Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Blutige Fehde: Thriller (German Edition)

Blutige Fehde: Thriller (German Edition)

Titel: Blutige Fehde: Thriller (German Edition)
Autoren: Stuart Neville
Vom Netzwerk:
gewann trotzdem die Oberhand. Seine Mutter und er drehten und drehten sich so lange, dass er dachte, sie würden sich für immer drehen, aber dann kam der Blitz, und es war vorbei.
    Mit Sonne und Salz auf der Haut trat Gerry Fegan der Ewigkeit entgegen.

102
    Lennon legte Ellen im Gras ab. Ihr blasses Gesicht schaute in den Himmel. Irgendwo in der Ferne heulten Sirenen. Er hielt ihr die Nase zu und legte seinen Mund auf ihren. Ihre Brust hob sich, als er sanft blies, und fiel wieder zusammen, als er den Mund wegnahm. Er beatmete sie noch einmal und versuchte sich dabei verzweifelt an die Gebete zu erinnern, die seine Mutter immer gesprochen hatte. Diesmal hustete Ellen, als er seinen Mund wegnahm. Beim nächsten Mal röchelte sie, drückte kurz den Rücken durch und hustete wieder. Ihre Augenlider flatterten, gingen aber nicht auf. Aber ihre Brust hob und senkte sich von allein.
    Er legte sein Ohr an ihr Herz, drückte seine Wange an ihre und ließ ihre Wärme mit seiner verschmelzen. Seine letzte Kraft schwand dahin, und er brach neben ihr auf dem Gras zusammen. Er rollte sich auf den Rücken und nahm ihre Hand. Ihre Finger zuckten zwischen seinen. Aus den obersten Fenstern des Herrenhauses loderte Feuer. Er wusste, dass tief in ihm die Trauer auf ihn wartete, aber vorerst hielt seine Erschöpfung sie noch in Schach. Die Trauer würde warten müssen.
    Rauchfahnen kräuselten sich in den blauen Himmel. Krähen flogen durch sie hindurch und krächzten angsterfüllt. Die Sirenen kamen näher, aber ihre Ankunft bekam Lennon nicht mehr mit.

103
    Er kroch, die nackte Angst scheuchte ihn weiter. Da vorne war Licht, nur ein paar Meter weit weg. Seine Lungen schrien vor Schmerz. Überall Hitze. Reiner Überlebenswille.
    Und Hass.
    Er reckte die Arme vor, krallte sich in den Teppichboden, zog.
    Hass.
    Hass kann einen Mann weit tragen.
    Weit über den Schmerz hinaus.
    Selbst wenn das Bewusstsein schon erloschen ist, kann der Hass den Körper noch weitertragen.
    Bis ans Licht.
    Das Licht ist kühl und klar.
    Wie ein Teich mit sauberem Wasser, das zur Linderung einlädt.
    Nur noch ein halber Schritt.
    Zwanzig Zentimeter.
    Drei Zentimeter.
    Luft. Gütiger Himmel, diese Luft, so kühl, so klar.
    Dann der Fall.
    O Gott, dieser Schmerz.
    Schmerz, Schmerz, geh weg, komm ein andermal wieder.
    Der Nomade schrie.Der Nomade atmete. Der Nomade lachte. Der Nomade kroch.

Epilog
    Ellen hatte die Hände im Schoß gefaltet und starrte vor sich hin. Wie klein sie doch aussah auf Lennons großer Ledercouch. Er hatte ein Vermögen dafür ausgegeben. Besser gesagt, er hatte ein Vermögen dafür geliehen . Und jetzt wirkte sie einfach nur noch lächerlich, genau wie der ganze andere Müll, den er die ganzen Jahre über angesammelt hatte.
    Lennon setzte sich Ellen gegenüber hin. »Gleich kommt Susan«, sagte er.
    Ellen antwortete nicht.
    »Sie bringt Lucy mit. Lucy magst du doch.«
    Ellen schaute auf ihre Hände. Sie machte mit den Fingern irgendwelche Zeichen, so als würde sie in einer Geheimsprache kommunizieren.
    »Ich bleibe nicht lange weg«, sagte Lennon. »Nur ein paar Stunden. Und wenn ich dann wiederkomme, können wir einen Film anschauen. Den du so magst, den mit den Fischen.«
    Sie faltete wieder die Hände und starrte auf einen Punkt hinter Lennon. Ihre Augen beobachteten etwas, beinahe so, als verfolge sie, wie ein Mensch sich durch das Zimmer bewegte.
    Für heute war die letzte nichtöffentliche Sitzung der Sonderermittlungseinheit angesetzt. Dan Hewitt würde in den Zeugenstand treten und Lennons Aussage bestätigen. Lennon hatte auch nicht den Hauch eines Schuldgefühls dabei empfunden, als er ihnerpresste. Niemand brauchte je zu erfahren, dass die Schusswunde in Hewitts Bein nicht zustande gekommen war, weil sich beim Reinigen seiner Dienstwaffe versehentlich ein Schuss gelöst hatte.
    Vor ein paar Tagen hatte Uprichard Lennon beiseitegenommen und ihm versichert, die disziplinarischen Maßnahmen würden gelinde ausfallen. Vermutlich werde man ihn um einen Dienstgrad zurückstufen, aber er werde in der alten Gehaltsstufe bleiben. Hauptsache, kein Wirbel, hatte der Chief Inspector gesagt, ohne ihm dabei in die Augen sehen zu können.
    Es klingelte, und Lennons Aufmerksamkeit wurde wieder auf die Gegenwart gelenkt. Er ging zur Tür und machte Susan auf, der geschiedenen Frau, die mit ihrer Tochter Lucy über ihm wohnte. Lucy hatte eine ganze Tasche voller Spielsachen dabei. Wie schon bei anderen Gelegenheiten, wenn sie zu Besuch
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher