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Blutige Nacht: Roman (German Edition)

Blutige Nacht: Roman (German Edition)

Titel: Blutige Nacht: Roman (German Edition)
Autoren: Trevor O. Munson
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sirenenhafte Filmschönheit im Goldenen Zeitalter Hollywoods, als Frauen von einer geheimnisvollen Faszination umgeben waren. Als würden sie alle etwas wissen, das einem selbst unbekannt war, und fänden diese Tatsache amüsant. Sie hätte geradewegs einem alten Schwarzweißstreifen mit Bogart entspringen können. Der einzige Hinweis darauf, dass sie kein Phantasieprodukt meiner vergangenen Tage ist, ist ihr im Stil der 40er Jahre mit vorwärtsgelockter Tolle getragenes, knallbonbonrot leuchtendes Haar. Meine Lieblingsfarbe. Ich bin keiner, der viel lächelt, doch jetzt lächle ich. Ich habe nicht geglaubt, dass es solche wie sie noch immer gibt. Wie schön, dass ich mich da getäuscht habe.
    Von irgendwoher verbreitet eine Seifenblasenmaschine ihre Magie. Die Band stimmt ein altes Posaunenstück an, und Reesa bewegt sich anmutig dazu. Ihre strahlenden Augen kokettieren, als sie die Menge neckt, uns anregende Einblicke auf ihre mondblasse Haut, ihre scharfen Kurven und üppigen Jane-Russell-Brüste mit den kleinen pinkfarbenen Rosenknospennippeln erlaubt. Nennen Sie mich altmodisch, aber genau so sollte ein Strip ablaufen. Die Bezeichnung Striptease suggeriert Nacktheit mit einem gewissen Grad an Witz und Verspieltheit. Nichts davon findet man bei den heutigen Stripperinnen, wenn sie ihrer Arbeit nachgehen. Das ist ein einziges Gewinde und Gezucke, G-String-ins-Gesicht-Strecken und käufliches Erwerben von Fleisch. Hässlich. Eine solche Show lässt einen völlig deprimiert zurück, als wäre man dadurch weniger wert, als wäre man betrogen worden. Nicht dass ich mir das niemals ansehen würde. Das tue ich. Solche Schuppen haben lange auf, und ich bin eher der nachtaktive Typ. Doch Reesa mit ihren roten Federn den Shimmy tanzen zu sehen, erinnert mich an etwas, das ich fast schon vergessen hatte. Es ist, als ob ihre verführerischen Bewegungen einen Zauber weben und mich in der Zeit zurückreisen lassen. Ich fühle mich um Jahre versetzt, ich fühle mich wieder wie ein Kind.
    Ich fühle mich lebendig.
    Der Auftritt geht zu Ende, schneller als der Sommerurlaub. Nachdem er vorbei ist, blinzele ich und sehe mich um, als würde ich aus einer Trance erwachen. Mein Drink ist unbemerkt neben mir abgestellt worden und steht jetzt geschmolzen und unangetastet bei meinem Ellbogen. Um klarzuwerden, schüttle ich den Kopf. Ich muss mich zusammenreißen, schließlich bin ich geschäftlich hier. Und da geht es nicht an, wie ein geifernder Schulknabe aufzutreten.
    Um mit etwas beschäftigt zu sein, schüttle ich eine Kippe heraus und zünde sie an. Der Barkeeper ist unverzüglich zur Stelle, um das äußerst populäre Spielchen zu spielen, sich mit einem Raucher anzulegen.
    »Es tut mir leid, mein Herr, aber Sie müssen sie ausmachen. Im Tropicana ist Rauchen nicht erlaubt«, sagt er.
    Er hört sich nicht so an, als ob es ihm sehr leidtäte. Er hört sich vielmehr so an, als erfreute er sich daran, mir meinen schönen Abend zu verderben. Ich halte ihn mit Blicken fest – meinem hypnotischen Starren kann man sich genauso wenig widersetzen wie den Traktorstrahlen bei Star Trek  – und sage ihm: »Ich rauche nicht.«
    Ein glasiger, dümmlicher Ausdruck überzieht sein rötliches Gesicht. »Sie rauchen nicht«, wiederholt er.
    »So ist es. Und jetzt geben Sie mir ein leeres Scotchglas, das ich als Aschenbecher benutzen kann.«
    Er nickt, sagt nichts, sondern macht es einfach.
    »Und jetzt lassen Sie mich in Ruhe, bis ich Sie rufe.«
    »Jetzt lasse ich Sie allein«, murmelt er.
    Untot zu sein hat viele Nachteile, aber es hat auch seine Vorzüge. Der hypnotische Blick ist einer davon.
    Grinsend blase ich eine Wolke Rauch in das Gesicht des Typen, als er aufsteht, um sich an die Kasse zu stellen, die ihm gleichzeitig als Stütze dient.
    Pause. Das Licht geht an. Die Stammkunden – Schwule genauso wie Lesben und Perser – gehen nach draußen. Ich rauche und versuche die Schmetterlinge zu ignorieren, die wie sterbende Fische in meinem Bauch herumzappeln, während ich auf Reesas Gesellschaft warte. Ich beruhige mich damit, dass sie bei näherer Betrachtung bestimmt nicht einmal mehr halb so attraktiv ist. Dass sie das ja gar nicht sein kann. Ich habe nur eine einzige Lady getroffen, bei der es so war. Das hier war nur eine Illusion, die durch die Entfernung, das Make-up und das Licht erzeugt wurde. Aus der Nähe würde ich die Schwachstellen sehen, die Risse in ihrem Venus-von-Milo-Teint, die Sprünge in ihrem
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