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Blutspuk in Venedig

Blutspuk in Venedig

Titel: Blutspuk in Venedig
Autoren: Jason Dark
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hat sich wohl gefühlt, das behaupte ich.«
    »Sie kam sogar frei.«
    »Durch Sie, Signor Sinclair.«
    Ich lachte leise. »Wenn Sie glauben, daß ich mich deswegen schuldig fühle, befinden Sie sich auf dem Holzweg. Sie ist schon vorher freigekommen, sie hatte ihr geheimnisvolles Säulengrab verlassen können, denn Sid Arnos starb, bevor wir in Venedig eintrafen. Jemand muß sie befreit haben, und jemand muß auch den mit Blut geschriebenen Brief aufgesetzt haben.«
    »Kann sein.«
    »Sie waren es, Claudia!«
    Ich hatte ihr die Worte geradewegs ins Gesicht geschleudert und war gespannt auf ihre Reaktion. Sie schwieg zunächst, hatte die Hände tief in den Taschen vergraben. Ihr Kopf war leicht gesenkt, als wäre sie dabei, etwas auf dem Grab zu suchen. Die Frau stand neben mir wie ein Schatten und hielt die Lippen zunächst zusammengepreßt. »Warum stimmen Sie mir nicht zu? Es kann keine andere Person gewesen sein als Sie.«
    »Stimmt.«
    »Aha.«
    Claudia betrachtete den dunklen, auch bedrohlich wirkenden Himmel über dem Friedhof. »Ja, ich habe die Maske befreit. Ich habe auch die Rosen auf das Grab gestellt, denn ich wollte meine Liebe zu Horatio Ferrini dokumentieren. Ich habe ein altes Buch entdeckt, sehr klein, vielleicht von der Größe eines Taschenkalenders. Dort habe ich Formeln und Zaubersprüche gefunden, die zu den verbotenen Schriften des Altertums gehörten. Jemand hatte sie ausgegraben, wieder neu aufgeschrieben und ihren alten Zauber somit erweckt. Ich lernte es, die Worte korrekt auszusprechen, und es machte mir plötzlich Spaß, mit anderen Kräften zu experimentieren, auch wenn mich jemand davor gewarnt hatte, den ich ins Vertrauen zog.«
    »Wer war es?«
    »Lentini, mein Ziehonkel.«
    »Dann war er wesentlich weitsichtiger als Sie.«
    Sie lachte in die kühle Luft über den Gräbern hinein. »Das wird sich erst noch herausstellen, Signor Sinclair.«
    »Glauben Sie denn an einen Sieg des Bösen?«
    »Das weiß ich nicht, ob man es so nennen kann. Ich hoffe auf einen Sieg der anderen Macht.«
    »Das ist gleich.«
    »Für Sie schon.«
    »Und die Warnung haben Sie auch geschrieben?« wollte Suko von ihr wissen.
    »Ja, denn alle, die gegen mich waren, sollten wissen, worauf sie sich einließen. Ich habe auch meinen Ziehonkel gewarnt, doch er wollte nicht hören und sich auf meine Seite stellen. Es war sein Pech, die Maske hat ihn besucht.«
    »Und Sie haben ihn so einfach sterben lassen!« flüsterte ich. »Den Mann, der Ihnen stets geholfen hat. Sie sind ebenso schlimm wie ein Mörder.«
    »Hören Sie doch mit Ihrer Moralpredigt auf, Sinclair! Ich lebe mein Leben, und ich lebe in zwei verschiedenen Hälften. Ja, ich habe den Palazzo verkauft. Ich brauchte Geld, ich habe es bekommen, die Summe wurde mir überwiesen, aber ich wußte schon vor dem Verkauf, daß dieser Paretti nie in das Haus einziehen würde. Als die beiden Warnungen nichts fruchteten, mußte die Maske zum Radikalmittel greifen. Sie hat dafür gesorgt, daß der Palazzo abbrannte.«
    »Was in Ihrem Sinne war.«
    »Genau, Sinclair. Ich fühle wegen der Ereignisse und Vorgänge eine innere Verbundenheit zu meinem Ahnherrn Horatio. Ich habe längst festgestellt, daß die Maske ein Teil von ihm ist. Er und ich, wir beide sind in gewisser Hinsicht eine Symbiose eingegangen. Wir verstehen uns prächtig, ohne daß wir miteinander reden müßten, aber es gibt den Kontakt zwischen der lebenden und der toten Person. Wo ich bin, ist auch die Maske.«
    Da mochte sie recht haben. Noch leuchteten wir die Grabstätte an, aber ich drehte mich, und der helle Lichtfinger wanderte mit. Auf dem Boden hinterließ er einen Kreis. »Wenn es stimmt, was Sie gesagt haben, müßte die Maske jetzt auch in unserer Nähe sein.«
    Claudia drehte den Kopf. Dabei sah sie aus, als wollte sie staunen und lachen zugleich. »Haben Sie denn etwas anderes gedacht? Natürlich ist sie in meiner Nähe, und sie wird immer mächtiger und kraftvoller. Sie holt sich das Leben der Menschen…«
    »Ihre Gesichter.«
    »Ja, denn für sie steckt das Leben darin. An die Seelen kommt sie nicht heran, aber die Gesichter sind wichtig. Sie zieht ihnen die Haut ab, sie saugt ihr Blut auf, sie verarbeitet es, denn ihr Blut durchdringt sie und sorgt dafür, daß die Stärke zunimmt. Der in der Maske steckende Geist meines Ahnherrn lebt von den Opfern der Menschen. Horatio Ferrini hatte seine Mitmenschen schon immer gehaßt. Er war nie ein Freund von ihnen, aber das wissen Sie
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