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Blutspuk in Venedig

Blutspuk in Venedig

Titel: Blutspuk in Venedig
Autoren: Jason Dark
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tot!
    Zingara brauchte eine Weile, um das zu verdauen. Er wußte nicht, was er in diesen Sekunden tun sollte. Ihm war nur klar, daß dieser Mann beim oder nach dem Besuch des Palazzo gestorben war.
    Warum? Wie? Durch wen?
    Mühsam wälzte Zingara den Toten von seinen Beinen, und dann schaute er ihm ins Gesicht, das heißt, in die Überreste.
    Alles, was er sah, war eine blutige Masse.
    Und dann begann Zingara zu schreien!
    ***
    Paretti tobte. Er hatte bereits seit dem Mittag getobt, jetzt war der Nachmittag beinahe vorbei, und er hatte sich immer noch nicht beruhigen können.
    Er wußte selbst, daß er seine Phase hatte, das wußten auch die anderen, die sein Toben als ungerecht empfanden, aber er war der Chef im Studio, und wenn ihm die letzte Aufnahme nicht gefiel, dann mußte er es auch sagen. Eben auf seine Art und Weise. Nie dachte er daran, daß sein Gesang schlecht gewesen wäre, nein, er schob es immer auf die anderen, besonders auf den Gitarristen, der Parettis Meinung nach nur Bockmist gespielt hatte.
    Am frühen Abend hatte er dann das Studio verlassen und war in die Kantine gegangen. Nur allmählich ebbte seine Wut ab, und er stieg hinein in die andere Phase.
    Er brauchte einen Schluck.
    Whisky zuerst, dazu Kaffee, dann wieder Whisky, bis er sich beruhigt hatte.
    Anschließend würde er sich zu einer Bar bringen lassen, wo zwei Mädchen auf ihn warteten, mit denen er seit einiger Zeit liiert war. Sie akzeptierten sich gegenseitig und nahmen es auch hin, daß sie nicht die einzigen waren, mit denen er schlief.
    Um Paretti kümmerte sich niemand. Er hatte sich in eine Ecke gesetzt, trank, murmelte manchmal etwas vor sich hin und strich immer wieder die langen Haare zurück, die er offen trug. Er dachte nach. Seine Gedanken wirbelten. Er grübelte über einen neuen Text. Dann erinnerte er sich an den Palazzo, der in Venedig auf ihn wartete, und Paretti war gleichzeitig sauer auf seinen Sekretär Sid Arnos, weil dieser ihn noch nicht angerufen und einen ersten Bericht gegeben hatte.
    Er traute Sid Arnos nicht. Er traute niemandem mehr, seit er die mit Blut geschriebene Warnung erhalten hatte. Sie schwebte wie eine Drohung über seiner gedanklichen und auch seiner beruflichen Welt. Sie war da, sie hatte etwas zu bedeuten, das wußte er sehr genau, und er glaubte auch daran, daß da noch etwas auf ihn zukam. Er schaute hoch, als ein Schatten über den kleinen Tisch fiel und sich nicht bewegte.
    »Ja…?«
    Neben ihm stand der Mann von der Theke. Er war noch jung, sein Gesicht zeigte unzählige Sommersprossen, und er hatte einen roten Kopf bekommen, als er sein großes Idol ansprach.
    »Telefon für Sie, Sir.«
    »Wer denn?«
    »Es ist ein Ferngespräch, glaube ich.«
    »Gib her.« Rock Paretti nahm dem jungen Mann das Handy weg und meldete sich mit einem knurrig klingenden »Ja«, weil er damit rechnete, daß ihn Sid Arnos anrief.
    Der war es nicht. Statt dessen wurde italienisch mit ihm gesprochen, was Paretti auch verstand. Der andere stellte sich als Polizeibeamter vor, und in den nächsten beiden Minuten erfuhr der Rockstar, daß er sich einen neuen Sekretär suchen mußte. »Was ist?«
    »Das habe ich Ihnen doch gesagt. Sid Arnos ist tot. Wir haben seine Leiche aus dem Kanal gefischt. Die Papiere hatte er bei sich.«
    »Scheiße!«
    »Bitte?«
    »Wie konnte das denn passieren?«
    »Das wissen wir noch nicht. Ein Bootsfahrer hat den Toten aus dem Wasser gefischt.«
    »Wie ist Sid gestorben? Wurde er ermordet?«
    »Nein, das wohl nicht.«
    Rock Paretti hatte den zögerlichen Klang in der Stimme des Kommissars nicht überhört. »Warum reden Sie so komisch? Ist da was nicht richtig gelaufen und…?«
    »So kann man es sagen.«
    »Verdammt, so reden Sie endlich! Wie ist Sid gestorben?«
    »Nun ja, Signor Paretti. Dieser… dieser Tote – er… er hatte kein Gesicht mehr.«
    Rock hielt die Luft an. Er dachte, aber er wußte nicht, was er dachte.
    In seinem Gehirn lauerte das Chaos. Er bewegte die Augen, ohne es zu merken, und der italienische Kommissar fragte ihn, ob er noch dran wäre.
    »Bin ich. Ich frage mich allerdings, ob ich mich verhört habe.«
    »Haben Sie nicht.«
    Paretti fuhr durch sein Haar. Er saß gebückt da und starrte auf die hölzerne Tischplatte, als wollte er die dünnen Fäden der Maserung zählen. »Dann… dann fehlte ihm tatsächlich das Gesicht, so wie Sie es mir gesagt haben?«
    »Si, Signor Paretti. Wo einmal sein Gesicht gewesen war, haben wir nur mehr eine blutige Masse entdeckt.
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