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Blutiger Winter: Ein Oger-Roman (German Edition)

Blutiger Winter: Ein Oger-Roman (German Edition)

Titel: Blutiger Winter: Ein Oger-Roman (German Edition)
Autoren: Stephan Russbült
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der Hoffnung, die Waffe am Griff packen zu können, fuhr Rutrok langsam mit seinen Fingern die Blutrinne hinauf.
    Aber so dicht er sich auch an die Bordwand presste und seinen Arm streckte, er konnte den Griff nicht erreichen. Zwischen Daumen und Zeigefinger versuchte er, die Waffe unter dem verstreuten Hab und Gut herauszuziehen, aber es half nichts: Das Schwert steckte fest. Ungeduldig tastete Rutrok nach einem Stück Stoff zwischen den Trümmern, fand etwas Sackleinen und wickelte dieses um die Klinge. Dann griff er beherzt zu. Mit einem Ruck zog plötzlich jemand am anderen Ende der Klinge und löste sie aus der Umklammerung des Orks. Mühelos schnitt der blanke Stahl durch den Stoff und tief in Rutroks Fleisch.
    Der Ork schrie gequält auf. Er zog seinen Arm aus dem Schiffsrumpf und besah sich die Wunde. Drei seiner Finger waren abgetrennt worden, und quer über den Handballen zog sich ein tiefer Schnitt, der bis auf den Knochen hinunterreichte. Er ließ seine Geierklinge zu Boden fallen und riss einen Fetzen aus seinem Hemd, um diesen um die Wunde zu wickeln und die Blutung zu stoppen.
    Doch da schnellte unvermittelt ein kräftiger Arm aus dem Loch im Rumpf hervor und packte den Ork am Hals. Vergebens versuchte Rutrok, wieder an seine Waffe zu gelangen. Mit Wucht zog ihn sein Widersacher gegen die Planken, als wolle dieser ihn durch die schmale Lücke in der Beplankung ins Innere des Schiffes ziehen.
    Mächtige Schläge wie von einem Kriegshammer dröhnten gegen den Rumpf und brachten das Holz zum Bersten. Die schwere Waffe durchschlug von innen eine weitere Planke und streifte Rutroks Schädel. Halb benommen spürte der Ork, wie er von kräftigen Händen durch die vergrößerte Öffnung in das Innere des Schiffes gezogen wurde. Die überstehenden Holzsplitter rissen tiefe Wunden in seine Seite. Rutrok schrie vor Schmerzen, doch seine Peiniger ließen nicht locker. Noch bevor er wieder richtig zu sich kommen konnte, rammte ihm auch schon jemand einen Schwertknauf ins Gesicht.
    Rutrok taumelte. Er nahm die Gestalten um sich herum nur schemenhaft wahr, aber er war sich sicher, dass es sich um Menschen handelte. Erleichterung durchfuhr ihn. Von allen möglichen Übeln hatte ihn das geringste getroffen. Menschen waren schwach und handelten oft widersprüchlich. Sie bekämpften ihre Feinde selten mit letzter Konsequenz. So geschah es oft, dass sie Tabals Kinder wieder freiließen, anstatt sie zu töten. Händler und Abenteurer rühmten sich damit, seinesgleichen überwältigt und gefangen genommen zu haben, aber es fehlte ihnen an Mut, sie Auge in Auge zu richten.
    »Ist das eins von diesen Viechern?«, fragte jemand.
    »Hast du nicht zugehört?«, blaffte ein anderer den Fragenden an. »Sie sind groß. Der hier misst kaum sechs Fuß. Das ist einer von diesen Orks. Sie leben in kleinen Rudeln in den Bergen.«
    »Es hätte ja sein können, dass es ein Junges ist«, hielt der Erste wieder dagegen.
    Rutrok schöpfte erneut Hoffnung. Es schienen Fremde zu sein, die nach jemandem suchten. Vielleicht konnte er mit ihnen einen Handel schließen, dessen Lohn seine Freiheit war. Alles, was er jetzt zu tun hatte, war, sie davon zu überzeugen, dass sie ihn brauchten.
    »Sprechen diese Orks unsere Sprache?«
    »Ich ... ich kann euch ... helfen«, keuchte Rutrok.
    »Halts Maul, du Scheusal«, drang eine flüsternde Stimme an sein Ohr.
    »So wie es aussieht, besser, als wir dachten«, folgerte jemand Weiteres.
    Erneut traf Rutrok der Schwertknauf ins Gesicht, gefolgt von einem Tritt in die Magengrube. Dann verlor er das Bewusstsein.
 
    Rutroks Schmerzen mussten ihn einen Augenblick übermannt haben, denn als er wieder zu sich kam, befand er sich an Land und saß an einen Felsen gelehnt mit Blick auf das Meer. Unweit vor ihm prasselte ein Feuer, dessen Flammen eine Bedachung aus Ästen und Lederhaut vor dem Regen schützte.
    Um die Lagerstätte herum hatten es sich neun kräftige Menschen bequem gemacht. Ihre langen Haare waren überwiegend zu Zöpfen geflochten, und wilde Bärte bedeckten ihre Gesichter. Trotz des recht kühlen Wetters hatten die Männer Rüstung und Kleidung abgelegt. Auf einem großen Haufen türmten sich Felle und schwere Leinenstoffe, und gleich daneben lag ein Sammelsurium von ledernen Rüstungsteilen.
    Vor dem Feuer zu sitzen und sich von seiner Rüstung und allem überflüssigen Gepäck zu befreien war selbst für einen Ork nichts Ungewöhnliches. Was Rutrok etwas staunen ließ, war die Tatsache, dass
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