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Blut und Silber

Blut und Silber

Titel: Blut und Silber
Autoren: Sabine Ebert
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Freiheitsstein. Ich will den Himmel dabei sehen.«
    Niklas ließ sich nun ebenfalls an der Seite seines Freundes nieder. Er hielt etwas in seinen Händen: die Schlüssel zur Burg, die er vor Ulrichs Augen Friedrich überreichte, und einen silbernen Ring mit drei Türmen – den Siegelring des Burgkommandanten von Freiheitsstein. Nach einem kurzen Blick auf den Markgrafen steckte er ihn Ulrich an den Finger.
    Änne konnte zu ihrem Entsetzen nicht viel für Ulrich tun. Er hatte schon zu viel Blut verloren. Während das letzte bisschen Leben aus ihm herausfloss, kam der eilig herbeigerufene Pater Clemens, um dem Sterbenden das letzte Sakrament zu gewähren.
    Dann bat Ulrich Friedrich, Niklas von Haubitz und Markus erneut an seine Seite.
    »Ich hatte einen guten Lehnsherrn. Und ich hatte einen guten Tod«, sagte er leise, mit immer schwächer werdender Stimme.
    Er flüsterte einen Namen und lächelte bei seinem letzten Atemzug.
    Die drei Männer, unterschiedlich im Rang und doch durch gemeinsam bestandene Kämpfe verbunden, sprachen ein Gebet für Ulrichs Seele.
    Änne wurde gebeten, dafür zu sorgen, dass der Tote gewaschen, in saubere Kleider gehüllt und in der Kapelle aufgebahrt wurde.
    Den Tränen nah, lief sie los und suchte sich Unterstützung.
    Friedrich blickte auf die schweren, großen Schlüssel, die er immer noch hielt. Dann gab er sie Markus.
    »Ich denke, der richtige Mann hält sie nun in der Hand. Ich wüsste keinen Besseren«, sagte er und ging, um aufzusitzen und an der Spitze seiner Kämpfer auf den Marktplatz zu reiten. Verblüfft starrte Markus ihm nach. Hatte Friedrich ihm gerade das Kommando über Freiheitsstein erteilt?
     
    Die Glocken von St. Marien und St. Petri läuteten gemeinsam, während sich der Freiberger Obermarkt füllte.
    An der Westfront des Platzes, die Kirche hinter sich und dem Dinghaus gegenüber, standen die Kämpfer Markgraf Friedrichs, teils zu Pferde, teils zu Fuß, noch mit den Spuren des Kampfes auf ihrer Kleidung und an den Waffen. Schweigen herrschte, bis die Glocken verstummten.
    Friedrich lenkte seinen Hengst ein paar Schritte nach vorn – nicht weiter weg von seinen Männern als eine halbe Länge. Er wusste, dass alle nun auf eine feierliche Ansprache warteten. Es war ihm nie schwergefallen, eine Menge mit kühnen Sätzen mitzureißen und zu begeistern. Doch jetzt war ihm nicht nach pathetischen Worten zumute. Vielleicht, weil er so viele Jahre auf diesen Moment gewartet hatte? Weil dieser Sieg so teuer erkauft worden war?
    Er sah in die Gesichter der Menschen vor sich, die alle etwas von ihm erwarteten – Dankbarkeit jene, die zu ihm gehalten hatten, Milde jene, die dem König die Treue geschworen hatten. Müde sahen sie aus, erschöpft wie seine Männer nach dem Kampf, einige verwundet, mit Tränen in den Augen. Sie waren wohl Sieger. Nur wirkten sie nicht so.
    Aber er sah auch die Hoffnung in ihren Augen.
    Aufrecht im Sattel sitzend, mit beiden Händen die Zügel haltend, begann er zu sprechen, und jedes seiner Worte hallte über den Platz.
    »Die Menschen dieser Stadt haben unter grausamer Herrschaft schwer gelitten. Jeder Quadratzoll dieses Platzes ist durchtränkt vom Blut jener tapferen Männer und Frauen, die Freiberg und seine Bewohner verteidigten. Wir haben heute einen Sieg errungen, von dem viele von euch lange Jahre träumten. Doch dieser Sieg ist hart erkämpft – mit eurem Blut, mit dem meiner Männer, meiner Getreuen, meiner Freunde … Gedenken wir ihrer!«
    Er legte eine Pause ein. Das leise Murmeln gesprochener Gebete wehte zu ihm herüber.
    »Nicht nur die Menschen dieser Stadt haben furchtbar gelitten, sondern auch die Stadt selbst. Trümmer, Brandlöcher, zerstörte Mauern und Häuser sind ihre Wunden und Narben. Beginnen wir mit der Heilung! Freiberg war stets nicht nur für seinen Silberreichtum bekannt, sondern auch für die Tatkraft seiner Bewohner. Lasst uns die Wunden heilen, die Häuser und Mauern wieder aufbauen, die Trauernden trösten! Als Markgraf von Meißen stelle ich Freiberg fortan wieder unter meine Regentschaft und meinen Schutz. Die Bürger sind aufgerufen, einen neuen, vertrauenswürdigen Rat zu wählen. Und ich hebe das willkürliche Urteil auf, mit dem der einstige Bürgermeister Nikol Weighart, ein tapferer und ehrbarer Mann, aus dieser Stadt verbannt wurde.«
    Ein begeistertes »Ja!« ertönte aus der Menge, das sich in den Reihen fortpflanzte.
    »Ebenso hebe ich das Willkürurteil auf, mit dem der Medicus Conrad
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