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Blutgold

Blutgold

Titel: Blutgold
Autoren: B McGilloway
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eskortierten, aus. Schließlich öffnete der Wachmann seine Tür
und wartete darauf, dass das Zeitschloss klickte. Er war zwei Minuten zu früh
dran. Vielleicht blieb noch Zeit für eine Zigarette.
    Sie alle
hörten zur gleichen Zeit den Alarm. Instinktiv kletterte der Wachmann zurück in
den Transporter und schlug die Tür zu. Ebenso instinktiv brachten vier Soldaten
ihre Waffen in Anschlag.
    Instinktiv
drehte der Mann in der Bank sich um und rannte los, die Waffennachbildung noch
in der Hand. Er stolperte durch die Tür hinaus auf den Parkplatz. Vielleicht
fragte er sich, wieso die Polizei so schnell zur Stelle war. Vielleicht glaubte
er, wenn er die Hände hob, würden sie nicht schießen. Er irrte sich.
    Patterson
hatte den Anruf auf dem Rückweg vom Carrowcreel erhalten. Als wir ankamen, lag
die Leiche des Mannes noch auf dem Bürgersteig. Die Wucht der Schüsse aus den
Automatikwaffen hatte ihn mehrere Schritte zurück Richtung Tür geschleudert.
Seine Beine waren ausgestreckt, die Arme hinter ihm unnatürlich gekrümmt und
verdreht. Er lag mit dem Gesicht zum Himmel da, die Haut über den Wangenknochen
war straff gespannt, der Mund stand offen, der Kiefer hing herab. In der Brust
hatte er mehrere Einschüsse und einen weiteren in der Stirn. Vermutlich hatte
er sich die Hände vors Gesicht gehalten – eine letzte aussichtslose Reaktion seines
Überlebensinstinkts –, denn in der rechten Handfläche befand sich ein Loch, das
an Christi Wunde erinnerte, in die der ungläubige Thomas den Finger hatte legen
dürfen.
    Sein Kopf
lag auf dem Kiesweg, leicht zur Seite gedreht, kleine Steinchen klebten an seiner
Wange. Hinter seinem Kopf breitete sich langsam eine Aureole aus Blut aus, das
an der Oberfläche bereits gerann. Die Waffennachbildung, die er geschwenkt
hatte, als er aus der Bank gestürmt war, lag mit zertrümmertem Gehäuse mehrere
Schritte von ihm entfernt.
    John Mulrooney, unser hiesiger Arzt, hatte den Mann bereits für tot
erklärt. Nun stand er mit dem Rücken zur Leiche und rauchte die Zigarette, die
ich ihm angeboten hatte, während das Spurensicherungsteam den Toten
untersuchte.
    »Multiple Schusswunden. Ich schätze, die in der Stirn hat ihn getötet,
aber selbst wenn nicht, hätte eine der Wunden in seinem Rumpf das vermutlich
erledigt. Irgendeine Idee, wer er ist?«
    » War «, sagte Patterson. »Sieht aus wie ein
Ausländer.«
    Diese messerscharfe Beobachtung wurde sogleich auf die Probe gestellt.
Einer der Spusis brachte uns die Brieftasche des Mannes, die ein Foto einer
Frau und Kleingeld im Wert von knapp unter einem Euro enthielt. Im Fach für das
Papiergeld steckte ein Führerschein mit einem Foto des Toten. Sein Name lautete
Joseph Patrick Mackey, seine Adresse lag in Coolatee. Hinter dem Führerschein
fand ich eine kleine gefaltete Gebetskarte, verfasst in einer Sprache, die ich
nicht kannte.
    »Russisch?«, schlug Mulrooney vor.
    »Weiß der Himmel«, sagte ich. »›Joe Mackey‹ klingt allerdings nicht
besonders russisch, oder?«
    »Finden Sie’s raus«, sagte Patterson und reichte mir die Autoschlüssel.
»Nehmen Sie eine Frau mit, wenn Sie die Angehörigen benachrichtigen.«
    Etwas
fühlte sich falsch an, noch bevor ich an die Tür klopfte. Das Haus in Coolatee
war riesig, stand ein Stück von der Straße zurückgesetzt und verfügte über eine
geschwungene Auffahrt, die bis vor die Haustür führte. Eine eineinhalb Meter
hohe Trockenmauer umgab das Grundstück, und vor der Garage stand ein neu
zugelassener Avensis. Irgendwie wollte das nicht zu dem unrasierten Bankräuber
mit der abgerissenen Kleidung und der so gut wie leeren Brieftasche passen.
    »Hübsches
Fleckchen«, sagte Helen Gorman. Ich hatte sie auf der Wache abgeholt. Helen war
eine uniformierte Polizistin, mit der ich bei früheren Fällen
zusammengearbeitet hatte. Dies war jedenfalls nicht das erste Mal, dass sie
mich beim Überbringen solcher Nachrichten begleitete.
    Eine Frau, die wir für Mrs Mackey hielten, öffnete uns die Tür.
Allerdings hatte sie keinerlei Ähnlichkeit mit der jungen Frau auf dem Foto,
das wir in der Brieftasche des Toten gefunden hatten. Mrs Mackey war über
fünfzig, hatte gebräunte Haut und platinblondes Haar.
    »Mrs Mackey?«, fragte ich leicht ungläubig.
    »Ja«, sagte sie und lächelte verwirrt. »Stimmt etwas nicht?«
    »Wir gehen besser hinein, Ma’am«, sagte Gorman. Mrs Mackey hörte das
Unausgesprochene in diesen Worten, Grauen malte sich in ihrer Miene ab.
    Doch sie blieb
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