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Bluterde

Bluterde

Titel: Bluterde
Autoren: Claudia Praxmayer
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McAllister fühlte sich plötzlich hundemüde. Nach der ganzen Anspannung ging sein Adrenalinspiegel in den Keller. Seine Glieder fühlten sich an wie Blei, am liebsten hätte er sich auf das Bett gelegt.
    »Ian?«
    Eine Gestalt schälte sich aus dem Gegenlicht. McAllister erkannte einen seiner Kollegen.
    »Alles gut gelaufen?«
    McAllister nickte träge.
    »Die Geisel ist in Sicherheit, die Entführer verhaftet. Wir können loslegen.«
    Er versuchte entschlossen zu klingen.
    »Wir fangen im Büro an. Erster Stock.«
    Stumm steuerten sie auf die Treppe zu. McAllister wünschte sich nichts sehnlicher, als ins Krankenhaus zu fahren. Lea hatte fürchterlich ausgesehen. Das Bild ihres geschundenen Gesichtes hatte sich auf seine Netzhaut gebrannt. Er wollte neben dem Bett sitzen und ihre Hand halten. Gedankenverloren betrat er das Büro.
    »Ich habe Kaffee mitgebracht.«
    Sein Kollege stand vor ihm und hielt ihm eine Thermoskanne entgegen. Dankbar nahm McAllister die Metallflasche, zog den Deckel ab und ließ sich auf den Schreibtischstuhl des Geschäftsführers fallen, um den Raum in sich aufzunehmen. Den Rechner vor sich beachtete er nicht, um den würde sich später ein Spezialist kümmern. Sein Blick glitt über die Glasfront, hinüber zur Wand und blieb an einer Tür hängen.
    »Was ist hinter der Tür?«
    »Eine Toilette«, kam es aus der Ecke, in der sein Kollege gerade den Papierkorb durchforstete. McAllisters Augen wanderten weiter. Regale voller Ordner, Kisten auf dem Boden, auf einem kleinen Beistelltisch ein Teller mit Keksen. Ein Schrank mit Hängeregistern zog seine Aufmerksamkeit auf sich. Er stemmte sich aus dem Stuhl und zog die oberste Schublade auf. Ein wildes Durcheinander an Papieren quoll ihm entgegen. Der Inhalt der zweiten unterschied sich nicht wesentlich. Er ahnte, dass es Tage dauern würde, den ganzen Kram zu sichten.
    »Wo sind die anderen?«, wandte er sich an seinen Kollegen, während er sich bückte, um die letzte Schublade zu öffnen. Sie war leer.
    »Holen Kartons aus dem Transporter, damit wir das ganze Zeug einpacken können.«
    McAllister nickte und starrte auf den Schrank. Etwas irritierte ihn. Er machte einen Schritt zurück. Das Ding stand schief.
    »Hilf mir mal.«
    Zu zweit zogen sie den Schrank ein Stück von der Wand. Sein Kollege leuchtete mit der Taschenlampe in den Spalt.
    »Ian, hier ist was!«
    Mit vereinten Kräften schoben sie ihn ganz von der Wand weg.
    »Wusste ich es doch!«
    Zufrieden betrachtete McAllister den Tresor, der in der Wand eingelassen war. Das Klingeln seines Handys schreckte ihn aus seinen Gedanken. Es war Hecht.
    »Ich wollte Sie nur informieren, dass wir Dr. Winter heute Abend nach Deutschland überstellen werden. Sie ist schwach und hat einige Blessuren, aber sonst ist ihr Zustand stabil.« Er klang verstimmt. McAllister vermutete, dass er die Ursache von Hechts schlechter Stimmung war.
    »Danke. Ich weiß nicht, was wir ohne Sie und Ihre Männer gemacht hätten.«
    »Das ist unser Job. Deutsche Staatsbürger aus einer brenzligen …«
    »Verdammt, Hecht! Jetzt seien Sie doch nicht so stur. Merken Sie nicht, dass ich versuche, mich bei Ihnen zu entschuldigen? Glauben Sie mir, ich wollte Ihren Einsatz nicht gefährden. Aber Sie müssen zugeben: Unsere Anwesenheit hatte auch etwas Gutes.«
    McAllister hörte ein sarkastisches Lachen am anderen Ende der Leitung.
    »Ich wünsche Ihnen viel Erfolg bei Ihrer Mission, McAllister. Ich hoffe, Sie können die Kerle festnageln!«
    Noch bevor der Interpol-Mann etwas erwidern konnte, hatte Hecht aufgelegt. McAllister schüttelte den Kopf und ging zurück zum Tresor. Sie würden Lea also schon heute Abend nach Berlin fliegen. Bisher hatte er diese Möglichkeit völlig verdrängt. Er tastete den Metallrahmen ab. Ein einfaches Modell. Verdammt, irgendwie hatte er gehofft, er könnte sie am Abend im Krankenhaus besuchen. Es gab so viel, worüber er mit ihr reden wollte. Jetzt würde er dafür nach Berlin müssen. Offiziell, um sie als Zeugin zu befragen. Er schloss für einen Moment die Augen.
    »Der ist ein Kinderspiel!«
    McAllister drehte sich um und sah seinen Kollegen Stephane hinter sich stehen.
    »Ich dachte, du bist Computerexperte.«
    »Auch.«
    »Chris hat nicht erzählt, dass du Safes knackst.«
    »Soll ich ihn jetzt aufmachen oder nicht?«
    McAllister trat beiseite und ließ seinen jungen Kollegen aus Abidjan an den Tresor.
    »Habt ihr euch schon um den Geschäftsführer von diesem Laden gekümmert?«,
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