Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Blutrote Lilien

Blutrote Lilien

Titel: Blutrote Lilien
Autoren: Kathleen Weise
Vom Netzwerk:
den Arm. Da ich keinen Falknerhandschuh trug, gruben sich seine Krallen in meinen Arm, der durch den Mantel nur ungenügend geschützt war. Doch das machte mir nichts. Ich musste mich von ihm verabschieden. Ich wusste nicht, ob unsere Flucht gelingen würde oder wann wir wieder nach Paris zurückkehren würden. Ich konnte nur hoffen, dass die Falknermeister des Königs in der Zwischenzeit gut auf ihn aufpassten.
    Condé legte mir die Hand auf die Schulter. »Ihr könnt ihn nicht mitnehmen. Wenn er anfängt zu schreien, wird man auf uns aufmerksam.«
    »Ich weiß.«
    Plötzlich klappte hinter uns die Tür und erschrocken fuhren wir herum. Die Silhouette eines kräftigen Mannes zeichnete sich in der Tür ab. Sofort schob mich der Prinz hinter sich. Einen Moment bewegte sich niemand, dann trat der Mann in die Falknerei ein. Als er langsam näher kam, erkannte ich ihn. Es war Auguste Bonfour.
    »Was wollt Ihr hier?«, fragte Condé. Sein Blick huschte zwischen Bonfours Gesicht und seinem Degen hin und her, aufmerksam wie ein Falke.
    »Ich mache einen Morgenspaziergang, genau wie Ihr.«
    »Dann macht ihn an anderer Stelle, Ihr seid hier nicht willkommen.«
    »Oh, ich fürchte, das kann ich nicht tun. Befehl der Königin.«
    »Sie befiehlt Euch, einen Morgenspaziergang zu unternehmen?«
    Bonfour zuckte mit den Schultern. Es war uns allen bewusst, dass sein Befehl lautete, uns im Auge zu behalten. Wozu genau, wussten wir allerdings nicht. Doch es war sicher nichts Gutes.
    Auf einmal richtete sich sein Blick auf mich. »Ich muss sagen, ich bin beeindruckt, Mademoiselle. Ihr scheint viele Talente zu haben. Von einigen hat man ja schon gehört, wenn es um de Bassompierre geht.« Sein Mund verzog sich höhnisch und neben mir tat Condé einen Schritt nach vorn.
    Ich fasste nach seinem Arm. »Nicht. Er versucht nur, Euch zu provozieren.«
    Bonfour grinste. »Ihr scheint nicht wählerisch zu sein, was Eure Freunde betrifft, Charlotte de Montmorency. Ich gebe zu, Ihr habt mich damals getäuscht, als wir den Narren suchten. Aber ich bin nicht dafür bekannt, dieselben Fehler zweimal zu machen. Heute wird es Euch nicht gelingen, mich zu täuschen.«
    »Verschwindet!«, sagte Condé noch einmal mit Nachdruck, aber Bonfour schüttelte erneut den Kopf. Er kam weiter auf uns zu. In seinem Gesicht stand etwas geschrieben, das mir einen eiskalten Schauer über den Rücken jagte: Mordlust. Dieser Mann kannte keine Skrupel und war schmutziges Handwerk gewöhnt.
    Ob er die Schuld an Manons Tod trug? Oder war er nur das willige Werkzeug in den Händen eines anderen gewesen?
    Condé warf mir einen kurzen Blick zu. »Bleibt hier.« Dann zog er seinen Degen und trat Bonfour in den Weg.
    Die Angst um ihn schnürte mir die Kehle zu. Ich konnte nicht zulassen, dass Condé sich mit ihm schlug. Was, wenn er verlor? Ich wollte mir nicht vorstellen, wie er in einer Lache seines Blutes auf dem Boden lag. Durchbohrt von Bonfours Degen. In meiner Verzweiflung hob ich den Arm, auf dem Mars noch immer saß, und der Falke schwang sich in die Luft. Weit kam er nicht, weil er noch immer angeleint war, aber es langte, um die beiden Männer zu erreichen.
    Ich hatte gehofft, der Vogel würde Bonfour ablenken, aber zu meiner Verwunderung setzte sich der Falke Auguste auf den Kopf und schlug kräftig mit den Flügeln. Seine scharfen Krallen rissen blutige Wunden. Schreiend hob Bonfour die Hände, um sich zu schützen, aber Mars ließ nicht ab von ihm. Condé nutzte die Verwirrung, um seinen Gegner mit einem Kinnhaken niederzustrecken. Wie ein nasser Sack sank Bonfour zu Boden und blieb regungslos liegen.
    Überrascht drehte sich Condé zu mir um. Ich nahm Mars vom Boden auf, auf dem er hin und her hüpfte, und setzte ihn wieder auf seinen Block.
    »Ich wusste nicht, dass Euer Falke Menschen angreift.«
    »Das tut er normalerweise auch nicht.«
    Er nickte und beugte sich dann zu Bonfour, um ihn unter den Armen zu packen. Er zog ihn in den Schatten, dorthin, wo sich auch schon Angoulevent verborgen hatte. Er fesselte seine Füße und Hände mit einem Lederstrick, der für die Falken gedacht war, und knebelte ihn mit einem Lappen. Dann nahm er meine Hand und zog mich zum Ausgang. Wir setzten unseren Weg fort wie geplant. Als wäre dies alles nur ein Morgenspaziergang. Zum Glück waren zu so früher Stunde nur wenige Menschen unterwegs. Hauptsächlich Bedienstete, die ihren Aufgaben und Pflichten nachgingen. Sie waren so beschäftigt, dass die wenigsten von ihnen Notiz
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher