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Blütenrausch (German Edition)

Blütenrausch (German Edition)

Titel: Blütenrausch (German Edition)
Autoren: Mila Herbst
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»Warte.« Ich schob ihr eine Haarspange, die lose in ihre Frisur steckte, wieder zurecht. »Jetzt kannst du weiter.«
    Die Braut fasste sich kurz an ihre Hochsteckfrisur und lächelte mich an. Es war die Sorte Lächeln, die ich nach fünf Jahren als Hochzeitsplanerin mittlerweile gut kannte, und die bedeutete: »Was würde ich bloß ohne dich tun?«
    Während die Hochzeitsgesellschaft sich amüsierte, schlich ich mich davon und marschierte in den Park, um zu überprüfen, ob mein Assistent mit den Aufräumarbeiten angefangen hatte.
    Bodo war schon voll im Gange. In einem großen Karton stapelte er vorsichtig den Blumenschmuck, den er vorher von den Bänken entfernt hatte.
    »Dort«, sagte er und zeigte er mit dem Finger auf den zum Altar umfunktionierten Tisch, als er mich sah.
    »Danke«, erwiderte ich und begab mich zu einem anderen Karton, in dem zwei üppig e Sträuße zusammengepackt waren, die auf je einer Seite des Altars gestanden hatten. Bevor Bodo das Hotel verließ, sollte er sie als zusätzliche Dekoration im Saal des Hotels aufstellen, in dem das Dinner stattfinden würde.
    Bodo und ich verstanden uns mit wenigen Worten, so war es nicht unüblich, dass unsere Ge spräche manchmal ziemlich einsilbig ausfielen. Mein Assistent hätte wohl nie ein Bewerbungsgespräch bei einer Hochzeitsplanerin oder irgendeinem anderen Dienstleistungsunternehmen überstanden. Er litt an einer schwachen Form des Asperger-Syndroms, eine Art Autismus light, wie meine Tante es gerne nannte.
    Bodo tat sich schwer , was soziale Kompetenz und Gespräche betraf, was in unserer Branche nicht gerade vorteilhaft war. Deshalb wollte ich ihn eigentlich auch nicht einstellen, aber er war mein Cousin, und irgendwann hielt ich den Druck meiner Tante und meiner Mutter nicht mehr stand, die mich ständig drängten, ihm zumindest eine Chance zu geben. Und obwohl er es nicht einmal schaffte, den Brautleuten, die zu uns ins Büro kamen, in die Augen zu schauen, entpuppte er sich schließlich doch als sehr nützlich. Durch seine hohe Intelligenz und seine ausgeprägte Fähigkeit mit Zahlen, Fakten und Recherchen umzugehen, wurde er zu einem wichtigen Bestandteil meines Büros. Er kümmerte sich um die Buchhaltung, Rechnungen und den restlichen Bürokram, und ich um die Kunden. So bildeten wir eigentlich ein gutes Team, obwohl ich mich manchmal ärgerte, dass ich ihm fast immer alles aus der Nase ziehen musste.
    Seltsamerweise war Bodo sogar in der Lage, telefonische Benachrichtigungen entgegenzunehmen. Bisher hatte ich noch keine Beschwerden vonseiten der Kunden. Alle, die ich vorsichtig befragt hatte, meinten, sie seien am Telefon immer sehr nett bedient worden. Wahrscheinlich hatte es damit zu tun, dass ein Telefon kein Wesen aus Fleisch und Blut ist, dessen Mimik man verstehen muss. Technik war für meinen Assistenten sowieso das Größte. Es dauerte einige Zeit, bis er die einfacheren zusätzlichen Arbeiten, wie Sachen besorgen, mich am Tag der Hochzeit vor Ort zu unterstützen oder Gegenstände an die Dienstleister zurückbringen, ohne Probleme erledigen konnte, aber er schaffte es inzwischen. Was sich noch etwas schwierig gestaltetet, ist, ihn dazu zu überreden, dass er nicht gleich seinen braunen Wuschelkopf senkt und sofort die Flucht ergreift, sobald ein Kellner oder ein Gast ihn etwas in Sachen Organisation fragt. Aber ich bin zuversichtlich. Mit seinen vierundzwanzig Jahren ist er auf jeden Fall noch lernfähig.
    »Wissen Sie, wo sich hier die Toiletten befinden?«, hielt mich eine Frau im Foyer des Schlosshotels an, als ich mich auf den Weg zum Festsaal begab.
    » Gerade aus, links, die rechte Tür«, wies ich ihr die Richtung.
    Sie war die Einzige, die einen Hosenanzug trug. Man sah ihr aber von weitem an, dass sie ein Gast und nicht eine Bedienstete war. Ihre roten Locken hielt sie in einer aufwendigen Hochsteckfrisur im Zaum, nur ein paar Strähnen durften frei herumhängen. Die knallroten Fingernägel passten ausgezeichnet zu ihren ebenso rot angemalten Julia-Robert-Lippen, und ein paar echte Klunker an ihrer linken Hand ließen ihren sozialen Status offenkundig werden.
    » Danke. Sie sind doch die Weddingplanerin, oder?« Ich nickte. »Ein toller Beruf. Man lernt so viele Leute kennen und kann so schöne Feste organisieren.«
    » Ja, das stimmt. Es bereitet mir immer wieder Freude, wenn ich die strahlenden Gesichter der Brautleute am Tag ihrer Hochzeit sehe.«
    Na, wenn da s nicht perfekte Werbung in eigener Sache ist
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