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Blutbeichte

Blutbeichte

Titel: Blutbeichte
Autoren: Alex Barclay
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zeigen, ob Lowry außerhalb des Landes Verbrechen begangen hatte.
    »Nichts.«
    »Okay«, sagte Joe.
    »Setz dich«, sagte Blazkow. »Möchtest du einen Kaffee?«
    »Ja, danke.« Joe zog seine Jacke aus und nahm Platz. Denis Cullen kam zu ihm.
    »Joe? Könnte ich wohl die Überprüfung der Finanzen und vielleicht auch der Telefonate übernehmen?«
    Joe lachte. »Das ist das erste Mal, dass mir jemand diese Frage stellt. Woher rührt denn dein Eifer?«
    »Ich glaube, ich habe ein Auge für so was.«
    »Okay, dann mach mal.«
    Um ein Uhr nachts saß Joe erschöpft am Schreibtisch. Seine Finger waren vom vielen Tippen steif geworden. Er wusste, dass er sein Kaffeelimit überschritten hatte, denn inzwischen machte das Koffein ihn müde.
    »Ich hau ab«, sagte er und stand auf.
    »Alles in Ordnung?«, fragte Danny.
    »Ja, ich bin nur müde. Kommst du mit?«
    »Wohin? Fährst du nicht nach Hause?«
    »Heute nicht. Ich will zuerst wissen, was bei der Autopsie herausgekommen ist.«
    Im Schlafsaal der Mordkommission Manhattan Nord, der sich neben dem Umkleideraum mit den Spinden befand, standen vier Metallbetten mit dünnen Matratzen und Decken. Beim Schichtplan der Mordkommission folgten auf vier Arbeitstage zwei freie Tage. Die ersten beiden Arbeitstage begannen um vier Uhr nachmittags und endeten um ein Uhr nachts. Die letzten beiden begannen um acht Uhr morgens und endeten um vier Uhr nachmittags. Beim Wechsel zwischen der Spätschicht bis ein Uhr nachts und dem Tagesdienst ab acht Uhr schliefen die meisten Detectives im Schlafsaal. Anna jedoch war nachts nicht gern allein; daher fuhr Joe meistens nach Hause. Da sie in Bay Ridge wohnten, war es nicht weit. Doch in den ersten Nächten eines größeren Falles erwartete Anna ihn nicht zu Hause; sie wusste, dass Joe dann in Bereitschaft bleiben musste. Er rief sie dennoch an.
    »Ich bin’s noch mal, Liebling. Ich bleibe heute Nacht im Büro.«
    »Das habe ich mir schon gedacht«, sagte Anna und seufzte. »Ist schon okay.«
    »Kommst du klar? Ist Shaun zu Hause?«
    »Nein, aber er wird bald kommen.«
    »Wie war es in der Schule?«
    »Die Direktorin war sehr nett. Ich glaube, sie mag Shaun, sieht aber auch, dass er sich … nun ja, verändert hat. Sie sagt, er benehme sich flegelhaft und sei unkooperativ.«
    »Das sind deine französischen Gene.«
    »Ha-ha«, machte Anna. »Und dass seine Noten schlechter geworden sind, liegt an seinen amerikanischen Genen.«
    Joe lachte. »Das haben sie über seinen Charme und sein Aussehen gesagt.«
    »Und seine mangelnde Selbstachtung.«
    »Was war denn das Fazit?«
    »Seine Lehrer wollen ihm die Chance geben, seine Noten zu verbessern. Sie sagen, das schafft er leicht, wenn er nicht immer so müde in die Schule kommt.«
    »Haben sie dir hart zugesetzt?«
    »Sie brauchten kein Wort zu sagen.«
    »Kommst du heute Nacht wirklich allein zurecht? Möchtest du, dass ich Pam bitte, bei dir zu schlafen?«
    Pam war die zweite Frau von Joes Vater Giulio.
    »Pam?« Anna lachte. »Tolle Idee. Eine Frau, die genauso alt ist wie ich und jetzt meine Schwiegermutter ist, soll auf mich aufpassen.«
    »Sie soll nicht auf dich aufpassen. Du könntest sie auf ein Glas Wein zu uns einladen, und ihr schaut euch einen Film an.«
    »Vielleicht hast du’s vergessen, aber es ist ein Uhr nachts. Ich komme schon klar. Schlaf gut … falls du zum Schlafen kommst.«
    »Danke. Wir sehen uns.«
    »In ein paar Tagen. Ich weiß.«

3
    Stanley Frayte musste noch eine Stunde totschlagen, ehe er auf seiner Baustelle erwartet wurde. Er fuhr in seinem weißen Ford Econoline Van, auf dem in großen blauen Lettern sein Firmenname stand – Frayte-Elektrik –, die Holt Avenue hinunter. Am südlichen Rand des Astoria-Parks bog er auf den Parkplatz ein, genoss die Stille und die Aussicht und trank einen Becher Kaffee aus der Thermoskanne. Um halb neun war es hier ruhiger als eine Stunde zuvor, wenn die Sportler, die am Morgen zum Walken, Joggen und Schwimmen aufgebrochen waren, nach Hause fuhren, um vor der Arbeit noch schnell zu duschen.
    Stanley beendete seine Pause, fuhr die Neunzehnte Straße hinunter und bog auf den kleinen Parkplatz des Wohnhauses ein, in dem er seit zwei Wochen arbeitete. Er nahm sein Werkzeug aus dem Wagen und ging den mit Steinplatten ausgelegten Weg hinauf. Auf halber Strecke blieb er stehen, legte sein Werkzeug auf die Erde, zog ein Taschenmesser vom Gürtel und klappte es auf. Dann kratzte er das Unkraut heraus, das aus einem Spalt im Beton spross.
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