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Blutbeichte

Blutbeichte

Titel: Blutbeichte
Autoren: Alex Barclay
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im Gebäude sei. Hat sie ausdrücklich gesagt, es sei Blake?«
    »Ja.«
    »Ich muss Sie das fragen, Joe … Diese Mary ist nicht ganz richtig im Kopf, nicht wahr? Können wir ihr glauben? Könnte es nicht sein, dass sie sich das alles nur eingebildet hat?«
    »Auf gar keinen Fall. Ich habe ihre Stimme gehört. Sie hatte wahnsinnige Angst. Ich glaube kaum, dass sie so sehr in Panik geraten wäre, wenn sie sich alles nur eingebildet hätte.«
    »Wie viele Wohnungen gibt es hier?«, fragte Rufo.
    »Zwanzig. Einige stehen leer, weil sie derzeit renoviert werden«, sagte Joe. »Auf jeder Etage ist gegenüber von den Aufzügen ein Gemeinschaftsraum. Dann gibt es noch eine Bücherei, einen Speisesaal und ein Fernsehzimmer.«
    »Okay. Die Räume wurden noch nicht alle durchsucht. Los.« Rufo klatschte in die Hände.
    »Wo sind Bobby und Martinez?« Joes Blick irrte durch die Eingangshalle.
    »Martinez ist nicht besonders gut in Form. Ich habe ihm gesagt, er soll bleiben, wo er ist«, erklärte Rufo. »Er hat sich einer alten Dame an den Hals geworfen.«
    »Bobby ist auch nicht aufgetaucht«, sagte Pace. »Ich glaube, er hat den Sicherheitsdienst bei einer Modenschau im Bryant Park übernommen.«
    Joe schüttelte den Kopf.
    Mary lag im Dunkeln. Fast alle ihre Sinne waren betäubt. Ihr Körper war kalt und taub, ihre Augen blind, und in ihren Ohren klingelte das unaufhörliche Dröhnen eines Motors. »Es ist nur eine kurze Fahrt. Alles wird gut. Keine Sorge«, hatte er beteuert. Zweimal. Doch er zitterte und wusste, dass sie angerufen hatte, und er konnte sie nicht anschauen. Als er sich über sie gebeugt hatte, war ein Schweißtropfen über sein Gesicht gelaufen und genau in ihrem Auge gelandet. Er hatte es nicht bemerkt.
    Mary weinte. »Wohin bringen Sie mich?«, fragte sie mit halb erstickter Stimme.
    »Bitte seien Sie still. Bitte«, sagte er.
    »Ich kann nicht«, schrie sie. »Ich kann nicht!«
    Er schwieg und spähte immer wieder zu ihr hinüber, um sich zu vergewissern, dass sie sich nicht bewegen konnte. An Händen und Beinen gefesselt, lag sie gekrümmt auf der Seite.
    »Ich bin jetzt ganz allein auf der Welt«, stieß sie schluchzend hervor. »Ich habe niemanden! Niemanden! Warum tun Sie mir das an? Ich …« Sie verstummte und begann zu würgen.
    »Sie dürfen sich nicht übergeben. Bleiben Sie so liegen. Ich kann nicht anhalten.«
    Er hatte sie nicht geknebelt, weil sie so zerbrechlich aussah und weil er gewusst hatte, dass ihr schlecht werden würde.
    Sie rückte ein Stück vor und würgte wieder. Ihr Gehirn konnte nichts mehr verarbeiten; deshalb nahm nun ihr Körper den Kampf auf. Und dabei hatte sie im ersten Augenblick geglaubt, nicht mehr in Gefahr zu sein, nachdem er sie weggebracht hatte. Und jetzt war ringsumher alles dunkel, und der Regen prasselte aufs Dach und trommelte gegen die Fenster, bohrte sich in ihren Kopf und zwang sie zu immer größeren Anstrengungen, um sich Gehör zu verschaffen. Doch ihre Worte erreichten ihn nicht. Er wollte sie nicht hören. Marys Schluchzen ging ihm durch Mark und Bein, ein herzzerreißendes Jammern, das in das leise Wimmern eines Kindes überging, das keine Stimme hatte, um seine Schmerzen auszudrücken.
    Die Hoffnung war ein weißes Licht für Mary. Es war himmlischer Beistand, Auferstehung und Erlösung. Es bedeutete Gutes. Hier in der Dunkelheit suchte sie in ihrem Innern danach. Es gab keine andere Möglichkeit. Stumm sprach sie Gebete an den heiligen Joseph, an Padre Pio, den heiligen Antonius, den heiligen Juda. Anschließend betete sie denRosenkranz, zehn Gesätze – Worte, die sie stets im Gedächtnis behalten hatte.
    Mary beendete ihre Gebete mit dem Confiteor, dem allgemeinen Schuldbekenntnis: »Ich beichte dem allmächtigen Gott und meinen Brüdern und Schwestern, dass ich durch eigene Schuld gesündigt habe in meinen Gedanken und meinen Worten, durch das, was ich getan habe, und durch das, was ich hätte tun müssen …«
    Und dann dachte sie daran, was sie getan hatte und was sie hätte tun müssen.
    Es war fünf Uhr morgens, als Joe und Danny ins Büro zurückkehrten. Rencher, Blazkow, Martinez und Pace saßen noch immer an ihren Schreibtischen. Joe rieb sich die müden Augen.
    »Hat jemand was?«, fragte er.
    »Nichts«, erwiderte Rencher.
    »Einen Kater«, stöhnte Martinez. »Und das um diese Zeit.«
    »Ja, und die Telefonnummer von irgendeiner Oma«, sagte Rencher.
    »Weiß jemand, wo Stanley Frayte ist?«, fragte Joe.
    »Nein.«
    »Die Kollegen vom
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