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Blutsbraeute

Blutsbraeute

Titel: Blutsbraeute
Autoren: Margie Orford
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konzentrieren. Sie zog einen dicken Aktenordner zu sich heran. Auf den Rücken hatte sie mit Goldstift »Menschenhandel in Kapstadt« geschrieben. Clare hatte herausgefunden, dass Frauen aus den krisengeschüttelten Nachbarländern im Norden Südafrikas mit den vielfältigsten Versprechungen angelockt wurden und auf der Main Road, in Kapstadts nicht enden wollendem Rotlichtbezirk zwischen den Nobelwohngegenden in den Vorstädten am Fuß des Tafelbergs, für Zuhälter auf den Strich gingen. Solche Frauen sorgten auch für stetigen Nachschub in den Bordellen und in den Legionen
von Herrenclubs. Es war ein organisierter Handel, der wuchs und wuchs. Clare bereitete sich auf ein Interview vor, das nur durch komplizierte Absprachen möglich geworden war. Natalie Mwanga war aus dem Kongo eingeschleust worden und ging ein hohes Risiko ein, wenn sie mit ihr redete.
    Diese Ermittlungen würden Clare keine neuen Freunde eintragen. Sie hatte ihren Produzenten, weit weg im sicheren London, dazu überreden müssen, dass er ihr erlaubte, in dem Dokumentarfilm einen Schleuser zu Wort kommen zu lassen. Es war ein riskantes Unterfangen, und es kostete sie Zeit. Clare hatte die Fühler bereits ausgestreckt, bevor sie vor zwei Monaten in den Kongo gefahren war. Nach ihrer Rückkehr hatte sie erfahren, dass Kelvin Landman vielleicht bereit sein würde, mit ihr zu reden. Er war Zuhälter, seit er fünfzehn war. Clare hatte keine Beweise für das Gerücht, seine Karriere habe damit angefangen, dass er seine zehnjährige Schwester auf den Strich geschickt habe. Einer von Clares Informanten bei der Polizei hatte ihr erzählt, Landman sei innerhalb einer Straßengang sehr schnell aufgestiegen. Er war jedoch ein Mann mit Weitblick, und die Durchlässigkeit der Grenzen im demokratisierten Südafrika war für Landman eine Lizenz zum Gelddrucken. Sein Name und das Einschleusen von Ware für das Geschäft mit dem Sex waren zu Synonymen geworden. Und Landman bestrafte Verstöße gegen seine Regeln gnadenlos.
    Clare hatte eine junge Straßenprostituierte danach gefragt, wie Landman arbeitete. Die junge Frau hatte auf zwei lange, helle Narben auf ihrem weichen Bauch gezeigt:
die Strafe für eine leichtsinnige Schwangerschaft. Sie erzählte Clare, das Kind sei abgetrieben worden und sie habe am nächsten Tag wieder gearbeitet. Sie lachte, als Clare sie um ein Interview bat, und schlenderte dann weg. Clare hatte sie nicht wiedergesehen. Sie schaute noch einmal auf das Meer hinaus. Aufkommender Nebel verwischte die sonnigen Verheißungen des frühen Morgens.
    Der Schleuser ging beim Menschenhandel kein Risiko ein, so viel war klar, und er verdiente eine Menge Geld. Neuerdings hieß es, Landman steige nun in die höchsten Ränge der Wirtschaft und Politik auf. Eine angesehene Sonntagszeitung hatte ihn sogar einen »Mann von Welt« genannt. Clare nahm ein sauberes Blatt Papier und schrieb ihre Fragen auf.
    Wohin fließt das eingenommene Geld?
    Wie wird es legalisiert?
    Falls Landman der Verkäufer ist, wer sind die Abnehmer?
    Was genau kaufen die Abnehmer?
    Sie würde es herausfinden. Das tote Mädchen von der Promenade mischte sich ungebeten in ihre Gedanken ein. Clare stand abrupt auf. Sie musste nach draußen, unter Menschen. Sie griff nach ihrer Einkaufsliste und fuhr in die Waterfront. Im Auto überlegte sie, dass sie der Liste noch einiges hinzufügen könnte:
    Räucherlachs.
    Wein.
    Vielleicht auch Spülmittel.

3
    Riedwaan Faizal hatte nach Clares Anruf nachdenklich ins Leere gestarrt. Er konnte sie sich so deutlich vorstellen, als stünde sie vor ihm. Sie war hochintelligent und besessen von jedem Fall, zu dem sie hinzugezogen wurde, aber es war schwierig, mit ihr zusammenzuarbeiten. Sie mochte keine Teams und vertraute niemandem. Ihre Beziehung zur Justiz war sehr flexibel, Recht oder Unrecht jedoch waren für Clare absolute Größen. Das alles störte Riedwaan nicht. Aber sie ging ihm unter die Haut, rührte an etwas in ihm, das er nicht benennen konnte und das ihn irritierte. Er klappte das Handy zu und steckte es wieder in die Tasche. Man wusste bei ihr nie, woran man war. In dem Augenblick, in dem man glaubte, ihr näher zu kommen, zog sie sich zurück. Und das eine Mal, als sie die Hand nach ihm ausgestreckt hatte, hatte er sich abgewandt. Nichts konnte daran mehr etwas ändern, deshalb tat er die Gedanken an sie
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