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Boardwalk Empire

Boardwalk Empire

Titel: Boardwalk Empire
Autoren: Nelson Johnson
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Systems, sie war das Ende einer Ära. Fast ein Jahrhundert lang war das republikanische Wahlkreissystem der Dreh-und Angelpunkt von Bürgerinteressen und die Quelle politischer Macht. Es orientierte sich letztlich immer mehr an seinen Bürgern als an den Bossen. Das Wahlkreissystem hielt die Gesellschaft zusammen, denn es wurde von allen respektiert. Das Ende der Ward Politics bedeutete auch das Ende einer pragmatischen Politik in Atlantic City. Der republikanische Apparat war korrupt, skrupellos und habgierig, aber er erledigte zuverlässig seinen Job. Im schlimmsten Fall zog er zwar jedem in seinem Radius das Geld aus der Tasche und verhinderte notwendige Reformen, aber er widmete sich grundsätzlich den Bedürfnissen der Einwohner und traf dabei meistens die richtigen Entscheidungen.
    Heutzutage würde Atlantic City am besten in einer ähnlichen Symbiose funktionieren, wie sie Kühnle damals mit den Hotelbesitzern und der Glücksspielindustrie unterhielt – in einem geordneten Dialog zwischen Regierungsvertretern und Kasino-Betreibern. Die Initiative muss allerdings von den Kasinos ausgehen, denn sie sind die stärkste Kraft. Sie sind gut beraten, eine Führungsrolle zu übernehmen und die Angelegenheit der Stadt und ihrer Bürger auch zu ihren Prioritäten zu machen. Es gibt in diesen Unternehmen eine Menge weitsichtiger, gut ausgebildeter und engagierter Leute, von denen aber drei Viertel nicht in der Stadt wohnen und sich deshalb nicht einmischen wollen. Das sollten sie aber tun.
    Es darf den Kasinos nicht nur um Profit, sondern es sollte ihnen um das Wohl der Stadt gehen. Sie sollten sich Gehör verschaffen, an den Schulen der Region, in den einzelnen Vierteln sowie im Stadtrat und der Landeshauptstadt. Jedes Kasino könnte Repräsentanten bestimmen, die sich die Probleme des Stadtrats und der Einwohner zu eigen machen und gleichzeitig ihre Interessen in die Diskussion einbringen. Solche Berater dürfen natürlich nicht aus der Führungsebene kommen und auch nicht zu oft ausgetauscht werden, am besten eignen sich Mitglieder des mittleren Managements, die nicht in interne Intrigen oder Übernahmestrategien verstrickt sind. Diese Kasino-Delegierten könnten einen Dialog initiieren, der Atlantic City wirtschaftlich weiterbringt.
    Es gibt keinen Grund, warum die Stadt nicht gleichzeitig als Touristenziel und lebendiges Gemeinwesen existieren kann. Die Befürchtung, die Stadt entwickle sich zu einem ausschließlichen Vergnügungspark für Erwachsene, ohne Raum für Familien, ist längst widerlegt. Durch die Zusammenarbeit von Rathaus, Glücksspielunternehmen und der Casino Reinvestment Developement Authority konnten zahlreiche Problemviertel abgerissen und neue bezahlbare Wohnungen für Einwohner und Kasino-Angestellte geschaffen werden. Trotz der teilweise hohen Bezüge in den Glücksspielbetrieben verdient der durchschnittliche Angestellte kaum mehr als 3 0 000 Dollar im Jahr. Wenn man den Wohnungsmarkt und die öffentlichen Verkehrsmittel aufrüstet, ziehen mehr Kasino-Angestellte in die Stadt, und dadurch verbessern sich umgehend die Lebensverhältnisse. Erste Schritte in die richtige Richtung wurden bereits unternommen, auch wenn Atlantic City als Gemeinde noch längst nicht so lebendig ist, wie es einst war. Der Wiederaufbau geht nicht gerade schnell voran, aber wenn man bedenkt, dass der Verfall vierzig Jahre lang angehalten hat, wäre es unrealistisch, ein Wunder zu erwarten.
    In den vergangenen 25 Jahren hat das Geschäft mit den Kasinos aus einer heruntergewirtschafteten kleinen Stadt am Rande des Zusammenbruchs eine der größten Touristenattraktionen der Welt gemacht. Die Umsätze und Arbeitsplätze, die Investitionen und Gewinne übertreffen alles, was man sich 1976 erhofft hatte. Diesen enormen Aufschwung verdankt die Stadt dem Glücksspiel – eine Tatsache, die selbst die einstigen Kritiker der Legalisierung anerkennen müssen. Wäre der Bürgerentscheid von 1976 gescheitert, die Stadt wäre zweifellos noch tiefer ins Elend gerutscht, und Absecon Island wäre heute ein noch trostloserer Ort als vor seiner Erschließung.
    Jonathan Pitneys Dorf am Strand wird für immer ein touristisches und soziales Experiment bleiben. Das neue Atlantic City ist jetzt mit der großen Hotel- und Vergnügungsindustrie Amerikas verbunden, daran müssen sich erst alle gewöhnen. Erst wenn die Gemeinde und die Kasinos begreifen, dass das Wohlergehen der Stadt von ihrer Zusammenarbeit abhängt, kann Atlantic City eine
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