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Bob und wie er die Welt sieht

Bob und wie er die Welt sieht

Titel: Bob und wie er die Welt sieht
Autoren: James Bown
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Nasenspitze fast die meine berührt. Dann tippt er eine Pfote nah an mein Gesicht, als wollte er sagen: »Hallo, wie lange willst du mich noch ignorieren? Ich bin schon ewig wach und habe einen Mordshunger, also, wo bleibt mein Frühstück?« Wenn ich dann noch immer nicht in die Gänge komme, fährt er die Charmeoffensive auf. Er kann perfekt den »Gestiefelten Kater« aus den Shrek-Filmen imitieren. Dann steht er auf meinem Bett und starrt mich mit seinen großen, leuchtend grünen Augen und schräg gelegtem Kopf hingebungsvoll an. Dabei sieht er so umwerfend süß und unwiderstehlich aus, dass er mir immer ein Lächeln entlockt. Und alles kriegt, was er haben will.
    Ich bewahre immer eine Packung seiner Lieblingssnacks in der Schublade vom Nachtkästchen neben dem Bett auf. Manchmal, wenn ich noch müde bin, kommt er aufs Bett zum Kuscheln, und da gibt es auch schon die ersten Häppchen. Aber meistens werfe ich die Stückchen auf den Teppich und beobachte Bob, wie er ihnen eifrig hinterherjagt. Katzen sind flinke und geschmeidige Tiere. Bob schafft es sogar, diese Kügelchen im Flug abzufangen, wie ein Kricket- oder Baseballspieler. Er springt hoch und fängt sie mit der Pfote auf. Manchmal schnappt er sie sogar direkt aus der Luft mit dem Mäulchen auf. Das muss man gesehen haben.

    Wenn ich mal richtig müde bin oder keine Lust zum Spielen habe, kann er sich auch gut allein beschäftigen. Wie an jenem Sommermorgen, als ich im Bett lag und Frühstücksfernsehen schaute. Es sollte ein heißer Tag werden, und bei uns im fünften Stock war es jetzt schon kaum noch auszuhalten. Bob hatte sich an einem schattigen Plätzchen des Schlafzimmers eingerollt und schien fest zu schlafen. Zumindest sah es so aus.
    Bis er mit einem Ruck hochfuhr und auf mein Bett sprang. Er federte sich von der Matratze ab wie von einem Trampolin und landete hoch oben an der Wand hinter mir. Dort berührte er mit allen vier Pfoten die Wand und katapultierte sich so wieder zurück auf mein Bett.
    »Verdammt, Bob …?«, rief ich völlig überrumpelt. Aber Bob ignorierte mich. Stattdessen starrte er höchst konzentriert auf meine Bettdecke. Als ich seinem Blick folgte, sah ich ihn: einen kleinen Tausendfüßler, der sich in eine Falte meiner Bettdecke verirrt hatte. Bob machte sich bereit, ihn zwischen seinen Zähnen zu zermalmen.
    »O nein, Bob, das lässt du schön bleiben!«, warnte ich. Schließlich können Insekten für Katzen giftig sein. »Du hast keine Ahnung, wo der schon überall war!«
    Er warf mir einen vernichtenden Blick zu. »Spielverderber« hieß das wohl.
    Bobs Schnelligkeit, Kraft und Beweglichkeit haben mich schon immer sehr beeindruckt. Jemand hat mal gesagt, Bob müsse eine Maine Coon, einen Luchs oder eine andere Art von Wildkatze in seinem Stammbaum haben. Alles ist möglich. Seine Vergangenheit ist ein Buch mit sieben Siegeln. Ich weiß nicht, wie alt er ist, und ich habe keine Ahnung, wie er gelebt oder überlebt hat, bevor ich ihn fand. Nur ein DNA -Test könnte Auskunft über seine Herkunft geben. Aber wozu? Bob ist Bob. Mehr brauche ich nicht zu wissen.

    Aber ich war nicht der Einzige, der dem unwiderstehlichen Charme von Bob verfallen war. Im Frühjahr 2009 waren Bob und ich schon ein Jahr als Big Issue -Verkäufer unterwegs. Anfangs hatte man uns eine Verkaufsstelle an der U-Bahn-Station Covent Garden im Zentrum von London zugewiesen. Aber inzwischen waren wir in den Stadtteil Islington, an die U-BahnHaltestelle Angel umgezogen. Dort waren wir die einzigen Straßenverkäufer, und Bob hatte sich einen kleinen, treuen Stamm von Bewunderern aufgebaut.
    Soviel ich wusste, war ich der einzige Big Issue -Verkäufer mit Katze in ganz London. Aber auch wenn es ein zweites Paar gegeben hätte, die andere Katze hätte Bob im Umgang mit Kunden nicht das Wasser reichen können. Nur er zog die Menschen in Scharen in seinen Bann und schenkte jedem einen Glücksmoment.
    In der ersten Zeit, als Bob und ich uns gerade erst zusammengetan hatten, war ich noch als Straßenmusiker unterwegs. Damals saß Bob meist reglos wie Buddha vor mir und beobachtete interessiert das geschäftige Treiben um ihn herum. Die Passanten fanden das entzückend; vielleicht hat er sie aber auch hypnotisiert, denn sie blieben stehen, streichelten ihn und redeten mit ihm. Viele von ihnen wollten auch unsere Geschichte hören. Dann durfte ich erzählen, wie wir uns gefunden haben und ein Team geworden sind. Aber das war’s dann auch.
    Seit wir jedoch The
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