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Bluterde

Bluterde

Titel: Bluterde
Autoren: Claudia Praxmayer
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um viel für Sie«, erklärte Sikibi, immer noch freundlich. McAllister hatte zwischenzeitlich die Fotos aus seiner Tasche geholt und klatschte sie vor Nbeli auf den Tisch.
    »Kennen Sie diese Fotos?«
    Der Geschäftsführer blickte flüchtig von seinen Händen hoch, dann schüttelte er den Kopf. Dieser kurze Moment reichte McAllister, um seine unnatürlich geweiteten Pupillen zu registrieren. Er hatte Angst.
    »Seltsam. Die haben wir in Ihrem Safe gefunden.«
    McAllister beugte sich über den Tisch und schob langsam die Fotos auseinander.
    »Die haben Sie gemacht, stimmt’s?«
    Wieder schweifte Nbelis Blick zum Fenster. Sein Mund war dünn wie ein Strich.
    »Maurice, wer sind diese beiden Männer?«
    McAllister betonte jedes Wort, während er mit dem Finger auf das Foto klopfte. Nbeli saß reglos wie ein Stein, nur seine Brust hob und senkte sich schnell. Christopher Sikibi sog hörbar die Luft ein, dann lehnte er sich schwer auf die Tischplatte.
    »Jetzt hör mal gut zu, mein Freund. Du bist in diese Coltan-Scheiße und in die Entführung einer Deutschen verwickelt. Sieht schlecht aus für dich.«
    Sikibi machte eine strategische Pause und sah Nbeli bedeutungsschwanger an.
    »Du kannst es dir fünf Minuten überlegen: Entweder du kooperierst oder wir lassen dich in irgendeinem ruandischen Provinzgefängnis verrotten. Zwanzig Jahre, schätze ich. Wenn du zehn davon überlebst, bist du gut und an jedem Tag, an dem du dort deinen Arsch an die Wand bringen musst, wirst du dir wünschen, du hättest den Mund aufgemacht. Das schwöre ich dir.«
    Ohne ein weiteres Wort schob Sikibi seinen Stuhl zurück, stand auf und verließ den Raum. McAllister steckte die Fotos ein und folgte ihm.
    »Er wird reden«, sagte Sikibi, während er den Gefangenen durch das winzige Fenster in der Tür beobachtete.
    »Ich hoffe es«, antwortete McAllister, ging zu dem vorsintflutlichen Getränkeautomaten und zog eine Flasche Wasser. Als sie wieder zu Nbeli zurückkehrten, stellte er die Flasche auf den Tisch und legte die Fotos daneben.
    »Nachgedacht?«
    Nbeli griff nach der Flasche und trank in gierigen Schlucken.
    »Was ist für mich drin?«
    Sikibi sah ihn freundlich lächelnd an.
    »Das hängt ganz davon ab, was du uns erzählst. Aber ich könnte mich zum Beispiel dafür einsetzen, dass du hier in Kigali deine Strafe absitzen kannst. Wenn du einen wesentlichen Beitrag zur Aufklärung dieses Falles leistest, bist du in ein paar Jahren wieder draußen. Es liegt ganz bei dir.«
    Sikibi lehnte sich zurück und verschränkte die Arme hinter dem Kopf.
    »Also, noch einmal: Wer sind diese Männer?«
    McAllister angelte sich ein Foto und hielt es Nbeli dicht vor die Nase. Der Mann konnte nicht anders, er musste hinsehen. Die Muskeln in seinem Gesicht arbeiteten.
    »Deutsche.«
    »Geht das vielleicht etwas genauer?«, hakte McAllister nach.
    »Die Haupteigentümer von Avomex.«
    Nbeli sah aus, als ob er eine Kröte verschluckt hätte.
    »Sie halten neunzig Prozent, mir gehören zehn«, schob er nach.
    McAllister sagte nichts. Er legte den Kopf schief und sah ihn fragend an. Die meisten Menschen konnten Gesprächspausen nur schwer ertragen. Irgendwann redeten sie, um die Stille zu füllen. McAllister wartete ab.
    »Offiziell trete nur ich als Eigentümer auf.«
    McAllister nickte und tat, als ob er nachdenken würde.
    »Im Klartext heißt das, du machst die Drecksarbeit und sie kassieren?«
    »Ich …«, brauste Nbeli auf, besann sich aber eines Besseren und schwieg.
    »Na schön. Also weiter. Die beiden sind die Haupteigentümer von Avomex. Wie heißen sie?«
    Nbeli presste die Lippen aufeinander, sein rechtes Auge zuckte nervös.
    »Gitarama soll ein sehr schönes Gefängnis haben. Achttausend Männer. Die meisten sitzen, weil sie 1994 am Genozid beteiligt waren«, schaltete sich Christopher Sikibi mit sanfter Stimme ein.
    »Schneider«, antwortete Nbeli wie aus der Pistole geschossen und tippte auf den Hinterkopf mit dem Haarkranz. Sein Finger wanderte auf dem Foto einen Zentimeter weiter.
    »Und der hier heißt Messner.«
    McAllisters Miene blieb neutral, obwohl sein Puls raste.
    »Sicher?«
    »Ich werde wohl wissen, mit wem ich jahrelang Geschäfte gemacht habe.«
    Die Frage war rein rhetorisch gewesen. Messner war kein Unbekannter für McAllister. Schon seit geraumer Zeit versuchte er, dem Marketingvorstand von Movia das Handwerk zu legen. Dass allerdings Schneider, der Vorstand Einkauf und Geschäftsführer einer Tochterfirma, ebenfalls
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