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Blutige Fehde: Thriller (German Edition)

Blutige Fehde: Thriller (German Edition)

Titel: Blutige Fehde: Thriller (German Edition)
Autoren: Stuart Neville
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Aber etwas hatte es ausgelöst. Eine Frau mit einem Säugling in den Armen, eine Frau mit einem weichen, traurigen Lächeln, die ihm einmal Gnade erwiesen hatte. Im ersten Moment dachte er, sie sei gekommen, um ihn in ihrer Welt willkommen zu heißen, wo immer die auch sein mochte. Aber dann war sie wieder verschwunden, und plötzlich wollte er hier raus, trotz aller Erschöpfung.
    Irgendwie trugen ihn seine Beine bis in den Flur. Um Halt zu finden, tastete er sich an den Wänden entlang. Er hielt auf das Licht zu, aber dann stolperte er über etwas Hartes, Kantiges. Bulls umgestürzter Rollstuhl, begriff er, als er sich daraus befreit hatte. Als er weiterkroch, ertastete er zwei Beine. Das eine war steif und unbeweglich, das andere trat um sich.
    Fegan erkannte das breite Kreuz, die mächtigen Schultern und die fleischigen Hände, sie umklammerten etwas. Er warf sich auf O’Kanes Rücken, legte seine Arme um den massigen Brustkorb und zog.
    Der alte Mann schrie auf, aber Fegan zerrte ihn weiter in dieSchwärze hinein. Der Rauch attackierte seine Augen und seine Kehle, und O’Kane wehrte sich, dennoch zog Fegan ihn weiter. Die Klarheit und Kraft, die in Maries Sterbezimmer über ihn gekommen war, begann zu schwinden. Er zog noch fester, O’Kanes Gewicht zerrte an seinen Armen.
    O’Kane stieß die Hände vor und versuchte, an Fegans Augen zu kommen. Fegan schob sich die wulstigen Finger in den Mund und biss zu. O’Kane quiekte wie ein Schwein im Schlachthof, sein Blut vermischte sich im Mund mit Fegans eigenem.
    Die Hitze schwoll immer stärker an. Fegan roch verbrannte Haare und spürte, wie die Haut in seinem Nacken Blasen warf. Durch den Rauch hindurch sah er, wie sich von der Treppe her die Flammen hinter ihm auftürmten. Er wuchtete O’Kane näher zu sich und kämpfte gegen die anstürmenden Wellen von Übermüdung und Übelkeit an. Schließlich spürte er unter seinem Fuß die oberste Treppenstufe.
    O’Kane schrie auf, als er das Feuer unter sich sah, das schon durch die Rauchwolken stieß und die beiden Männer hell erleuchtete. Verzweifelt versuchte er, das Geländer zu umklammern, aber Fegan zerrte seinen Körper unweigerlich zur Kante. Mit einem letzten Stoß warf er O’Kane den Flammen entgegen, aber im selben Moment klammerten sich Bulls Hände an seine Kleidung. Alles um ihn herum drehte sich, eine Holztreppe raste auf ihn zu, die ihm unweigerlich die Rippen und Schulterblätter brechen würde. Als O’Kanes massiger Körper ihn eigentlich schon durch den Qualm in die Feuersbrunst mitriss, bekam er im allerletzten Moment das Geländer zu fassen. Das Feuer verschlang Bull, und dann war alles, was Fegan noch hörte, sein eigenes Schreien.
    Mit letzter Kraft zwang er sich, seine Arme und Beine zu bewegen und sich am Geländer hochzuziehen. Er versuchte zu atmen, aber schon bei der kleinsten Bewegung fuhr ihm ein höllischer Schmerz in die Rippen. Über sich konnte er durch denRauch ein Licht erkennen. Er kletterte darauf zu und kämpfte so lange gegen den Schmerz an, bis er ihn nicht mehr spürte. Je weiter er nach oben kam, desto heller wurde das Licht. Wie viele Stufen war er hinuntergefallen? Allzu viele konnten es nicht gewesen sein. Trotzdem schienen sie auf dem Weg nach oben nicht enden zu wollen, schließlich zählte er sie nicht mehr.
    Er kletterte weiter, bis er auf einmal nur noch von Licht umgeben war und alles vergaß, was ihm je vertraut gewesen war, alles, bis auf einen goldenen Tag in Belfast, er lag noch gar nicht lange zurück. Damals hatte Ellen McKenna seine Hand gehalten.
    Fegan fiel hin, und die harten Treppenstufen drückten sich so sanft an seine Wange und seine Brust, als seien sie Luft. Der Schlaf lud ihn ein wie eine warmherzige Umarmung. Fegan lauschte, und die ganze weite Welt rauschte an seinen Ohren vorbei.
    Mit einer ebenso unerklärlichen wie einfachen Gewissheit begriff er, dass sein Herz aufgehört hatte zu schlagen. Das Pfeifen in seinen Ohren wurde stärker. Blitze zuckten vor seinen Augen. In dem schwarzen Fluss, der ihn umtoste, tauchten Gesichter auf, einige freundlich und liebevoll, andere furchtsam und hasserfüllt. Auch seine Mutter war darunter, und Fegan erinnerte sich wieder an die Felsenküste von Portaferry, wo sie ihn an den Händen gehalten und im Kreis herumgewirbelt hatte. Leichter als die Luft waren seine Füße über der Erde geschwebt, er und seine Mutter lachten, dann wurde ihm schwindelig, und er bekam es mit der Angst zu tun, aber das Lachen
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