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Bloß keine halben Sachen: Deutschland - ein Rollstuhlmärchen (German Edition)

Bloß keine halben Sachen: Deutschland - ein Rollstuhlmärchen (German Edition)

Titel: Bloß keine halben Sachen: Deutschland - ein Rollstuhlmärchen (German Edition)
Autoren: Florian Sitzmann
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wenn man sich auf dem Campus bewegt.

Was können Behinderte und Nicht-Behinderte voneinander lernen?
    Unsere behinderten Studenten können einen gewissen selbstverständlichen Umgang mit ihrer Behinderung in Alltagssituationen lernen. Bei uns ist es gewissermaßen normal, dass Menschen mit und ohne Handicap gemeinsam ihr (Lern-)Leben gestalten. Sie haben zwar alle
Möglichkeiten der Versorgung, aber der Sonderstatus fällt weg, und so wird es den Menschen möglich, ein gesundes Selbstbewusstsein zu entwickeln. Sie lernen auch, dass die Behinderung nur ein Aspekt ist und ihre Persönlichkeit noch aus ganz vielen anderen Eigenschaften – Qualitäten und Defiziten – besteht. Sie begreifen, dass sie Menschen sind mit Ecken und Kanten, wie andere auch. Und das ist eine wichtige Voraussetzung, um mit einer Behinderung – wie immer diese geartet sein mag – gut zu leben. Und auch die nichtbehinderten Studenten können lernen, dass Behinderte auch nur Menschen sind – mit ganz vielen Facetten, die weit über die Behinderung hinausgehen. Dazu kommt, dass jeder Mensch mit einem Handicap eine ganz persönliche (Leidens-)Geschichte besitzt, die er – so oder so – überwunden hat. Er hat gelitten, gekämpft und sich sein Leben zurückerobert. Daraus erwachsen oft eine ganz eigene Kraft und besondere Qualitäten, mit denen diese Menschen durch das Leben gehen. Und davon kann jeder sich eine Scheibe abschneiden, der mit ihnen zu tun hat.

Es wird in letzter Zeit viel über Inklusion gesprochen. Was bedeutet dieser Begriff für Sie?
    Zunächst einmal begrüße ich es sehr, dass die UN-Behindertenrechtskonvention 2009 Eingang in die deutsche Gesetzgebung gefunden hat. Es ist wichtig, dass jeder Mensch die Möglichkeit erhält, sich vollständig und gleichberechtigt an gesellschaftlichen Prozessen zu beteiligen  – und zwar unabhängig von individuellen Fähigkeiten, ethnischer oder sozialer Herkunft, Geschlecht oder Alter. Politisch sind wir also auf dem richtigen Weg. Was jetzt
noch mehr passieren muss, ist ein Bewusstseinswandel der Menschen. Um Denken und Handeln der Menschen zu verändern, muss auch jedem bewusst sein, wie wichtig Inklusion für das gesellschaftliche Miteinander ist. Sie kann nur dann gelingen, wenn möglichst viele Menschen erkennen, dass gelebte Inklusion den Alltag jedes Einzelnen bereichert. Ich selbst möchte nicht missen, was ich von Menschen mit Handicap für mein Leben gelernt habe.

Was können behinderte Menschen dafür tun, dass Inklusion realisiert wird?
    Ganz kurz gesagt: sich eigenverantwortlich in ihrem jeweiligen Lebenskontext einbringen und ihre Lebenssituation positiv betrachten. Ich halte es für ganz wichtig, dass Menschen  – mit und ohne Handicap – ihre Opferrolle überwinden und ihr Leben aktiv in die Hand nehmen. Wer jammert, der kommt nicht weit. Nur wer bereit ist und gelernt hat, sein Leben selbst aktiv in die Hand zu nehmen und konstruktiv zu gestalten, hat auch eine Chance, ein glückliches Leben zu führen. Ich denke, dass es für Menschen mit Behinderung eine ganz wichtige Aufgabe ist, anderen Menschen zu zeigen, dass die Behinderung nur ein Aspekt ihres Seins ist und dass sie auch nur Menschen sind, die ihre guten und schlechten Tage haben. Im Grunde haben wir doch alle unsere Grenzen, die wir akzeptieren müssen. Bei Menschen mit Handicap sind diese Grenzen nur evidenter. Die Menschen müssen lernen, Hindernisse nicht als Bürde zu begreifen, sondern als Chance.

Was kann die SRH leisten, dass Inklusion gelingt?
    Bei uns passiert in dieser Hinsicht schon ganz viel. Als geschlossene Einrichtung haben wir uns bereits vor einigen Jahren selbst abgeschafft. Alle unsere Angebote sind offen für alle. Wir sind weitgehend barrierefrei, sodass jeder überall hinkommen kann, wo er hinkommen will oder muss. Wir bieten eine umfangreiche medizinische Versorgung und lösungsorientierte Beratung, die keine Lösung vorgibt, sondern viel mehr den Menschen dabei hilft, ihre eigene individuelle Lösung zu finden. In dieser Philosophie steckt ganz viel Respekt vor den Eigenheiten und Besonderheiten des anderen.
    Eines der Ziele, die wir uns auf die Fahne geschrieben haben, ist es, Menschen Chancen zu eröffnen und gleichzeitig unsere Gesellschaft mitzugestalten. Ganz praktisch bedeutet dies, dass wir unsere Absolventen ganz aktiv dabei unterstützen, ihren Platz im Arbeitsleben zu finden. Wir kombinieren unsere Studiengänge mit Praktika in Unternehmen und sind bestens mit
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