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Blutgold

Blutgold

Titel: Blutgold
Autoren: B McGilloway
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ohne Begleitung da waren; ich entdeckte sogar einen
Kellner hier aus der Gegend, Patsy McCann, der ebenfalls Campingausrüstung aus seinem
Kofferraum auslud.
    Wir stiegen aus. Patterson steuerte schnurstracks auf den Campingbus zu
und setzte sich bereits die Mütze auf den kugelrunden Kopf. Ich ging hinüber zu
Patsy McCann und nutzte dabei die Gelegenheit, mir eine Zigarette anzuzünden.
    »Was ist denn hier los, Patsy?«, fragte ich und bot ihm auch eine
Zigarette an.
    »Kommen dem Ansturm zuvor, Ben«, warf er mir über die Schulter zu, ohne
im Ausladen innezuhalten. »Nein, danke«, fügte er hinzu und nickte in Richtung
der Zigarettenschachtel.
    »Was für ein Ansturm?«
    »Der Goldrausch, Mann, was sonst«, sagte er und zog angesichts meiner
Unwissenheit eine Augenbraue hoch.
    Ich lachte, denn ich nahm an, es hätte mit dem Rekordgewinn zu tun, den
Orcas gerade bekannt gegeben hatte. Ich irrte mich.
    Patsy drehte sich zu mir um und reichte mir die Lokalzeitung, dann
wandte er sich wieder ab. Nachdem er den Kofferraum geleert hatte, zerrte er
einen Rucksack vom Rücksitz, an dem ein altes Küchensieb festgebunden war. Ich
faltete die Zeitung auseinander. Die Geschichte sprang mir sofort ins Auge.
Unter der Schlagzeile GOLDRAUSCH IN IRLAND ?
war das Foto eines Mannes in mittleren Jahren abgebildet, der ein Nugget von
der Größe eines Pennys hochhielt.
    Der Mann hieß Ted Coyle. Er campierte nun schon seit drei Wochen in
diesem Waldgebiet, ohne dass jemand davon gewusst hatte. Er sei der Goldmine
wegen hierhergekommen, sagte er, weil er glaube, es sei ihm bestimmt, das große
Los zu ziehen. Coyle klang wie ein Geistesgestörter. Doch wenn dem so war, dann
würde er dem Artikel zufolge bald ein reicher Geistesgestörter sein. Das
Goldnugget in seiner Hand könnte ihm ein Vermögen einbringen, behauptete der
Autor. Coyle hatte das Nugget beim Goldwaschen im Carrowcreel gefunden.

2
    Freitag, 29. September
    An
jedem letzten Freitag im Monat werden die Bargeldvorräte aller Banken im
Ostdonegal für den Gehaltstag aufgestockt. Ein Geldtransporter mit manchmal
über zehn Millionen Euro fährt langsam von Bank zu Bank durchs ganze County.
Auf dieser Fahrt über einsame Landstraßen und Bergpässe wird seine Sicherheit
nicht nur durch die Panzerung der Wagen und die Zeitschlösser garantiert,
sondern darüber hinaus durch eine Eskorte: je ein Garda-Wagen vor und hinter
dem Geldtransporter sowie davor und dahinter wiederum zwei Jeeps der irischen
Armee mit bewaffneten Soldaten. Das Bargeld wird eilig in die jeweilige
Bankfiliale gebracht, während draußen Soldaten mit M16-Maschinengewehren die
Straße säumen. Die Botschaft ist unmissverständlich. Nur ein Idiot würde an
diesem Tag versuchen, eine Bank zu überfallen. Oder jemand, der so verzweifelt
ist, dass es ihm gleich ist.
    Ob der
Mann, der beschloss, an diesem Vormittag die Lifforder Filiale der Ulster Bank
zu überfallen, davon wusste, ist zweifelhaft. Er hatte die Bank um kurz nach
elf betreten, als einer der beiden Kassierer in die Teepause gegangen war. Er
war unrasiert, seine Haut fahl, die Haare zerzaust. Er trug eine blaue Jeans,
die ihm eine Nummer zu groß war, und einen bunten Pulli, dessen Saum sich
auflöste. Eine Jacke trug er nicht. Er sah sich in der Filiale um, dann
schlurfte er zum Ständer mit den Formularen, als wolle er ein
Überweisungsformular ausfüllen. Die junge Frau am Schalter, Catherine Doherty,
wurde misstrauisch. Sie griff unter die Theke und legte den Finger sachte auf den
Alarmknopf, der sich dort verbarg, bereit, notfalls den Alarm auszulösen.
    Der Mann blätterte die Formulare durch. Dann ging er zum
Kassenschalter, anscheinend ohne zu bemerken, dass die Glasscheibe vor ihm fünf
Zentimeter dick und kugelsicher war. Hinter der Scheibe strich Catherine
Doherty sich die Haare aus dem Gesicht und lächelte. Dann sagte sie: »Guten
Tag.« Der Mann schrie etwas, das sie nicht verstand, zog eine Pistole aus dem
Hosenbund und schwenkte sie drohend vor der Scheibe hin und her. Da hatte
Catherine Doherty selbstverständlich bereits den Alarmknopf gedrückt. Dann
duckte sie sich unter die Theke und wartete.
    Der
Geldtransporter, der in Lifford zwei Geldkassetten abliefern sollte, parkte um
drei Minuten nach elf Uhr vor der Filiale der Ulster-Bank. Der Wachmann im
Wagen verzeichnete die Uhrzeit auf seinem Berichtsblatt und wartete, bis die
Soldaten vor ihm aus ihrem Fahrzeug stiegen. Als Nächstes stiegen die
Polizisten, die ihn
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