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Blutgold

Blutgold

Titel: Blutgold
Autoren: B McGilloway
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in
seiner Heimat geflohen. Der Tschetschenienkrieg mag vorbei sein, Inspektor,
aber das Morden kann weitergehen, wie in Nordirland.«
    »Was hat Sie hierhergeführt?«
    »Arbeit. Die Chance, etwas Geld zu verdienen, das ich meiner Frau
schicken kann.«
    »Sie haben Ihre Frau in Polen zurückgelassen?«
    »Und unsere beiden Kinder. Ich arbeite hier zwei Jahre und verdiene so
viel wie in Polen in zehn Jahren.«
    »Aber Sie müssen Ihre Familie doch vermissen. Ihre Kinder vermissen
doch bestimmt ihren Vater.«
    »Es wird sie über der Armutsgrenze halten – das ist das kleine Opfer,
das ich bringen muss, um für sie zu sorgen, wie ein Vater es tun sollte. Kinder
müssen zu ihrem Vater aufsehen können.«
    Ich deutete auf die Narbe an seiner Schläfe. »Ist das hier passiert
oder drüben?«
    »Hier. Kurz nachdem ich hierhergekommen war. Ich habe damals für den
Mindestlohn in einer Nahrungsmittelverpackungsfirma gearbeitet. Eines Abends
sind sie über mich hergefallen. Haben mir gesagt, ich brauche am nächsten Tag
nicht mehr zu kommen. Solche wie ich wären nicht erwünscht. Sie sagten, sie
würden mich umbringen, wenn ich wiederkäme.«
    »Was haben Sie getan?«
    »Was würden Sie tun, Inspektor?«, fragte er trotzig.
    Ich nickte. »Danke für Ihre Hilfe.«
    Als
ich an diesem Abend nach Hause kam, waren die Kinder bereits im Bett. Debbie
hatte mir das Abendessen aufbewahrt, und während ich darauf wartete, dass es in
der Mikrowelle heiß wurde, zeigte ich ihr die Schachtel von Orcas.
    »Ein
Geschenk«, erklärte ich, als sie die Augenbrauen hob. »Von John Weston.«
    Schon halb lächelnd öffnete sie die Schachtel, doch als sie die Kette
sah, verzog sie den Mund zu einem stummen Oh. »Himmel, Ben«, flüsterte sie.
»Die ist wunderschön.«
    Ich konnte ihre Begeisterung nicht so recht teilen, daher nickte ich
nur.
    »Wofür ist die?«, fragte sie.
    »Zum Um-den-Hals-Legen«, antwortete ich, was mir einen Klaps auf den
Arm eintrug.
    »Du weißt genau, was ich meine«, sagte sie fröhlich, öffnete den
Verschluss, nahm den Schmuck aus der Schachtel und wog ihn in der hohlen Hand.
    »Das frage ich mich ja selbst«, sagte ich. »Sollen wir sie wirklich
behalten?«
    Debbie sah mich mit hochgezogenen Brauen an, als wollte sie sagen: Wag
es ja nicht, sie mir wieder wegzunehmen.
    »Warum nicht? Wie viele Vergünstigungen bekommst du denn schon?«,
fragte sie und hielt sich die Kette um den Hals. »Mach mir mal den Verschluss
zu.«
    Sie hatte sich die Haare kurz schneiden lassen, sodass ihr schlanker
Nacken zur Geltung kam. Ich ließ den Verschluss der Kette zuschnappen und
strich mit den Fingern über die Haut ihrer Halsbeuge. Sie tätschelte mir die Hand,
dann stellte sie sich in der Diele vor den Spiegel .
    »Wunderschön«, flüsterte sie ehrfürchtig.
    »Und die Kette ist auch nicht übel«, fügte ich hinzu.
    Lächelnd wandte sie sich zu mir um und sah mich auf eine Weise an, die
jedes weitere Wort überflüssig machte.

3
    Samstag, 30. September –
Montag, 2. Oktober
    Den
Samstagvormittag verbrachte ich in einer Besprechung mit Patterson, um die
Sicherheitsvorkehrungen für Cathal Hagans Besuch zu erörtern. Patterson betonte
mehrfach die Bedeutung dieses Besuchs sowie die Notwendigkeit, dass die Polizei
eine gute Figur abgab. Er wollte die übrigen beteiligten Behörden koordinieren,
ich sollte mich um die örtlichen Maßnahmen kümmern.
    Nach der
Besprechung verbrachte ich eine Stunde mit der Formulierung eines Aufrufs, in
dem die Polizei um Informationen über den toten Tschetschenen bat. Schließlich
erreichte ich Marie Collins, obwohl es Samstag war, indem ich den Rektor des
Tech kontaktierte und um ihre Telefonnummer bat. Sie übersetzte mir den kurzen
Aufruf am Telefon ins Polnische, Russische und Tschetschenische, wobei sie mir
die einzelnen Versionen buchstabierte. In dem Aufruf versicherte ich, dass hier
niemand wegen illegaler Einwanderung überprüft werden sollte, sondern wir
lediglich versuchten, Angehörige des fraglichen Mannes zu finden. Die Tatsache,
dass er tot war, erwähnte ich nicht.
    Dann setzte ich mich mit sämtlichen Krankenhäusern in der Umgebung
sowie den Dienststellen von An Garda und der nordirischen Polizei PSNI in Verbindung. Ich schätzte, falls der Mann lebende Angehörige in der Gegend
hatte, würden sie sich schließlich an irgendeine öffentliche Einrichtung
wenden, um ihn zu finden. Ich hinterließ überall die Nachricht, dem
Betreffenden in diesem Fall meine Telefonnummer zu
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