Schritte höre, die rasch näher kommen. Panisch verstecke ich mich hinter einem Bücherregal, bevor die Person um die Ecke biegt. Ich habe das Gefühl, dort stundenlang zu warten, aber wahrscheinlich sind es höchstens fünf Minuten. Dann ertönen noch mehr Schritte, und kurz darauf höre ich gedämpfte Stimmen, die sehr ernst klingen. Wieder Schritte, diesmal rennt jemand.
    Ich stehe hinter dem Regal und bin wie gelähmt vor Angst, dass man mich entdeckt. Ich weiß schon gar nicht mehr, warum ich überhaupt die Klasse verlassen habe. Jamie wird wahrscheinlich einen völlig plausiblen Grund gehabt haben, ins Nebengebäude zu gehen, einen Grund, der überhaupt nichts mit Kat Randall zu tun hat. Vielleicht ist er schon längst auf dem Weg zu unserer Klass e …
    Und dann schrillt direkt über meinem Kopf der Feueralarm los.
    Vor Schreck schnappe ich nach Luft, presse mir die Hände auf die Ohren und springe hinter dem Bücherregal hervor. Es spielt keine Rolle, dass ich nun zu sehen bin, denn eine Sekunde später werden die Türen aufgestoßen. Schüler und Lehrer strömen auf den Notausgang zu wie Bäche auf dem Weg zum Meer.
    Ich verschmelze mit der Menge. Hinter mir höre ich Schreie, und einige der Lehrer wirken leichenblass und sehr verängstigt. Heißt das, es brennt wirklich? Mein Herz setzt einen Schlag aus. Jamie?
    »Mia!« Jemand packt mich am Arm, als sich der Menschenstrom an unserem Klassenzimmer vorbeiwälzt. Ich wende den Kopf und schaue in Brees angstverzerrtes Gesicht.
    »Wo zum Teufel warst du?«, kreischt sie. Ihre Nägel graben sich schmerzhaft in meinen Arm. »Wir müssen hier raus!«
    »Brennt’s denn wirklich?«, frage ich, obwohl ich mich vor der Antwort fürchte. Vielleicht wurde das Feuer ja absichtlich gelegt!
    Bree schüttelt den Kopf. »Schlimmer«, presst sie hervor. Sie zittert am ganzen Körper und hyperventiliert fast. »Sie sagen, dass hier jemand mit einer Knarre rumläuft.«

Zwei
    Montag, 10. März, 8.56 Uhr
    Die Zeit scheint stillzustehen.
    »Mit einer Knarre?«, wiederhole ich entsetzt. Ich bekomme diese einfachen Worte nur schwer über die Lippen.
    Bree nickt, schlingt die Arme um sich und wiegt den Oberkörper vor und zurück. Ein paar Achtklässlerinnen rennen kreischend an uns vorbei und reißen Bree fast mit sich.
    »Können wir jetzt bitte verschwinden?«, schreit sie mich an.
    Sie wirbelt herum und will wie alle anderen zum Notausgang, aber ich packe sie am Arm und drehe sie zu mir um, sodass sie mich gegen die allgemeine Fluchtrichtung ansehen muss.
    »Wer denn?«, brülle ich. Mein Herzschlag dröhnt mir in den Ohren. »Wer hat eine Knarre? Bree, sag’s mir!«
    Während ich sie anschreie, halte ich ihre Arme fest. Ich merke erst nach einiger Zeit, dass ich sie schüttel e – so heftig, dass ihr Kopf vor- und zurückrollt.
    »Mein Gott, Mia!« Bree macht sich wütend los. Tränen laufen ihr über die Wangen. »Ich hab dir gerade gesagt, dass hier ein Amokläufer rumrennt! Hast du nicht mitgekriegt, was in anderen Schulen Schreckliches passiert ist? Ich muss hier raus!«
    Sie schubst mich beiseite und stürzt davon. Vor Panik krieg ich kaum noch Luft, aber ich reiße mich zusammen und laufe ihr nach, denn ich brauche Antworten.
    »Tut mir leid«, keuche ich, als ich sie eingeholt habe. Ich schaffe es nicht, über Jamie zu sprechen oder auch nur seinen Namen zu erwähnen, aber vor meinem inneren Auge sehe ich ihn zielstrebig auf das Nebengebäude zugehen. »Bree, es tut mir leid, bitte glaub mir. Aber ist das wirklich wahr? Das kann nicht sein!«
    »Guck dich doch um!«, faucht Bree, ohne mich dabei anzusehen. Ihr Blick ist auf den Notausgang direkt vor uns geheftet. Die Türen stehen weit offen und ich kann beobachten, wie die Lehrer die panischen Schüler mit hektischen Gesten vom Hof zum Parkplatz scheuchen. »Reicht dir das nicht als Bestätigung?«
    »Aber wer ist es?«, frage ich
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