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Blutrote Schwestern

Blutrote Schwestern

Titel: Blutrote Schwestern
Autoren: Jackson Pearce
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zusammen.
Versuch’s noch einmal, Wolf. Renn jetzt nicht weg.
Man darf sie nicht wegrennen lassen, wenn man den Kampf einmal begonnen hat. Sie hungern wegen der verbrauchten Energie und reißen dann doppelt so viele Opfer in der Hälfte der Zeit. Es kann nur auf eine Art enden: mit dem Tod des Wolfs. Der hier ist kein Läufer. Er will mich immer noch fressen.
    Geifer tropft von seinen Lippen, und seine Augen verengen sich zu schmalen Schlitzen. Der Fenris tigert vor mir auf und ab, rollende Schultern bei jedem Schritt. Nun zieht er die Lefzen zurück und entblößt die Fänge.
    Dann schießt er wieder auf mich zu. Ich weiche aus, schlage nach ihm – daneben. Er fährt herum. Keine Zeit, das Beil zurückzuziehen. Ich hebe es wie einen Schild vor mich und entspanne meinen Körper. Als der Fenris auf mich prallt, stürze ich hart auf den Bürgersteig – aber er hat sich das Beil in die Brust gerammt, das Gewicht seines Körpers hat es in ihn hineingetrieben.
    Ich spanne die Beine unter seinem Bauch an und trete nach oben und werfe das um sich schlagende Monster hinter mich. Dann springe ich auf meine Füße. Verziehe das Gesicht vor Schmerz, als der Schwindel wie eine Welle über mich fährt, während Blut über meine Schultern läuft, Schrammen vom Sturz auf das Steinpflaster.
Reiß dich zusammen, komm schon.
    Ich blinzele. Der Wolf ist verschwunden. Nein, nicht verschwunden – sein Geruch liegt noch immer in der Luft. Ich halte den Atem an, lausche angestrengt.
    Warte auf ihn.
Er ist hier.
Warte …
    Mit der Gewalt einer Dampframme kracht er in mich hinein. Meine rechte Seite, meine blinde Seite. Seine Krallen dringen an meiner Hüfte durch die Haut – scharfer, stechender Schmerz, der mir die Tränen in die Augen treibt, meine Sicht verschwimmen lässt. Erneut schlage ich auf den Boden auf, das Beil entgleitet mir, das Gewicht des Wolfs auf meinem Leib, sein Atem schwer und abgekämpft. Ich wehre mich nicht – das macht sie glücklich. Das Blut aus seiner Brustwunde strömt auf meinen Bauch, und als er sein Gesicht dicht an meines presst, kann ich nur ein wütendes Auge sehen.
    Warte.
Er wird sich entspannen. Er wird einen Fehler machen. Man hat nur eine Chance, sie von sich herunterzubekommen –
sorg lieber dafür, dass du die richtige wählst, Scarlett March.
Büschel seines Fells quellen mir in Nase und Mund, der Schmutz seines Körpers wird eins mit meinem Schweiß. Ich könnte versuchen, das Jagdmesser an meiner Hüfte zu erreichen, aber mit den Vorderpfoten hält er mir die Hände fest. Es raubt mir den Atem, als er sich noch tiefer zu mir herunterbeugt. Das Gewicht seines Körpers schwer auf meinen Lungen, halte ich die Luft an, als er direkt in meinen Hals ausatmet.
    Dann echot ein dumpfes Geräusch durch die Nacht, reißt mich und den Wolf aus unserer Konzentration, lenkt uns ab. Schritte? Noch ehe der Wolf oder ich reagieren kann, schleudert ihn ein solider Treffer in die Flanke von meinem Körper. Ich schnappe nach Luft, als wäre ich kurz vor dem Ertrinken aus dem Wasser aufgetaucht.
Steh auf, steh schnell auf.
Ich rolle mich auf den Bauch.
    Aus dem Winkel meines gesunden Auges sehe ich einen Mann im Schatten der Nacht. Vertrauter, schlaksiger Gang. Er dreht den Kopf – von mir zu dem Fenris, der einige Meter entfernt umherstreicht.
    »Man sollte meinen, dass du nach all den Jahren weißt, wie man verhindert, dass ein Fenris dich auf deiner blinden Seite erwischt«, sagt der Eindringling.
    Ich grinse, rappele mich auf. Der Fenris knurrt uns an. Schnell lehne ich mich zur Seite, als er vorwärtsspringt, und steche mein Jagdmesser in seinen Vorderlauf. Er schafft es, einen Teil meines Mantels zu zerfetzen, als er stolpert.
    »Ich hätte ihn schon erwischt. Hab nur auf den richtigen Moment gewartet«, antworte ich.
    Der Junge lacht, die Augen leuchten graublau, selbst in der Dunkelheit.
    Er kichert. »Wäre dieser Moment gekommen, direkt nachdem wir
Scarlett March
in deinen Grabstein gemeißelt hätten?«
    Der Fenris richtet sich auf und knurrt. Er weiß, es ist zu spät, um fortzulaufen. Uns töten oder getötet werden – eine andere Möglichkeit gibt es nicht. Ich gehe zu dem Jungen, hebe mein Beil vom Boden auf. Er leckt sich nervös über die Lippen. Ist offenbar eingerostet, was das Jagen anbelangt. Ich frage mich, wie lange es wohl her sein mag.
    »Weißt du«, sage ich selbstgefällig, »wenn du damit nicht zurechtkommst, kann ich das für dich erledigen. Du weißt schon, wenn du
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