Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Blut soll fließen

Blut soll fließen

Titel: Blut soll fließen
Autoren: James Ellroy
Vom Netzwerk:
ich stand auf Voodoo, wir standen beide auf Voodoo-Kunst. Wir haben ein paar Kräuter geschluckt und über Haiti geschwatzt. Alles läuft bestens, bis sie sich in endlose Schuldbekenntnisse wegen einer Rote-Socken-Invasion hineinsteigert, die sie verraten haben will. Das hat mich genervt. Das hat mich aus der Stimmung gebracht, bis mir unvermittelt einfiel, dass ich hier in 'nem verlassenen Haus hocke, dass ich es schon immer tun wollte und dass sie 'ne Nigger-Nachteule ist, der niemand nachweinen wird.«
    Crutch zog seinen Stuhl näher. »Und da hast du's getan?«
    »Richtig. Ich habe die Leiche zweigeteilt und ihr die Hände abgeschnitten. Sie hat mir ständig Smaragd-Geschichten erzählt, also hab ich ein bisschen grünes Glas zermahlen und ihr in die Wunden gestopft. Die Phantasien hatte ich seit fünf Jahren. Ich hatte mir einen Satz Chirurgenbesteck gekauft und in den Kofferraum gelegt, aber nie gedacht, dass ich mich trauen würde. Nun, der Mond stand in der Nacht im Skorpion, und da hab ich's ganz einfach getan.«
    Crutch sah den Mond an. Er war sichelförmig und halb verdeckt.
    »Du moralisierst, Spanner. Du bist zum Schießen.« »Oh?«
    »Ich habe immer gedacht, dass du zu viel Schneid und zu wenig Hirn hast. Das werde ich mit heuchlerisch und scheinheilig« ergänzen müssen.«
    Crutch fasste in seine Tasche. Chick nahm einen tiefen Zug und blies ihm den Rauch ins Gesicht.
    »Du kannst deine Nase nicht in fremde Fenster stecken und sauber davonkommen. Inspiration ist Inspiration. Wie hat der Bursche King gesagt: >Ich habe einen Traum.< Du weißt eben nie, wer dich beobachtet oder sich bei deinen Ideen bedient.«
    Crutch holte die Kapseln heraus und legte sie einzeln hin. »Was hast du denn da?«, fragte Chick.
    »Haitianisch. Ein Stimulans. Damit hebst du anderthalb Tage ab.«
    Chick bedeutete: Darf ich ? Crutch bedeutete: Klar. Chick schluckte die Kapseln trocken und zündete die Pfeife wieder an.
    Crutch beugte sich näher heran. »Erzähl mir von den anderen.«
    »Was gibt's da zu erzählen? Sie haben mir gefallen, und ich hatte nichts Besseres zu tun.«
    »Einfach so?«
    Chick nahm einen Zug. »Richtig. >Einfach so.< Wir sind in den Siebziger) ahren, Baby. Do your own thing - zieh dein Ding durch.«
    Crutch sah sich um. Der Pool, das Mondlicht, der Zeitpunkt. Ein Vogel flatterte über ihnen dahin.
    Chick sah ihn an. Ein paar Sekunden vergingen. Chicks Augen wurden glasig. Grüner Schaum trat ihm aus Augen, Nase und Mund. Die Arme zuckten spastisch und verkrampften. Knochen brachen. Crutch konnte es hören. Chick stand auf und taumelte. Schaum drang aus seinen Ohren.
    Crutch stellte ihm ein Bein. Chick fiel in den Pool. Crutch sah zu, wie er um sich schlug und schließlich mit dem Gesicht nach unten auf der Oberfläche trieb.
    (Los Angeles, 17.04.72)
    »Gib mir keinen Nachnamen. Ich habe einen im Sinn.« »Darf ich raten?«
    »Lass es mich mal so sagen: Er ehrt die vergangenen paar Jahre, ebenso wie meine Flucht vor ihren Folgen.«
    Der Garten war Ellas Alligatoren-Farm. Wolken schoben sich zusammen und versprachen Regen. Joan sammelte die Stoffviecher ein.
    »Literarischer Exekutor. Was meinst du? Unsere ganzen Akten, Tagebücher, Aktennotizen. Alles, was wir zusammengetragen haben.«
    Joan sah zur Notunterkunft hoch. »Er wäre gut. Er ist ein Sammlertyp.« »Was würde er damit anstellen?«
    »Durchlesen und nach Antworten suchen. Dinge sehen, die sonst keiner sieht und logisch neu durchdenken. Wenn er erwachsen ist, wird er verstehen, was das alles zu bedeuten hat.«
    Die Mädchen rasten durchs Haus. Joan schaute durchs Fenster rein. Dina sah sich Trickfilme im Fernsehen an. Ella schlich sich an, zog den Stecker raus und lachte.
    »Dwight fehlt mir«, sagte Karen.
    »Etwas in meinem Körper verändert sich«, sagte Joan.
    Der Regen wollte nicht aufhören. Er hatte starken Wind mitgebracht. Joan sicherte die Papierstapel mit Belastungswaffen und Dwights Gerätschaften. Sie wollte den Wind im Haus. Der Junge sah es so gern, wenn ihre Haare wehten.
    Gemischtes Ergebnis. Der Wind schenkte ihnen die Hintergrundstimmung. Und blies ständig die Kerzenflammen aus.
    Er war hier bei ihr und mit seinen Gedanken doch woanders. Er hielt die Augen offen. Sie küsste sie ihm zu und streichelte ihm eine pulsierende Nackenvene. Er gab Töne von sich, die sie noch nie von ihm gehört hatte. Die Geräusche drängten seine Tränen zurück. Er wühlte sich in ihr Haar, damit sie es nicht sah.
    Es dauerte lang. Er
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher