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Blutbraut

Blutbraut

Titel: Blutbraut
Autoren: Lynn Raven
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sagte er nichts, rührte sich nicht. Dann lachte er leise, lehnte sich ganz dicht zu mir. »Te quiero, mi luz.« Ein Flüstern. Nicht mehr. Seine Hand kehrte zu meiner Wange zurück, grub sich in mein Haar. Er sah mir in die Augen. Auf die kurze Distanz wirkten seine noch fürchterlich schöner. Kam noch näher. Seine Lippen nur noch einen Hauch von meinen entfernt. Es war wie damals in seinem Laboratorium. So nah, dass sein Atem sich mit meinem vermischte.
    »Ich würde dich gerne küssen, Lucinda, darf ich?«, murmelte er kaum hörbar.
    Irgendwie schaffte ich es, zu nicken.

Santa Reyada, Kalifornien, USA – 3 Monate später
    D as Bett bewegte sich unter mir. Zu sehr für einen 25-Kilo-Hund. Selbst wenn er aus vollem Lauf mit allen vieren voran daraufgesprungen wäre. Er hätte auch deutlich weniger Platz benötigt, um sich neben mir auszustrecken. Warmer Atem kitzelte die Haut direkt unter meinem Ohr. Gleich darauf strichen Lippen sanft über die Seite meines Halses. Joaquín. Ich spürte seine nassen Haare neben dem Träger meines Nachthemds. Er hatte sich ein kleines Stück über mich gebeugt, um mich küssen zu können. Wie er es immer tat, wenn er kurz nach Sonnenaufgang von der Jagd zurück, und nach einer Dusche in mein Bett kam. »Wo ist Jasper?« Joaquín hatte ihn in Boston aus dem Tierheim holen und nach Santa Reyada bringen lassen. Ohne mir etwas davon zu sagen. Lope hatte einfach irgendwann mit einer Transportbox im Auto vor der Tür gestanden. Als Überraschung für mich. Rafael war seitdem der Meinung, dass er jetzt wusste, wie es aussah, ›wenn der Schwanz mit dem Hund wedelt‹. Ich regte mich träge – ohne die Augen zu öffnen – , während er sich endgültig neben mich legte, seine Brust an meinem Rücken und einen Arm locker über mir, schmiegte mich an ihn. Zu Anfang war es mir trotz allem schwergefallen,
ihn so dicht bei mir zu ertragen. Inzwischen war ich weit entfernt vom bloßen ›ertragen‹. Im Gegenteil.
    »Joggen.«
    »Joggen?« Ich drehte mich ein bisschen, blinzelte ihn verschlafen über die Schulter an. »Du willst mir jetzt aber nicht erzählen, dass mein Hund alleine seine Runden irgendwo auf dem Gelände von Santa Reyada dreht. Joggend.« Er hatte einen Kratzer im Gesicht, knapp an der Braue vorbei. Die Augen diamantfahl glitzernd. Die Eckzähne beängstigende Fänge. Die Stimme ein raues Knurren, das nur noch sehr selten zu seinem eigentlichen weichen Bariton zurückkehrte. Entsetzlich schön. Nosferatu. So nah.
    »Als ich zurückkam, war er in der Halle.« Jasper hatte gelernt, Türen zu öffnen. Sehr zum allgemeinen Leidwesen. Vielleicht hatte er es aber auch schon vorher gekonnt. Oder hatte in Rosa eine willige Helferin gefunden. »Und wollte raus. Er hat Rafael eingesammelt. Oder Rafael ihn, ganz wie man es drehen möchte. Ich habe die beiden vom Bad aus gesehen.«
    Rafael war also zurück. Inzwischen hatte ich einen vagen Verdacht, was er tat, wenn er immer wieder für Tage oder die ein oder andere Woche verschwand. Ich hatte auch schon darüber nachgedacht, ihn zu fragen, was er dafür nehmen würde, wenn er Tomás de Silva für mich ins Jenseits schickte. Und ob ich in Raten zahlen konnte, falls Sieben Komma Vier Millionen Dollar nicht reichen würden. Notfalls würde ich mir irgendwo einen Job suchen. Vielleicht würde Joaquín mir aber auch einfach den Rest leihen? »Seit wann geht Rafael joggen? Und um diese Uhrzeit.«
    »Seit er der Meinung ist, Fett anzusetzen und langsam zu werden. Und um diese Uhrzeit, damit niemand etwas davon mitbekommt. – Aber du weißt von nichts.«

    »Pfft. Rafael. Fett und langsam. Klar.« Eine zubeißende Klapperschlange bewegte sich in Zeitlupe im Vergleich zu Rafael. Ich drehte mich wieder zurück.
    Joaquín vergrub das Gesicht in meinem Haar, rückte sich ein bisschen bequemer zurecht. Dass er dabei ein paarmal für einen Sekundenbruchteil stockte oder ein Atemzug gepresster klang als der vorherige, verriet mir mehr, als ich wissen wollte. Ich verschränkte meine Finger mit seinen. Vorsichtig. Weil quer über seinen Handrücken und das Handgelenk hinauf ein weiterer Kratzer verlief. Deutlich tiefer als der in seinem Gesicht. Drei dieser Schmetterlingspflaster klebten darüber und hielten ihn zusammen. Seine schwarzen Fingernägel hoben sich scharf von meiner Haut ab.
    Es war, wie er damals am Pool gesagt hatte: Sie ließen ihn dafür bezahlen, dass sie ihn nicht zum Geächteten machten und für rechtlos erklärten, ihm Santa
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