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Blutrote Schwestern

Blutrote Schwestern

Titel: Blutrote Schwestern
Autoren: Jackson Pearce
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nicht so spät allein unterwegs sein, weißt du«, sagt er sanft, aber ich kann das Hecheln in seiner Stimme hören, als sein Blick über den roten Mantel wandert. Ich bemerke, wie das Haar auf seinen Armen zu wachsen beginnt; er ist zu hungrig, kann die Verwandlung nicht mehr lange kontrollieren. Ich töte niemals einen Fenris, wenn er sich noch nicht komplett verwandelt hat. Das Risiko, einen Menschen zu töten, ist zu groß, und das ist es nicht wert, jemanden die gleichen Todesqualen durchmachen zu lassen, die meine Schwester und ich erlebt haben. Es wäre nichts anderes als Mord, deswegen warte ich immer, auch wenn ich noch nie falsch lag.
    Ich scharre mit den Füßen und gebe vor, nervös zu sein. »Ich hab mich verirrt«, lüge ich. Dabei laufe ich ziellos die Straße auf und ab und wiege die Hüften. »Ich wollte hier einen Freund treffen …« Nur ein bisschen weiter und die Reihe Pfandhäuser auf der Gegenseite wird uns verbergen. Er lacht, ein tiefes, grollendes Geräusch.
    »Verirrt, was?«, sagt er und kommt auf mich zu. »Wieso lässt du mich dir nicht den Weg zurück zeigen?« Er streckt eine Hand aus.
    Ich schaue nach unten. Ein schwarzes Mal, wie eine Tätowierung, ist auf seinem Handgelenk, das makellose Bild einer Münze. Ein Mitglied des Münz-Rudels, so weit draußen? Merkwürdig. Ich entferne mich einen weiteren Schritt von ihm. Jetzt bin ich außer Sicht der Zivilisten, und wenn er nur ein bisschen näher tritt, ist er es auch.
    »Ich … Ich komm schon klar«, murmele ich.
    Der Fenris grinst. Er glaubt, er macht mir Angst, und er genießt es. Es ist nicht genug, die Mädchen nur zu zerreißen und zu fressen. Sie müssen ihnen zuerst Angst einjagen. Ich drehe ihm den Rücken zu und gehe zügig los, wobei ich meinen Mantel hinter mir aufbauschen lasse, um ihn zu reizen.
    Komm weiter, folge mir.
Zeit zu sterben.
    »He, warte«, ruft er. Seine Stimme ist dunkel, fast kehlig. Er kämpft gegen die Verwandlung an, aber sein Hunger gewinnt – ich kann es
spüren.
Seine Blutgier hängt in der Luft wie Nebel. Er will mich zerreißen, mir die Fänge in den Hals schlagen. Ich halte inne, erlaube meiner Kapuze, nach unten zu rutschen, und lasse meine Locken im Wind wehen. Höre ihn vor widerwärtiger Lust ächzen, während ich den vertrauten, abgenutzten Beilgriff umfasse.
    Dreh dich nicht um, noch nicht.
Er hat sich noch nicht ganz verwandelt, und wenn er die Narben in meinem Gesicht bemerkt, fliegt meine Tarnung auf. Ich kann nicht riskieren, dass er losrennt und davonkommt – er muss sterben. Er hat es verdient, zu sterben.
    »Ich will nur sagen …« Er verschluckt sich an seinen Worten, als die Transformation beginnt, seine Stimmbänder zu verändern. »Die Leute könnten auf falsche Gedanken kommen. Ein hübsches Mädchen wie du, allein in einer Ecke wie dieser.«
    Ich verziehe die Lippen zu einem Grinsen, während ich das Beil aus meinem Gürtel löse. Es raschelt, als seine Kleidung auf den Boden fällt, dann folgt das klickende Geräusch von Krallen auf dem Bürgersteig. »Ich mache mir keine Sorgen«, antworte ich, unfähig, ein durchtriebenes Grinsen zu unterdrücken. »Ich gehöre nicht zu dieser Art von Mädchen.«
    Als ich herumwirbele, steht kein Mann hinter mir, sondern ein Monster. Einige nennen sie Werwölfe, aber sie sind so viel mehr als Wölfe. Das Fell dieses Fenris sieht dunkel, fast schon ölig aus und geht an den riesigen Füßen in graugescheckte Haut über. Er knurrt und legt seine lange Schnauze auf den Boden, dann spannt er die Kiefer an und schlägt klackend seine gelblichen Zähne aufeinander. Das Straßenlicht beleuchtet seine massige Gestalt und wirft einen Schatten über den Boden zu meinen Füßen. Unbeeindruckt hebe ich eine Augenbraue in seine Richtung, und sein Blick wandert zu dem glänzenden Beil in meiner Hand.
    Er springt.
    Ich bin bereit.
    Seine kraftvollen Schultern katapultieren ihn in die Luft, und er knurrt, als er auf mich zufliegt – ein Geräusch wie zermahlende Steine. Ich schnelle zu ihm herum, auf ihn zu, dicht am Boden. Als er über meinen Kopf hinwegfliegt, krümmt er sich in der Luft, und ich lasse das Beil im allerletzten Moment nach oben schnellen. Die Klinge findet ihr Ziel, streicht über sein Vorderbein, bis ich das Beil nach links drehe. Tief fährt es in den oberen Teil des Hinterlaufs, ehe der Fenris noch den Boden berührt. Blut regnet auf mich herab.
    Das Untier heult auf und bricht auf dem Bürgersteig hinter mir
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