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Blutige Nacht: Roman (German Edition)

Blutige Nacht: Roman (German Edition)

Titel: Blutige Nacht: Roman (German Edition)
Autoren: Trevor O. Munson
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lange, ansteigende Strecke zu bewältigen. Das passt ziemlich gut.
    »Was geht denn hier nur ab? Ich weiß nicht, was hier abgeht«, sagt er mit der Stimme eines verängstigten neunjährigen Jungen.
    »Die Sache ist die«, erkläre ich, während ich meinen Bogart-Hut aus Filz abnehme und neben dem Waschbecken ablege, wo er gut aufgehoben und nicht im Weg sein wird. »Ich bin hier im Auftrag von jemandem, den du wirklich gut kennst.«
    »Wer?«
    »Elizabeth Lowery.«
    Bei der Erwähnung des Namens werden seine Augen riesengroß. Das Schrubben hört auf. Er dreht sich um und sieht mich an. »N-nein. Ich habe nicht … Das war nicht ich. Die … die Bullen hatten den Falschen geschnappt. Deshalb haben sie mich wieder gehen lassen. Sie hatten den Falschen erwischt.«
    »Ts-ts. Sie hatten den Richtigen erwischt. Sie haben dich nur deshalb gehen lassen, weil Elizabeth zu viel Angst vor dir hatte, um gegen dich auszusagen. Stimmt das etwa nicht?«
    »Nein.«
    »Also, mir ist zu Ohren gekommen, dass die Ärzte, als du mit ihr fertig warst, Teile zusammennähen mussten, die man eigentlich nicht zusammennähen müssen sollte.«
    »Nein, du hast das falsch verstanden. Ich schwöre bei Gott, das hast du falsch verstanden.«
    »Du schrubbst ja gar nicht mehr.« Ich lege die Waffe ab – ich brauche sie eigentlich gar nicht, sie dient vielmehr der Show als irgendetwas anderem – und zünde mir eine Zigarette an.
    Er nimmt die Arbeit wieder auf und schrubbt vor sich hin, während er versucht, sich einen Reim auf das Ganze zu machen.
    »Also wie jetzt? Sie … sie hat dich angeheuert, damit du hierherkommst?«
    »Nein, ich habe sie nie getroffen. Das war meine Idee. Man könnte es eine Art Hobby nennen«, sage ich und gebe mir alle Mühe, eine gute Figur als rauchender Schlot abzugeben.
    »Es tut mir leid. Es tut mir leid. Ich hätte das nicht tun sollen. Das war falsch und … und es tut mir leid«, wimmert er.
    »Schon okay. Ich verstehe das.«
    »W-w-w-wirklich?«
    »Klar. Du fügst Frauen gern Schmerzen zu. Ich kannte mal einen wie dich. Er hat Frauen auch gern Schmerzen zugefügt. Der einzige Unterschied dabei war, der Alte war mein Vater und die Frau, der er die Schmerzen zugefügt hat, meine Mutter. Ich war noch zu klein, um ihn daran zu hindern, er hat sie zu Tode geprügelt und ist ins Gefängnis gekommen …« Ich schüttle den Kopf und stoße Rauch aus. »So etwas lässt einen nicht mehr los.«
    Das Schrubben hört erneut auf. Ensinger dreht sich neben der Wanne zu mir um und schaut mir zu, wie ich den Knoten meiner Krawatte löse und sie abnehme. »Klar, meine Mutter hat sich ihn ausgesucht. Aber Elizabeth Lowery hat noch nicht einmal diese Möglichkeit gehabt, oder? Sie konnte diese Entscheidung niemals treffen, weder in die eine noch in die andere Richtung, weil sie gar nicht wusste, dass es dich gibt. Und wenn sie es gewusst hätte, dann hätte sie dich einfach links liegenlassen, oder, Mikey? Und genau das turnt dich so richtig an, nicht wahr? Das ist der Grund, warum du dir genau diejenigen aussuchst, die du dir aussuchst.«
    Ensinger starrt mich einfach nur an, die blanke Tatsache festgefroren in seinen Gesichtszügen.
    »Jetzt sauber spülen.«
    Ich drückte die Kippe im Waschbecken aus und lasse sie in eine verschließbare Plastiktüte fallen, die ich neben anderen Gegenständen – wie Phiolen aus Glas, Trichter, Ballknebel, Bügelsäge – in meiner Arzttasche aufbewahre.
    Mit zitternden Händen dreht Ensinger an den Hähnen, stellt den Duschkopf an und spült die grauen Schaumblasen den Abfluss hinunter. Als er damit fertig ist, lehnt er sich mit dem Rücken an die Wanne und schaut zu mir hoch.
    »Gute Arbeit.« Ich nehme den Revolver wieder auf und gestikuliere damit herum. »In die Wanne.«
    »Bitte, bitte, tu mir nicht weh.«
    »Ich wiederhole mich nicht gern. Das macht mich sauer. So richtig sauer, falls du es genau wissen willst. Steig jetzt in die Wanne.«
    An meinem Blick kann er erkennen, dass es keine weitere Diskussion geben wird. Er steht auf und steigt hinein.
    »Stöpsel in den Abfluss.«
    Mit einem Schluchzer verschließt er den metallischen Stöpsel und starrt mich mit demselben fiebrig-glasigen Blick an, wie eine Kuh ihren Metzger ansehen muss, ehe die scharfe Klinge ihr den Hals durchschneidet – so stelle ich mir das zumindest vor.
    »Ich werde es nie wieder tun. Ich schwöre bei Gott, ich werde es nie wieder tun.«
    Ich lasse los, denn ich habe die Schwelle bereits
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