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Blut im Schnee

Blut im Schnee

Titel: Blut im Schnee
Autoren: Sophie R. Nikolay
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genug. Als er sein zweites Glas leerte, beschloss er, den Abend in vollen Zügen zu genießen und alles andere auszublenden. Nicht nachdenken – und wenn es nur für ein paar Stunden wäre.
    „Ich geh mal eine rauchen“, entschuldigte er sich bei Enrique.
    Der zwinkerte. „Pass auf dich auf – du weißt ja, wo du mich findest, wenn etwas sein sollte.“
    Thorsten stand auf. Er war froh, dass Enrique ihn nicht wie einen Hund an die Leine legte, sodass er keinen Schritt ohne ihn machen konnte. Unterwegs fischte er seine Zigarettenschachtel aus der Hosentasche. Dabei stieß er beinahe mit einer Frau zusammen. Verdutzt sah Thorsten ihr nach, als sie hastig in Richtung der Toiletten verschwand. Irgendwie kam sie ihm bekannt vor, doch er wusste nicht, wo er sie einordnen sollte. Ihr Erscheinungsbild ließ ihn vermuten, dass sie lesbisch war. Springerstiefel, eine unter den Knien abgetrennte Armeehose und ein weißes Männerunterhemd. Dazu raspelkurze, schwarze Haare, die zu einer Igelfrisur gestylt waren und dunkel geschminkte Augen. Während er sich die Zigarette anzündete, grübelte er, ob sie in einem der Unternehmen arbeitete, die er die letzten Monate beraten hatte. Es fiel ihm nicht ein, daher hakte er das Thema ab.
    Der Techno-Beat, der durch den Raum wummerte, fuhr ihm in den Bauch. Er wippte im Takt, während er rauchte. Ein Kerl mit pink gefärbten Haaren gesellte sich zu ihm und grinste ihn breit an.
    „Hättest du Feuer für mich, Süßer?“, fragte der, gerade laut genug, um die Musik zu übertönen.
    Thorsten nickte, zog das Zippo aus der Tasche und hielt dem Fremden die Flamme hin.
    „Danke, Herzchen.“
    „Gern geschehen“, erwiderte Thorsten und wandte sich ab. Er wollte zwar nicht unhöflich erscheinen, doch auf eine oberflächliche Unterhaltung hatte er keine Lust.
    Schließlich drückte er die Kippe im Ascher aus, schob sich an den Leuten vorbei und setzte sich wieder neben Enrique.
    „Jemand dabei?“, erkundigte er sich.
    „Ich weiß nicht. Zwei fand ich auffällig, doch ich bin nicht sicher. Ich warte mal noch ein wenig, bevor ich mich umsehe.“
    „Na ja, irgendwie ist hier jeder auf seine Weise auffällig. Kaum jemand, der nicht alle Blicke auf sich ziehen will – oder findest du nicht?“, erwiderte Thorsten und grinste.
    „Da stimme ich dir zu. Wäre die Lage nicht so ernst, könnte ich darüber lachen.“
    „Du klingst pessimistisch. Was soll hier drin schon passieren, wo so viele Menschen um einen herum sind?“
    „Weißt du, was in dem Mörder vorgeht? Sieh dich mal um. Wie viele Männer sind hier, denen man auf den ersten Blick ansieht, dass sie schwul sind? Ich halte es nicht für unwahrscheinlich, dass dem Killer da eine Sicherung durchbrennt.“
    „Sollte der hier sein …“, ergänzte Thorsten und orderte ein weiteres Bier.
    Enrique kommentierte Thorstens Einwand nicht. Er sah sich um, als würde er auf jemanden warten. Dabei zückte er wiederholt sein Mobiltelefon, um die Tarnung noch besser zu machen. Inzwischen füllten sich die Räumlichkeiten ordentlich. Thorsten betrachtete die Anwesenden und fand, die Gäste waren bunt gemischt. Ob die Leute nun wegen des Benefizhintergrundes kamen, oder weil sie einfach nur tanzen und feiern wollten, war im Grunde egal. Es würde vermutlich ein nettes Sümmchen zusammenkommen.
    Thorsten überlegte, ob er Kim eine SMS schicken sollte, entschied sich aber dagegen. Wenn sie kommen sollte, wäre die Überraschung groß. Vor allem, wenn sie ihn in diesem Outfit sah. Als hätten seine Gedanken sie herbeigerufen, kam sie einige Minuten später um die Ecke. Thorsten leerte sein Glas und stand auf. Mit ausgebreiteten Armen ging er auf sie zu. Ihr Gesicht, als sie erkannte, wen sie vor sich hatte, war köstlich. Die Augen aufgerissen, der Mund stand staunend offen, ehe sie ein breites Grinsen aufsetzte und sich von ihm in die Arme schließen ließ.
    „Ich fasse es nicht! Du bist hier, und dann auch noch so provozierend angezogen.“
    „Ich bin nicht alleine hier“, bekannte er und zog sie mit sich.
    Bei Enrique angekommen stellte er die beiden einander vor. Kim erblasste regelrecht vor Neid.
    „Hast du ein Glück“, raunte sie Thorsten zu, ehe sie sich an Enrique wandte. „Warum sind eigentlich die besten Kerle vergeben oder schwul?“
    „Komisch, das hab ich vor Kurzem schon mal gehört“, erwiderte Thorsten.
    Enrique zwinkerte Kim zu. „Schicksal?“, gab er eine Gegenfrage zurück.
    Thorsten rümpfte die Nase. „Ich habe
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